Der Islamische Zentralrat Schweiz (IZRS) lädt aufs Wochenende nach Bern zu einem „Nachwuchskongress“ über das in expansiven Muslimkreisen vielbemühte Schlagwort der «Da’wa» ein. Erläuterungen und Überlegungen dazu vom Islamkenner Heinz Gstrein.
Nicolas Blancho, Präsident des IZRS
Im Unterschied zu den anderen grossen Muslimverbänden, die sich in erster Linie der religiösen Betreuung von in der Schweiz lebenden Türken, Albanern, Bosniaken, Arabern, Persern, Pakistanis usw. widmen, setzt sich die Führungscrew des IZSR vorwiegend aus zum Islam übergetretenen Schweizern mit ihren Frauen und Familien zusammen. Für sie ist es vorrangig, ihren Weg von Jesus (oder meist vom Unglauben) zu Mohammed auch anderen als Beispiel zu präsentieren.
Selbst unter Muslimen unklar
Dafür spielt natürlich die islamische Verkündigung eine zentrale Rolle, eben «al-Da’wa». Selbst unter Muslimen ein meist unklarer Begriff. So heisst es auch in der Einladung des IZRS: «Wie können wir dieser anspruchsvollen Aufgabe gerecht werden in einer Zeit, in der auch unter Muslimen grosse Unsicherheit hinsichtlich der Methode von Da’wa herrscht?» Noch grössere Unkenntnis herrscht bei den Christen darüber, was mit dieser Da’wa eigentlich auf sie zukommt.
Der Ausdruck Da’wa stammt ursprünglich aus dem islamischen Recht der Scharia und bezeichnet die Anklage oder richtiger Anzeige. Der Da'i war der Verzeiger oder Ankläger. Erst bei späteren, meist schiitischen Sekten wurde daraus der eigene Propagandist und Aufwiegler. Im schiitischen Fatimidenstaat Ägyptens bezeichnete der Begriff Da’i den Inquisitor, Da’wa eine Inquisition zu Lasten aller Andersgläubigen und auch der anderskonfessionellen Muslime. Es gab sogar in Kairo einen islamischen Grossinquisitor, den «Da’i al- Du’at» (Verzeiger der Verzeiger).
Anzeige mit Bedenkfrist
Erst mit der so genannten Re-Islamisierung ist es in den letzten 50 Jahren gängig geworden, al- Da’wa als Missionsmethode zu propagieren. Bahnbrechend dafür wurde der zweite Chef der ägyptischen Muslim-Brüder, Hassan al-Hudaybi. Er stellte dem noch radikaleren Sayyid Qutb, der Andersgläubigen überhaupt keine Bedenkfrist zur freiwilligen Annahme des Islams einräumen wollte, eine «Da’wa al-Hasana» gegenüber, eine «freundliche Anzeige»: Den Ungläubigen soll ihre falsche Religion zunächst einmal angezeigt werden. Sie müssen diese dann rechtfertigen, was ihnen natürlich nicht abgenommen wird.
Wie etwa auch bei uns im Mittelalter nicht der Ankläger die Schuld, sondern der Angeklagte seine Unschuld zu beweisen hatte. Wird diese «freundliche Anzeige» zurückgewiesen, so tritt gewaltsame Islamisierung in ihr Recht. «Al-Da’wa» wird zwar heute islamischerseits gern als «Mission», der «Da’i» mit «Missionar» oder «Prediger» übersetzt, doch liegen Welten zwischen einer gewaltbereiten Da’wa und der Verkündigung des Evangeliums.