Pfarrerin Nathanja Baumer-Schuppli

Sie kanns mit jung und alt

Nathanja Baumer-Schuppli ist eine der jüngsten Pfarrerinnen schweizweit. Im September 2021 trat die 27-Jährige ihre erste Pfarrstelle in der Evangelischen Kirchgemeinde Felben bei Frauenfeld an.

Nathanja, erzähl uns bitte von deiner Kindheit!
Nathanja Baumer: Aufgewachsen bin ich in Weerswilen, einem kleinen Dorf bei Weinfelden, zusammen mit meinen zwei jüngeren Brüdern, Noah (23) und Jorim (20). Wir durften eine wunderbare Kindheit erleben, verbrachten als Familie unzählige Stunden im Garten, beim Werken oder auf Abenteuertour. Der Zusammenhalt im Dorf war ausgezeichnet und bis spät in die Abende spielten wir Kinder draussen Fussball oder «Räuber und Poli». Es fühlte sich an wie eine grosse Familie und die Türen zu anderen Häusern standen uns immer offen. Wir pflegten Freundschaften, die bis heute halten.

Hattest du auch Hobbies?
Ja, in meiner Freizeit spielte ich Geige und besuchte die Jungschar, bei der ich später Leiterin wurde.

Wie kam es, dass du Pfarrerin wurdest?
Meine Eltern lebten uns authentisch vor, was es bedeutet, mit Gott durchs Leben zu gehen. Der christliche Glaube spielt seit meiner Kindheit eine grosse Rolle für mich und ist meine Lebensgrundlage. Dass mein Weg ins Pfarramt führt, zeigte sich während eines Berufungserlebnisses: Während der Kanti hatte ich drei Tage lang das Kloster Glattburg besucht. Als ich in der Kapelle betete, wurde mir klar, dass ich Pfarrerin werden sollte. Der Gedanke liess mich nicht mehr los. Auch bin ich gern mit Menschen jeden Alters unterwegs. Was bietet sich da Besseres, als die vielseitige Arbeit einer Pfarrerin!

Zunächst zog es dich aber auf den Bau…
Ja. Nach der Matura arbeitete ich noch zwei Monate als Zimmerin auf dem Bau. Vor dem Theologiestudium besuchte ich eine einjährige Bibelschule in den USA, konkret in Kalifornien. Dort lernte ich meinen Mann Fabian kennen. Die Schule war sehr international. Innerhalb unterschiedlichster Nationalitäten denselben Gott als verbindendes Element zu erleben, war grossartig. Danach studierte ich vier Jahre an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich. Das war nicht immer einfach, aber ich blieb meiner Liebe zur Bibel treu. Das Abschlussjahr an der University of Edinburgh war «mega cool» und inspirierend.

Weshalb gerade Schottland?
Fabian und ich nutzten die Chance, im Ausland zu studieren und das theologische bzw. juristische Studium dort abzuschliessen. Die Professoren an der Theologischen Fakultät lebten ihren Glauben authentisch und engagierten sich in ihren Kirchen, was mich beeindruckte. Auch die Gemeinschaft unter den Studenten war erbauend. Das tat gut.

Wie ging es weiter, zurück in der Schweiz?
Mein einjähriges Lernvikariat absolvierte ich in der evangelischen Kirche Berg TG. Mein Ausbildungspfarrer, Hanspeter Herzog, gab mir sehr viele Freiheiten. Ich durfte alle Arbeiten einer Pfarrperson ausführen: Trauungen, Abdankungen, Gottesdienste, Konfirmationsunterricht und Seelsorgegespräche. Gleichzeitig profitierte ich von seiner grossen Erfahrung und seinen wertvollen Feedbacks. Ich bin Fan von ihm und habe unglaublich viel von ihm gelernt. Ja, und jetzt bin ich seit September 2021 Pfarrerin in Felben-Wellhausen.

Wie sieht der Pfarralltag in deiner Kirchgemeinde aus?
Er ist sehr abwechslungsreich. Kein Tag ist wie der andere und manchmal klingelt es unerwartet an der Tür. Natürlich gehören zu meiner Tätigkeit auch wiederkehrende Aufgaben wie das Vorbereiten und Leiten des Sonntagsgottesdienstes. Wichtig ist mir auch der Konfirmationsunterricht. Dort diskutieren wir offen über Glaubensthemen. Es ist mein Wunsch, dass die Jugendlichen Jesus kennenlernen dürfen und mit ihm durch ihr Leben gehen. Das bedeutet auch, dass es im Konf-Unti Platz gibt für kritische Fragen. Die Ehrlichkeit der jungen Leute ist erfrischend.

Konntest du neue Projekte initiieren?
Ja, seit kurzem findet der Jugendgottesdienst in neuer Form am Dienstagabend für Jugendliche der 5. bis 8. Klasse statt. Wir singen moderne christliche Lieder, es gibt einen Input mit Gebet und danach einen gemeinsamen Znacht. Diesen Winter starten wir mit einem Glaubenskurs für Erwachsene; das ist eine sehr gute Gelegenheit, sich mit Lebens- und Glaubensfragen auseinanderzusetzen und mehr über Gott zu erfahren.

Wie ist deine Beziehung zur älteren Generation?
Ich bin auch für die Seniorenarbeit zuständig, was ich sehr gern mache. Hausbesuche gehören dazu. In den letzten Monaten ist die Beziehung zu vielen älteren Kirchenmitgliedern gewachsen; ich durfte schon mehrere Seelsorgegespräche führen. Es ist ein Privileg, diesen Menschen zuzuhören und mit ihnen zu beten.

Wie pflegst du persönlich deinen Glauben?
Indem ich mit Gott rede, wie mit einem guten Freund und in der Bibel lese. Für mich ist die Bibel Gottes Wort, durch das er zu uns Menschen sprechen kann. Auch lese ich gern Biografien von Glaubensvorbildern. An freien Sonntagen besuchen wir hin und wieder Gottesdienste in anderen Gemeinden oder hören Predigten online.

Was sind Highlights in deiner bisherigen Laufbahn als Pfarrerin?
Einerseits der Oster- und Karfreitagsgottesdienst, welche sehr bewegend waren und gut besucht wurden. Und natürlich die Konfirmationsfeier, bei der mich begeistert hat, wie viel die Jugendlichen von Jesus mitbekommen haben.

Was wünschst du dir für die Zukunft?
Bisher kamen wir als Ehepaar nicht oft dazu, in die Ferien zu verreisen. Das möchten wir gern nachholen. Aufgrund unseres Studienjahres in Schottland zieht es uns immer wieder dorthin zurück. Die Ideen werden uns sicher nicht ausgehen.

Dieser Artikel erschien zuerst in den Hope Regiozeitung, welche an Weihnachten 2022 in der Ostschweiz erschienen sind.

Zum Thema:
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Datum: 03.01.2023
Autor: Rolf Frey
Quelle: Hope-Zeitungen

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