Gefängnisseelsorger Pfarrer Peter Solenthaler aus Herisau erlebt das
Gefängnis als einen Ort, wo es sich lohnt zu wirken. Dabei macht er sich aber immer bewusst, dass sein Auftrag begrenzt ist.
Gefängnisseelsorger Pfarrer Peter Solenthaler
Eine Boulevardzeitung fragte Pfarrer Peter Solenthaler
kürzlich an, ob sie an seiner Gefängnisweihnachtsfeier in der Strafanstalt
Gmünden (AR) dabei sein könnte. Gefängnisseelsorge ist aber kein Ort für die
Sensationspresse. So empfängt denn Peter Solenthaler auch Redaktor David Gysel nicht in einer
Gefängniszelle, sondern im schlichten Büro des Gemeindepfarramts in Herisau.
Wenn er an die Arbeit im
Gefängnis denkt, so leitet ihn der Vers aus Matthäus, Kapitel 9, Vers 36: «Als er aber
die Volksmengen sah, wurde er innerlich bewegt über sie, weil sie erschöpft und
verschmachtet waren wie Schafe, die keinen Hirten haben.» Solenthaler will
die Nöte der Menschen im Gefängnis bewusst wahrnehmen. Diese Nöte ziehen sich
meist durch das ganze Leben der Betroffenen. Viele wachsen schon als Kind in
einem schwierigen familiären Umfeld auf. Peter Solenthaler will allen Insassen
zuerst einmal mitmenschliches Erbarmen zeigen, aber dann auch die Person von
Jesus Christus vorstellen. Im Gefängnis könne die Frage der Vergebung sehr
konkret werden, auch im Zusammenleben untereinander.
Der Auftrag ist begrenzt
Heute wird in der Seelsorge viel
Wert auf professionelle Nähe und Distanz gelegt. Auch darin ist Jesus für
Solenthaler ein Vorbild. Jesus zeigte Menschen in Not gegenüber grosses
Erbarmen, er zeigte grosse Nähe. «Aber Jesus rannte diesen Menschen anschliessend
nicht hinterher», erklärt der Seelsorger. Die Begegnungen mit Jesus hätten
etwas ausgelöst. Dann seien Jesus und seine Begleiter weitergezogen. Es lag nun
in der Verantwortung der Zurückgebliebenen, die Begegnung mit Jesus in ihrem
Leben weiterzuverarbeiten. Peter Solenthaler: «Auch der Auftrag des
Gefängnisseelsorgers ist begrenzt.»
Jeden Dienstagnachmittag steht er
im ausserrhodischen Gmünden für Gespräche zur Verfügung, setzt sich in der
Pause zu den Gefangenen. Auch das gemeinsame Abendessen sei eine Gelegenheit,
Vertrauen zu gewinnen – mitten in einem Umfeld, wo Lug und Trug leider an der
Tagesordnung ist. Manchmal kann der Seelsorger einem Gefangenen nahelegen,
bestimmte Angelegenheiten auch gegenüber der Justiz zu klären. Trotz vieler
Schwierigkeiten kann sich im Leben gewisser Gefangener etwas verändern.
Bibelverse in eigener
Muttersprache gelesen
Weihnachten im Gefängnis löse
unterschiedliche Gefühle bei den Gefangenen aus, weiss Solenthaler. Einige
seien sogar froh, an Weihnachten im Gefängnis sein zu können. Andere wiederum
vermissten ihre Angehörigen in dieser Zeit speziell. In einer schlichten
Weihnachtsfeier erklärte Peter Solenthaler auch an den vergangenen Festtagen den Hintergrund von
Weihnachten.
Menschen aus anderen Religionen sollen sich ebenfalls willkommen
und wohl fühlen.In der offenen Strafanstalt Saxerriet, wo Solenthaler einige
Jahre arbeitete, sei auch die Teilnahme eines Gospelchors möglich gewesen.
Einen ganz speziellen Moment hat er in Erinnerung, als er für eine Feier
mehrere Gefangene bat, Bibelverse aus der Weihnachtsgeschichte in ihrer
Muttersprache zu lesen. «Das war ein sehr dichter Moment.»
Knackpunkt Gefängnisaustritt
Als Knackpunkt erlebt Solenthaler
jeweils den Moment des Gefängnisaustritts. Ohne Internetzugang im Gefängnis sei
zum Beispiel die Wohnungssuche sehr schwierig. Im Angebot für Unterstützung von
Strafentlassenen sei noch viel Bedarf. Er habe mit christlichen Organisationen
Kontakt aufgenommen, die Angebote für Übergangslösungen aufbauen könnten. «Gott ist ein Gott der zweiten Chancen. Menschen brauchen, dass wir ihnen
eine zweite Chance geben.»
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