Was sagt Jesus über den Lebensstil?

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Wenn wir die Botschaft Jesu betrachten, sieht es manchmal so aus, als ob wir alles verkaufen müssten, was wir haben, unser Geld weggeben, unser Zuhause verlassen, unseren Beruf aufgeben, um unser Leben von der Freigebigkeit anderer abhängig zu machen. Ist es das, was Jesus von allen seinen Jüngern verlangte?
 
Bevor wir diese Frage beantworten können, müssen wir noch einige andere Fragen stellen.

Heute sind die Umstände anders. Unser Zeitalter unterscheidet sich völlig vom Zeitalter Jesu. Unser heutiger Lebensstil ist von vielen Zwängen bestimmt, die es im 1. Jahrhundert n. Chr. noch nicht gab.

Wir leben in einer sogenannten Konsumgesellschaft, in der man aufgefordert wird, seine Lebensqualität durch Besitzvermehrung zu verbessern. Die Reklame zeigt uns, dass arbeitsparende Geräte unser Leben vereinfachen, Kosmetika uns attraktiver machen, gewisse Konsumgüter uns den Zugang zu einer gehobenen Gesellschaft der Reichen und Vornehmen verschaffen würden. Das glückliche, erfüllte Leben scheint aus mehr Geld, mehr Besitz, sexueller Anziehungskraft und finanzieller Sicherheit zu bestehen. Weil Jesus diesen Zwängen nicht ausgesetzt war und nicht in einer Konsumgesellschaft wie der unsrigen gelebt hat, erhebt sich mit Recht die Frage, ob seine Lehre über den Lebensstil noch eine Bedeutung für uns hat. Können wir seine damalige Lehre auf die heutige Gesellschaft übertragen?

Einige Dinge verändern sich nicht

In Einzelheiten unterschied sich das Leben in der Zeit Jesu sehr vom Leben in heutiger Zeit, gleichwohl gibt es viele fundamentale Gemeinsamkeiten. Beispielsweise war das Bestreben nach mehr Reichtum und grösserem Besitz damals so tief in der Gesellschaft verwurzelt wie heute. Es gab zwar keine Werbung, mit der man aus dem Habenwollen des Menschen Kapital schlug, aber die menschliche Begehrlichkeit gab es bereits. Viele Probleme, mit denen wir uns heute auseinandersetzen müssen, bestanden auch, als Jesus lehrte. Im 1. Jahrhundert waren Judäa und Galiläa Unruheherde. Man musste mit hohen Steuern, Inflation und niedriger Produktivität leben. Ausserdem war das ganze Land überbevölkert. Wenn wir die Worte Jesu lesen, müssen wir natürlich zuerst darauf achten, sie nicht aus ihrem historischen Zusammenhang herauszunehmen. Haben wir aber einmal genau verstanden, worüber Jesus gesprochen hat, dann können wir seine Lehre auf unsere heutige Zeit übertragen.

Haben oder Sein? Was hatte Jesus über den Lebensstil zu sagen? Das Grundanliegen seiner Botschaft war, nicht nur das Verhalten der Menschen zu verändern, sondern ihr ganzes Wesen. Denn hatte sich einmal ihr Wesen verändert, so veränderte sich auch ihr Verhalten. Wenn Jesus mit den Leuten redete, durchschaute er ihre geheimen Motive und deckte sie auf, um ihnen zu zeigen, dass sie sich auch innerlich verändern müssen. Einmal wurde Jesus von einem der mit ihm ziehenden Männer darum gebeten, eine Erbangelegenheit zu regeln. Jesus meinte dazu sofort: "Gebt acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier. Denn der Sinn des Lebens besteht nicht darin, dass ein Mensch aufgrund seines grossen Vermögens im Überfluss lebt." (Die Bibel, Lukasevangelium, Kapitel 12, Vers 15)

Von Menschen, die mit dem Glauben ernstmachen wollen, fordert Jesus radikale Ehrlichkeit sich selbst gegenüber und kritisiert die Scheinfrömmigkeit. Er sagte ihnen: "Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr seid wie die Gräber, die aussen weiss angestrichen sind und schön aussehen; innen aber sind sie voll Knochen, Schmutz und Verwesung. So erscheint auch ihr von aussen den Menschen gerecht, innen aber seid ihr voll Heuchelei und Ungehorsam gegen Gottes Gesetz." (Matthäusevangelium, 23, 27-28)

Was ist also ein Christ?

