Wer um Weihnachten
herum die Geschenke bringt, hängt sehr davon ab, in welcher Gegend Sie wohnen.
In der Reformation hat Martin Luther den St. Nikolaus verdrängt und durch das
Christkind ersetzt. Später wurde dann der Weihnachtsmann erfunden…
Etwa bis Mitte des 16. Jahrhunderts war auch in
protestantischen Gegenden der Nikolaus der Mann, der am 6. Dezember den Kindern
Geschenke brachte. So sollten schon die Kleinen sachte an die Heiligenverehrung
herangeführt werden. Es war damals überhaupt üblich, dass zum Nikolaustag, zu
Weihnachten oder am Jahresende den Knechten, Mägden und Bediensteten praktische
Geschenke wie etwa Bekleidung überreicht wurden. Diese Gaben wurden als
rechtlicher Anspruch sogar in Gesindeordnungen festgeschrieben. Nach dem
Beschenken wurde an vielen Orten von Hof zu Hof gezogen, um frohe Weihnachten
zu wünschen.
«Kyndisch Ding»
In einer Predigt zum Nikolausfest 1527 lehnte Martin Luther
die Legende um die heilige Nikolausfigur als «kyndisch Ding» entschieden ab. Doch trotz
seiner Widerstände gegen den katholischen Kult um den Heiligen liess Luther den
Nikolaus als Gabenbringer noch einige Zeit neben dem von ihm bevorzugten
Christkind gewähren und seine Kinder beschenken. In einer Haushaltsrechnung der
Familie Luther aus dem Jahr 1535 sind Ausgaben für 135 (!) Nikolausgeschenke an
die Kinder sowie Jahrmarktsgeschenke für das Gesinde aufgeführt.
Das Christkind
Statt des Nikolausbrauches versuchte Luther, den Brauch des
Beschenkens durch das Christkind am 25. Dezember zu beleben. Das Christkind war
eine vor allem in Süd-
und Westdeutschland, im Elsass,
in Österreich, Südtirol, der Schweiz, Ungarn, Tschechien,
der Slowakei, Slowenien und
in Kroatien
verbreitete Symbolfigur des Weihnachtsfestes.
Der Erzählung nach kommt das Christkind zu Weihnachten und bringt, ohne gesehen
zu werden, die Weihnachtsgeschenke. Es wird häufig als blondgelocktes Kind mit
Flügeln und Heiligenschein dargestellt, das die Geburt
Christi ankündigt («Vom Himmel hoch, da komm ich her»).
Für viele verband sich dann das Christkind mit dem Jesuskind, der Darstellung
des neugeborenen Christus in der Weihnachtsgeschichte – daher der «blonde Knabe
mit lockigem Haar», der als Baby im Orient eine Sensation gewesen wäre… Das Christkind verbreitete
sich zunächst im evangelischen Deutschland. Später breitete sich
der Brauch dann zusammen mit Adventskranz und Weihnachtsbaum
auch nach Bayern und Österreich aus.
Schweiz: Der Chlaus hält sich länger
In der reformierten Schweiz fand die Bescherung mit
Geschenken bis ins 19. Jahrhundert am Neujahrstag statt. Der Nikolaus (Chlaus)
hielt sich hier viel länger – bis ins 19. Jahrhundert brachte nicht das
Christkind, sondern der Chlaus die Geschenke. In Teilen der reformierten
Schweiz wurde das Christkind an manchen Orten gar als katholischer Import aus
Süddeutschland empfunden. Erst im 20. Jahrhundert wurde der Chlaus dann vom
Christkind verdrängt.
Der Weihnachtsmann und Coca-Cola
Der Weihnachtsmann – der mit dem roten Kleid und dem
Rauschebart – taucht erst im 19. Jahrhundert auf. Hoffmann von Fallersleben dichtete
1835 «Morgen kommt der Weihnachtsmann», und die Figur wurde erstmals 1863 von
dem deutschen Auswanderer Thomas Nast für das amerikanische Magazin «Harper's
Weekly» gezeichnet. Seine Popularität verdankt er einer Werbekampagne des
amerikanischen Coca-Cola-Konzerns aus dem Jahr 1932, die die Darstellung von
Nast aufgriff. Werbung wirkt: Die Coca-Cola-Variante des «Santa
Claus» hat sich als langlebig erwiesen und das Christkind als Gabenbringer in
vielen Regionen abgelöst.
Christkind: Back to the Roots
Über 500 Jahre Reformation – es lohnt sich, statt dem alten
Mann dem Kind in der Krippe neu Aufmerksamkeit zu schenken. Denn die Erlösung
der Welt kommt nicht von alten Männern, auch nicht von solchen, die
allenthalben in den Regierungsstühlen sitzen – ob mit oder ohne Bart, Glatze
oder Pagodenschnitt. Auch nicht Legenden oder Heilige erlösen uns.
Befreit von
allen historischen Spinnweben, ist die zentrale Sensation von Weihnachten heute
wichtiger denn je: Gott wird Mensch, weil ihm seine Menschheit so wichtig ist.
Der Allmächtige wird Kind. Der Schöpfer wird Teil seiner Schöpfung, um sie von
innen heraus zu erneuern und zu erlösen. Gott wird erlebbar, berührbar, nahbar,
erfahrbar. Der Geber schenkt sich selbst. Das Christus-Kind ist erwachsen
geworden und wurde zum Erlöser Christus. Alles kommt darauf an, ob wir das
Geschenk Gottes annehmen – oder vor der Tür liegen lassen. In der Herberge
hatte er keinen Platz – und bei uns?