Jeder dritte Gottesdienstbesucher in der Schweiz geht in eine der über 1400 Freikirchen. Dort versammeln sich gemäss einer neuen Studie doppelt so viele Schweizer wie in reformierten Kirchen. Dabei gehören nur zwei Prozent der Einwohner Freikirchen an.Gemäss der Erhebung versammeln sich an einem gewöhnlichen Wochenende in der Schweiz schätzungsweise 690‘000 Menschen für ein religiöses Ritual: 38 Prozent in katholischen Kirchen, 29 Prozent in evangelischen Freikirchen, 14 Prozent in reformierten Gotteshäusern und knapp 11 Prozent in muslimischen Gemeinschaften. «Jedes Wochenende verzeichnen die Freikirchen also bloss etwa einen Viertel weniger Gottesdienstbesucher als die katholische Kirche und sogar mehr als das Doppelte der reformierten Kirchgänger, obwohl die Katholiken 30 Mal und die Reformierten 24 Mal mehr offizielle Mitglieder aufweisen als die evangelischen Freikirchen», bilanziert Prof. Jörg Stolz von der Uni Lausanne.
5734 örtliche Gemeinschaften
Die «National Congregations Study Switzerland» (NCSS) gibt eine Übersicht über die religiösen Gruppen des Landes. 5734 lokale religiöse Gemeinschaften aller Glaubensrichtungen existieren gemäss der am 15. September veröffentlichten Untersuchung des Nationalen Forschungsprogramms «Religionsgemeinschaften, Staat und Gesellschaft» (NFP 58). Die Religionssoziologen um Jörg Stolz haben alle Gruppen zu erfassen versucht, die sich regelmässig an einem bestimmten Ort zu religiösen oder spirituellen Zwecken versammeln.
Interviews mit Verantwortlichen von 1040 Gemeinschaften ergeben für die christlichen Gemeinschaften ein vielfach differenziertes Gesamtbild. Vor allem zeigt die Studie die Besonderheiten der evangelischen Freikirchen, bei denen klassische, traditionelle und charismatisch-pfingstliche unterschieden werden. Ursprünglich für christliche und jüdische Gemeinschaften entworfen, nimmt die Studie auch die Vielfalt der Sondergruppen und fremdreligiöser Gemeinschaften in den Blick. So werden im Bereich des Islam (insgesamt 310‘000 Muslime) Ahmadis, Aleviten und Sufis abgehoben.
Gottesdienst gehört dazu
Rund die Hälfte der landesweit 5734 Gemeinschaften sind römisch-katholisch oder evangelisch-reformiert (30,5 und 19,1 Prozent). Deutlich mehr Gruppierungen als die Reformierten stellen aber die 1423 evangelischen Freikirchen mit (24,8 Prozent; Zählung 2008). Während römisch-katholische und reformierte Kirchgemeinden durchschnittlich 1750 bzw. 2200 Mitglieder haben, gehören einer mittleren Freikirche gerade einmal 72 Menschen an. Doch sie gehen grösstenteils regelmässig zur Kirche, mit ihnen Freunde und Besucher. Die Befragung ergab daher für den letzten Gottesdienst mehr Besucher als Mitglieder (111 Prozent). Bei den Katholiken lag die Teilnahmequote dagegen bei 4 Prozent, bei den Reformierten sogar nur bei 3 Prozent (Muslime 18 Prozebt, Buddhisten 7 Prozent).
Missionieren bringt Frucht
Die Studie bestätigt, dass die etablierten Kirchen kleiner werden. Bei den evangelischen Freikirchen sehen die Forscher klare Unterschiede: Während konservative Gemeinschaften ebenfalls schrumpfen, bleiben klassische Gemeinschaften stabil und charismatische und neuere Gemeinschaften wachsen (Pfingstgemeinden, ICF). Laut der Studie spielt die religiöse und «moralische Striktheit der Freikirchen entgegen bisheriger Vermutungen keine entscheidende Rolle bei ihrem Erfolg».
Persönliche Werbung
Als wichtigen Grund für das Wachstum macht die Studie das Werben um neue Mitglieder aus. Fast alle Freikirchen ermutigen ihre Mitglieder, neue Personen einzuladen, und viele schalten Inserate in Zeitungen. Dazu kommt das Bemühen um die Kinder der Mitglieder. Kurz: «Eine Gemeinschaft, welche aktiv neue Mitglieder sucht, von Immigration profitiert und Wert auf die Sozialisierung der Kinder legt, hat die besten Wachstumschancen.»
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