Wenn Jesus nicht darauf aus war, die Menschen nur oberflächlich zu ändern, was bedeutet es dann, ihm nachzufolgen? Viele der heute kursierenden Ideen über das Wesen eines Christen scheinen sich nur auf die Annahme einer äusseren Veränderung zu stützen.

Einige denken, ein Christ sei ein Mensch, der an bestimmte Inhalte wie Gott und die Kirche - glaubt; andere meinen, Christen seien Menschen, die anderen Gutes tun und ihnen in ihrer Not helfen. Manche denken, Christen seien achtbare, anständige und aufrichtige Bürger - oder vielleicht auch Menschen, die an ihrem Leben keinen Spass haben und deshalb auch die anderen vom Leben abkehren wollen. Einiges an diesen Vorstellungen ist richtig, anderes falsch; aber das Bild ist nicht vollständig, ja der wichtigste Teil fehlt noch. Ein Christ ist jedenfalls nicht nur jemand, der gewisse Dinge tut oder an bestimmte Inhalte glaubt.

"Aus dem Inneren, aus dem Herzen des Menschen kommt all das Böse. "

Ein Christ ist ein Mensch, der bereit ist, sich von Jesus verändern zu lassen. Jesus kam, um jene zu erwählen, die Hilfe brauchten und dies auch zugaben. Einige seiner Zeitgenossen beklagten sich darüber, dass Jesus mit den von der Gesellschaft Verachteten ass und Gemeinschaft pflegte. Jesus entgegnete: "Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, um die Sünder zur Umkehr zu rufen, nicht die Gerechten." (Lukasevangelium 5, 31-32)

Die Schwierigkeit liegt darin, dass viele Menschen damals wie heute einfach nicht zugeben wollen, dass sie krank sind und Jesu Hilfe brauchen. Wir verstecken uns hinter Fassaden und glauben, allein zurechtzukommen. Christen sind solche Menschen, die bereit sind, zuzugeben, dass sie Fehler haben, dass ihre Motive nicht immer ehrlich sind, und die sich an Jesus wenden, um geheilt zu werden.

Neue Grundeinstellung Jesus ist folglich nicht in erster Linie daran interessiert, uns zu Ansehen zu verhelfen - auch nicht daran, unser äusseres Verhalten zu verändern. Er hat das Anliegen, unser inneres Leben zu verändern: unsere Einstellungen, Motive, Wünsche, Gefühle usw. Ein Mensch kann sich äusserlich verändern, nur weil er meint, es gehöre sich so, oder weil er anderen zeigen will, wie fromm er ist. Mit solchen Motiven wird das Bibellesen zu wenig Gutem führen. Die Wende tritt erst ein, wenn jemand die Bibel liest, weil er sich danach sehnt, mehr über Gott zu erfahren. Solange sich also nicht unser Inneres, unsere Einstellung ändert, wird nichts wesentlich anders werden. Darum kam Jesus immer wieder auf seine Grundforderung zu- rück. Er wusste, eine äusserliche Veränderung ist sinnlos, wenn sie nicht auf einer inneren Umkehr beruht.

Gott als Vater

Wir werden eine neue Dimension entdecken, wenn wir durch Jesus lernen, Gott als unseren Vater zu erkennen: der Eine und Einzige, der uns aus unseren Nöten hilft und sich um uns sorgt. Wenn wir Gott so sehen, werden wir frei werden von der heute gültigen Einstellung zu Reichtum, Besitz, sozialem Status und Sicherheitsstreben. Da unser Glück nicht mehr von diesen Dingen völlig ab- hängt, haben sie auch nicht mehr die allgemein herrschende Bedeutung in unserem Leben. Das bedeutet nicht, dass wir mit Geld verantwortungslos umgehen, sondern dass wir ihm den rechten Stellenwert geben. Vielleicht wollen wir einen Teil unseres Geldes hergeben und somit Gottes Werkzeug werden zur Hilfe für andere. Natürlich werden wir beim Gedanken an Gott als Vater nicht unsere Sorgen vergessen, wenn wir arbeitslos sind. Aber wir können davor bewahrt werden, in unserer Lage zu verzweifeln.

