«Diese Leute brennen darauf, den Glauben weiterzugeben»
In Bern bildet die interkulturelle Leiterschaftschule
«&cultures» junge Einwanderer-Leiter aus. Viele von ihnen sind neu im
Glauben und brennen darauf, den christlichen Glauben weiterzugeben. «Sie sind
begeistert und wollen ein Segen sein. Obschon durch Ungewissheit und
Asylverfahren teils in schwierigen Umständen steckend, halten sie an Jesus
fest», sagt
Schulleiter Egzon Shala im Gespräch mit Livenet.
Egzon Shala von &Cultures
Livenet: Egzon Shala, was steckt hinter «&cultures»?
Egzon Shala: &cultures
ist eine modulare «Intercultural Leadership»-Ausbildung für Menschen mit
Migrationshintergrund.Viele
Migranten, die konvertiert sind, haben den Wunsch, geistlich zu wachsen und dem
Herrn zu dienen. Für sie braucht es ein massgeschneiderte
Angebot wie «&cultures». Die Bibelschulen
sind sprachlich und intellektuell noch viel zu anspruchsvoll und auch nicht erschwinglich für diese Leute. Die
meisten sind «MBB», also «Muslim Background Believer», eine Zielgruppe, die
von Bibelschulen nicht abgedeckt wird. Viele müssen daneben noch die Sprache
lernen, einen Job suchen und so weiter.
Was sind die Schwerpunkte der Schule?
Es
sind drei grosse Schwerpunkte mit jeweils drei Unter-Gruppierungen. Der erste
ist «Heartbeat», also Herzschlag. Hierbei geht es um Evangelisation,
Jüngerschaft und interkulturelle Kompetenz. Dann geht es um die
«Persönlichkeit». Hier geht es um Charakter, Leiterschaft und Identität. Der
dritte Punkt ist die Sendung. Im Vordergrund steht dabei der Gemeindebau,
also innovative, evangelistische Projekte und Communitys aufbauen.
Was steht auf dem Lehrplan der
Schule?
Es
sind elf Treffen pro Jahr. Neun davon erstrecken sich über einen ganzen
Schultag und zwei weitere über jeweils ein Wochenende. Insgesamt müssen 18
Module absolviert werden. Hinzu kommen Hausaufgaben, praktische Umsetzung,
Bibellesen, Auswendiglernen von Versen und Büchern. Jeder
hat zudem einen Coach aus der angegliederten Gemeinde. Die meisten schliessen «&cultures» nach
eineinhalb Jahren ab.
Gibt es Beispiele, wie das
Leben von Migranten durch die «&cultures»-Schule verändert wurde?
Da
ist zum Beispiel Karam aus dem Irak, der in Fribourg lebt. Er absolvierte das
«&cultures» und gründet nun eine arabischsprachige Community in Fribourg. Er
ist bereits Hauptverantwortlicher für eine arabischsprachige Gemeinde in Bern.
Oder
da ist ein Iraner aus Bern, der unsere Schulung durchlief. Er organisiert nun
Gottesdienste unter Menschen, die Farsi sprechen.
Ein
Tunesier aus Vevey organisiert seit längerem internationale Gottesdienste an
seinem Ort und investierst sich in Migranten in Vevey. Wichtig ist, dass sie mit Einheimischen zusammenarbeiten können und dass sie dort, wo sie leben, auch integriert sind.
Schüler der Leiterschaftsschule «&cultures»
Was sind die nächsten Projekte?
Am
18. April 2020 steht eine Konferenz in der Region Thun zum Thema
interkultureller Gemeindebau mit Dr. Stephen Beck (Mission Mosaikkirche), Werner
Spalinger (BewegungPlus) und Martin Bühlmann (Vineyard Dach) auf dem Programm. Sonst
aber sind unsere Absolventen in die lokalen Gemeinden eingebettet, was auch klar unser Fokus ist.
Was bewegt Sie persönlich bei Ihrer
Arbeit?
Manchmal spricht
man unter Christen eine Insider-Sprache. Für diese Konvertiten ist aber vieles neu. Ich
sehe einen unglaublichen Hunger nach dem Wort Gottes bei ihnen. Sie haben diese neue Begeisterung für Jesus,
während wir oft in unseren Gewohnheiten und unserer Routine träge geworden sind. Sie
stecken voller Abenteuerlust, wollen ein Segen sein und den Glauben entdecken, um ihn dann weitergeben zu können. Das ist sehr ansteckend.
Gleichzeitig
haben viele auch recht stark «zu beissen». Oft sind sie die einzige Person der
Familie, die mit Jesus lebt. Dann kommt der ganze Druck mit dem Asylverfahren hinzu, einige haben keine
Perspektive. Dennoch wollen sie an Jesus festhalten. Aus diesem Ausharren lerne
ich viel. Neubekehrte bringen auch frischen Wind und Leben in eine Gemeinde.
Manchmal lebt man wie in einer Parallelwelt: Scheinbar geht es allen gut, und dann sind da
jene, denen es nicht gut geht, die aber alles für Jesus geben wollen. Sie können
wirklich ein Segen für unsere Schweizer Gemeinden werden.
Wovon träumen sie?
Die Schweiz
braucht dringend «Brückenbauer Leiter», die ihre eigene und auch die Schweizer
Kultur leben und die das Reich Gottes in die Mitte stellen. Sie haben diese DNA, für Jesus alles zu geben. Nicht nur der Nahe Osten, sondern auch die
Schweiz braucht Jesus, sagen sie oft. Ich träume
davon, dass überall solche «Brückenbauer Leiter» hervorkommen, die
Evangelisation und Jüngerschaft verkörpern und leben, die innovativ sind und neue Wege
ausprobieren.
Getragen wird «&cultures» durch
den Verein «Come and Go» sowie durch eine grosse Trägerschaft, unter anderem
durch GPMC Thun, die Bewegung Plus, das G-Movement.
Zur Person:
«&cultures»-Leiter Egzon Shala
floh einst vor dem Kosovo-Krieg zuerst nach Deutschland und dann in die
Schweiz. Hier fand er zum christlichen Glauben. Seit Juli arbeitet Egzon Shala
zudem als Koordinator für die «Arbeitsgemeinschaft Interkulturell» der
«Schweizerischen Evangelischen Allianz». Er wohnt mit seiner Familie in Thun.
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