Wie in Aliceville eine 600-Besucher-Gemeinde im Knast entstand
Alice Marie Johnson verbüsste eine
eigentlich lebenslängliche Haftstrafe. Gemeinsam mit einem Baptistenpastor gründete
die Grossmutter eine Gemeinde hinter Gittern. Diese wuchs auf rund 600
Gottesdienstbesucher an und zählt mittlerweile 14 Nationalitäten.
Inzwischen ist Johnson begnadigt worden.
Gebetsrunde im Gefängnis
Vor sechs Jahren
erkannte Baptistenpastor Gary Farley, dass er jemanden braucht, der bei der Gründung einer Gemeinde im Gefängnis «Federal Correctional Institution»,
dem damals neuen Frauengefängnis in Aliceville im US-Bundesstaat Alabama mithilft.
Einige Leute
seiner eigenen Gemeinde fanden sich, um die Lobpreismusik zu gestalten und
regelmässige Gottesdienste durchzuführen. Doch der Gefängnisdirektor erklärte,
«dass die Kirche besser funktioniert, wenn man Leute aus dem Gefängnis miteinbezieht,
anstatt die Kirche von aussen hineinzutragen».
Grossmutter Alice Marie Johnson macht mit
«Ich versuchte, die Frauen in die Planung einzubeziehen», erinnert sich Farley. «Sie
waren in der Lage, qualitativ hochwertige Musik zu liefern, und wir nutzten
ihre Talente, um die Kirche zu gründen.»
Alice Marie Johnson
Eine davon war
Alice Marie Johnson, eine Grossmutter, die mehr als 20 Jahre einer lebenslangen
Haftstrafe für Drogendelikte verbüsst hatte. «Alice war
wirklich gut darin, Dramen zusammenzustellen», erinnert sich Farley an Johnson, die als «Mustergefangene» galt. «Sie war eine sehr engagierte Christin.
Sie schrieb und inszenierte ein Passionsspiel und führte es mehrmals auf. Es
war einfach unglaublich.»
Johnson hatte ein
Gespür für die verschiedenen Kulturen der Gefangenen und ein Auge für ihre Talente. Mit einigen lateinamerikanischen Frauen sang sie das Passionslied «Via Dolorosa» und stellte eine Vielfalt an Musik zusammen.
Bis zu 600 Besucher im Gottesdienst
Die Gemeinde
wuchs und bis zu 600 Häftlinge versammelten sich jede Woche zu den angebotenen Gottesdiensten.
«Das ist ein Wunder», sagt Farley. Sie hätten viele Wunder gesehen. Darunter
die kürzliche Freilassung von Alice Marie Johnson. Nach einem Vorsprechen von
Reality-Star Kim Kardashian wurde sie vor wenigen Wochen von US-Präsident
Donald Trump begnadigt.
Im Jahr 2016 hatte
Johnson öffentlich über ihre Notlage berichtet. 1989 liessen sie und ihr Mann
sich scheiden, und nicht allzu lange danach wurde ihr jüngster Sohn bei einem
Motorradunfall getötet. Unter dem Gewicht dieser Last traf Johnson einige
falsche Entscheidungen, sagte sie. «Ich möchte, dass dieser Teil klar ist:
Ich gebe zu, dass ich Unrecht getan habe. Ich habe den grössten Fehler meines
Lebens gemacht. Um über die Runden zu kommen, habe ich mich mit Leuten eingelassen,
die Drogen verkaufen.»
Zum Tod verurteilt
«Ich bin nur
eine von Tausenden, die erstmals und aus finanzieller Not eine gewaltfreie
Straftat begangen haben, die zu langen Gefängnisstrafen verurteilt wurden», berichtete
sie. «1996 wurde ich zum Tode verurteilt, ohne in der Todeszelle zu sitzen. Ich
wurde als gewaltfreier Drogenstraftäter zu lebenslanger Haft im Bundesgefängnis
verurteilt.»
Seit sie
verurteilt wurde, haben sich die Gesetze, die ihr Verbrechen regeln, geändert,
und wenn sie heute verurteilt würde, wäre alles anders. Anno 2016 gewährte
Präsident Barack Obama 231 Menschen Gnade – viele von ihnen wegen Drogendelikten –, aber Johnson war nicht unter ihnen.
«Gottes Timing wird perfekt sein»
Farley sagte,
sie hätten in den letzten Jahren oft für ihre Freilassung gebetet und waren
enttäuscht, als es 2016 nicht geschah. «Aber sie fühlte, dass Gottes Timing
perfekt sein würde und dass alles gut ausgehen würde.» 2017 erregte
Johnsons Fall dann die Aufmerksamkeit von Reality-TV-Star Kim Kardashian. Sie setzte
einen Anwalt an und fädelte ein Treffen mit Präsident Trump ein.
«Gott ist immer
pünktlich», sagt Farley. «Wäre sie früher entlassen worden, hätte sie
vielleicht nicht die Plattform erhalten, die sie jetzt hat.» Und es sei
durchaus möglich, dass mehr Menschen zum Glauben gekommen sind, weil Johnson weiterhin in den
Gefängnisgottesdiensten präsent war.
Die Gemeinde
hinter Gittern umfasst mittlerweile 14 Nationen. Manche von ihnen sind ermutigt
worden, Missionarinnen zu werden, wenn die Strafe verbüsst ist.
Meghan und Harry sorgten mit einer «Netflix»-Doku für mächtig Wirbel. Die Autorin und «Woman Alive»-Chefredaktorin Tola Doll Fisher machte sich dazu...