"Der Menschensohn ist gekommen zu dienen und sein Leben hinzugeben für viele. "

An dieser Einstellung festzuhalten ist nicht leicht, besonders wenn man arm ist oder keine Arbeit hat und Gott für einen nicht zu sorgen scheint. Aber Jesus forderte sogar die Armen seiner Zeit dazu auf, sich keine Sorgen über ihre Lebensumstände zumachen: "Deswegen sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt, noch um euren Leib und darum, dass ihr etwas anzuziehen habt. Ist nicht das Leben wichtiger als die Nahrung und der Leib wichtiger als die Kleidung? Seht euch die Vögel des Himmels an: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?" (Matthäusevangelium 6, 25-26)

Einander dienen

Eine andere, neue Einstellung, die wir in Jesu Leben beobachten, betrifft die Art und Weise, wie wir andere sehen. Das heutige Leben wird als Konkurrenzkampf verstanden. Wir sind dazu erzogen worden, unsere Mitmenschen als Gegner und nicht als Partner zu betrachten. Die Art, wie Jesus seine Mitmenschen behandelte, war völlig anders.

Er holte sich einmal eine Schüssel mit Wasser und ein Handtuch und wusch all seinen Jüngern die Füsse. Danach sagte er zu ihnen: "Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füsse gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füsse waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe." (Johannesevangelium 13, 14-15)

Die Nachfolge Jesu bringt somit nicht nur ein neues Verhältnis zu Gott mit sich, sondern verändert auch unser Verhältnis zu unseren Mitmenschen. Wir dürfen unsere Jüngerschaft nicht als Privatsache des einzelnen mit Gott betrachten. Wollen wir Christen sein, so müssen wir eifrig darum bemüht sein, uns gegenseitig zu dienen, wie auch Jesus den Mitmenschen diente.

Ehrlich zu dir selbst Jesus sprach auch von einer veränderten Einstellung uns selbst gegenüber. Wir meinen oft, wir müssten uns vor anderen und sogar vor Gott hervortun. Wir verstecken uns vielleicht hinter einer Maske, die andere glauben macht, wir seien fähig, selbstsicher und solid. Jesus sprach von Gott als demjenigen, der all unsere Geheimnisse und Schwächen kennt und uns dennoch liebt. Gott können wir nicht täuschen. Er hilft uns dabei, uns nicht selbst und andere hinters Licht zu führen.

Jesus nahm die Freundschaft und Treue seiner ersten Jünger an, obwohl sie viele Ängste und Vorbehalte hatten, ihm zu folgen. Genauso nimmt Jesus auch unsere unvollkommene Jüngerschaft an. Sind wir bereit, uns von Jesus mit all unseren Fehlern annehmen zu lassen und von ihm geformt zu werden, dann werden wir erfahren, wie sehr wir uns verädern.

Die Geduld Gottes

Diese drei grundlegenden Änderungen der Einstellung (zu Gott, zu den anderen und zu uns selbst) vollziehen sich nicht über Nacht. Unsere jetzigen Denkweisen haben sich über Jahre hin entwickelt, und es kommt einem Lebenswerk gleich, sie zu ändern. Gott weiss das und hilft uns geduldig dabei, unsere Schwächen zu erkennen und sie zu überwinden. Wir können erst darauf hoffen, zu lieben wie Jesus, wenn Gott diese grundlegenden Änderungen unserer Einstellungen begonnen hat.


Autor: David Watson/Simon Jenkins
Quelle: Jesus 2000, Verlag Herder

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