Im Namen des christlichen Gottes wurde in der Geschichte immer wieder Gewalt ausgeübt und verheerende Kriege begonnen. Hätte es aber ohne das Christentum wirklich weniger Kriege in Europa gegeben? Zeit für einen Faktencheck mit Kurt Beutler.
Die Geschichte Europas ist
voll von Blut. «Im Namen des allerchristlichsten Königs von
Frankreich/England/Preussen/etc.» wurden Kriege befohlen. Ja, sogar die Päpste
haben Heere auf ihre Gegner losgeschickt. Dazu kommen Kreuzzüge, Sklavenhandel,
Kolonialisation und zwei verheerende Weltkriege. Kein Wunder, dass der moderne
Mensch kein Vertrauen mehr hat in den christlichen Gott und sich lieber auf
seinen eigenen Verstand verlassen will.
Hätte es aber ohne das
Christentum wirklich weniger Kriege gegeben in Europa? Hat man den christlichen
Glauben missbraucht, oder hat Jesus seine Jünger tatsächlich gelehrt, seine
Religion mit dem Schwert zu verbreiten?
Jesus – ein
Gewaltgegner
Bei Jesus kann die Schuld
jedenfalls nicht liegen. Effektiv kann man sich wohl kaum einen entschiedeneren
Pazifist vorstellen. Gerade seine Aussagen zu diesem Thema gehören zu den
bekanntesten Bibelversen. Sie haben die Menschheit derart überrascht, dass sie
sich tief in ihr Bewusstsein eingeprägt haben, denn niemand hat je zuvor
derartige Worte gesagt: «Wenn jemand dich auf die rechte Wange schlägt, so
halte ihm auch die linke hin.» – «Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du
sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch:
Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.» – «Liebt, die euch
hassen, segnet, die euch verfluchen» – «Richtet nicht, auf dass ihr nicht
gerichtet werdet».
Noch extremer als seine
Worte ist sein Vorbild. Sich widerstandslos gefangen nehmen, ohne Diskussion
verleumden, anspeien, geisseln und gar kreuzigen zu lassen. Wahnsinn! Wer hat
je so etwas getan? Kein Wunder, dass sein Vorbild seine Jünger inspirierte,
dasselbe zu tun. Tatsächlich setzten die ersten Christen das Vorbild von Jesus
auf verblüffende und einzigartige Weise in die Praxis um. Obwohl sie im
Römerreich vielfach verfolgt, wilden Tieren vorgeworfen, gekreuzigt und
verbrannt wurden, riefen sie nie zur Rache auf. Sie wurden zur wohl grössten
pazifistischen Bewegung der Weltgeschichte, und es überrascht nicht, dass ihre
Zahl stetig zunahm, bis das ganze römische Reich christlich wurde.
Problem: Christentum
als Staatsreligion
Kurt Beutler
Leider wurden gerade bei
diesem scheinbar grössten Sieg die Weichen der Christenheit falsch gestellt.
Jesus selber hatte sich einst geweigert, König der Juden zu werden. «Mein Reich
ist nicht von dieser Welt», erklärte er und weigerte sich sogar, die
ungerechten und brutalen Römer zu bekämpfen. Nun aber wurde das Christentum
eine Staatsreligion, der Glaube wurde mit der Politik verheiratet.
Das war ein Verrat an der
Botschaft von Jesus, denn jeder Staat ist «von dieser Welt» und kann nicht ohne
Armee leben. Von nun an wurden Kriege im Namen Gottes geführt. Kriege, die er
nie befohlen hatte. So wie man es zuvor im Namen der heidnischen Götter getan
hatte.
Zwar gab es auch vor
Jesus, zur Zeit der früheren jüdischen Offenbarungen im alten Testament schon
Kriege. Doch die Evangelien machen einen radikalen Neuanfang. «Wer das Schwert
nimmt, wird durch das Schwert umkommen.» Als die Jünger Feuer vom Himmel über
ein widerspenstiges feindliches Dorf fallen lassen wollen, «damit es sie
verzehre» (Lukas Kapitel 9, Vers 54), bedrohte er sie. Als Petrus bei der
Gefangennahme des Messias einem Soldaten ein Ohr abhieb, heilte Jesus es. Nun
wussten es alle: Er war nicht gekommen, um die Kriege der früheren Zeiten
wieder aufleben zu lassen. Ein neues Zeitalter war angebrochen. Durch das Opfer
des Unschuldigen wurde das Gericht über alle anderen Menschen aufgehoben. Damit
waren die Flüche gebrochen. Kriege, Blutrache und Todesstrafe für ein und
allemal abgeschafft.
Kann man es noch
deutlicher sagen? 350 Jahre lang wurde es verstanden. Danach kam Kaiser
Konstantin. Er glaubte, dass das Kreuz ihm den Sieg im Kampf um Rom gegeben
habe. Doch das war ein Irrtum. Das Kreuz ist keine Siegeswaffe gegen irdische
Feinde. Jesus hat niemanden gekreuzigt, sondern gesiegt, indem er sich selber
ans Kreuz hingab.
Das menschliche Herz
Dennoch wurde Jesus zum
Kriegsgott erklärt. Und mit diesem Fluch musste die Kirche seither leben.
Nicht, dass Europa mehr Kriege als andere Kontinente erlebt hätte. Nicht, dass
es dieser vermeintliche Kriegsgott gewesen wäre, der Kriege anstiftete. Die
Weltgeschichte ist überall voll Blut. Schon lange bevor es die Bibel und den
christlichen Glauben überhaupt gab. Der Grund ist das menschliche Herz, welches
sogar die Religion der Liebe und der Selbstlosigkeit für egoistische Zwecke
missbraucht. Wie Jesus sagte: «Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl,
falsches Zeugnis, Lästerung.»
Jede Religion hat Blut
vergossen. Mehr noch als die Religionen haben gottlose Menschen Blut vergossen.
Historisch gesehen war wohl das zwanzigste Jahrhundert das Blutigste. Das sind
die Auswirkungen der Evolutionslehre Darwins, welche sowohl beim
Nationalsozialismus als auch beim Kommunismus Pate stand. Wenn der Mensch als
seelenlose Maschine gesehen wird, ist er nicht mehr viel wert.
Aus der Vergangenheit
lernen
Was für ein Paradox: Weil
egoistische Namenschristen nicht auf die Bibel, sondern lieber auf ihren «gesunden
Menschenverstand» hörten, wendet sich Europa nun erst recht von der Bibel ab.
Nur eines bleibt sich gleich: Damals wie heute meint der Mensch, er habe die
Bibel nicht nötig, um recht leben zu können.
Nein, die einzig vernünftige Reaktion auf die
Vergangenheit müsste sein, aus dem, was unsere Väter taten, zu lernen, und
zuzugeben, dass eben das, was dem Menschen recht scheint, oft gerade völlig
falsch ist. Wäre die Christenheit kompromisslos bei dem Vorbild von Jesus
geblieben, so wie in den ersten 350 Jahren, so wäre die Welt heute ein
Paradies! Die Verbrechen Europas geschahen nicht, weil man die Bibel zu ernst,
sondern zu leichtfertig nahm.
Datum:
04.01.2022 Autor: Kurt Beutler Quelle: Livenet
Kommentare
Submitted by Joachim Müller on 6. Januar 2022 - 16:43.
Ein hervorragender Artikel. Er klärt unter anderem auf, daß die Kreuzzüge nicht von Christen insziniert wurden, sondern die damaligen weltlichen und religiösen Herrscher (Könige, Päpste, ...) mißbrauchten die Bibel mit der isolierten Aussage von Psalm 149, 6. Sie ignorierten, wie Artikel geschrieben, die Ausagen Jesu und sogar andere Bibelaussagen wie Jes. 49,2, Hebr. 4,12 und Eph. 6,17. Das gleiche Muster wird bekanntlich bis in die heutige Zeit angewandt und führt dann zum Sektierertum.
Submitted by Piit on 5. Januar 2022 - 13:09.
Wunderbarer Artikel, vielen Dank, Kurt! Wenn das heute konsequent durchdacht würde, dann hätte die 2-Völker-Lehre, wie sie leider auch pisteuo zu vertreten scheint, keine Chance. Der Neue Bund wurde mit Israel geschlossen (Abendmahl!) und der alte Bund ist veraltet und verschwunden (70AD) (Hebr. 8,3). Alle Christen gehören zu Israel (Eph 2), alle Juden, die nicht an Jesus glauben, sind nicht mehr Teil des Ölbaumes (Römer 11,17ff), können aber durch Glauben wieder 'eingepropft' werden. 'Israel' ist die grosse Versuchung für Christen, den Fehler Konstantins wieder zu begehen und leider werden viele verführt. Wähle: Geist oder Fleisch! Wenn doch nur Galater 4 beherzigt werden würde.
Submitted by pisteuo on 5. Januar 2022 - 8:42.
Eine interessante Darstellung. Man könnte noch ergänzen, dass das Feld für den Darwinismus durch die bibelkritische liberale Theologie bereitet wurde, die in der Zeit der Aufklärung stark an Einfluss gewann. Mein einziger kleiner Einwand: Die Welt verpasste das Paradies nicht erst ab 350 n.Chr., sondern schon als der Messias Jesus von seinem Volk nicht angenommen wurde. Damit wurde das messianische Friedensreich verhindert bzw. verschoben und die Welt blieb so, wie sie eben ist - aber nicht für immer!
Submitted by Piit on 5. Januar 2022 - 13:12.
Wo steht im NT, dass das messianische Reich 'verhindert bzw. verschoben wurde'? Jesus sagte: 'mein Reich ist nicht von dieser Welt!' und 'mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden!'. Bitte überleg dir nochmal, was du da sagst.
Submitted by pisteuo on 6. Januar 2022 - 20:01.
Man sieht immer wieder, welches Durcheinander entsteht, wenn Ersatztheologen keinen Unterschied zwischen Israel und der Gemeinde machen. Es gibt genug Möglichkeiten, andere Sichtweisen kennenzulernen, wenn man nur will. Auf fruchtlose Diskussionen habe ich keine Lust.
Submitted by Piit on 10. Januar 2022 - 10:04.
Das Durcheinander entsteht, wenn Menschen ihre eigenen Gedanken in die Bibel hineinlesen wollen. Ich kenne leider viele solcher Sichtweisen- z.B. den Dispensationalismus (in dessen Lehrsystem ich gross geworden bin). Der Dispensationalismus hat das kabbalistische System des 1000 jährigen jüdischen Weltreiches in die christliche Gemeinde eingeführt. Ich kann nur jedem raten, intensiv und von der Bibel her zu prüfen. Jesus hat nicht umsonst vor Verführung gewarnt.
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