Lisa Leisi, Sara Fritz, Ruedi Lustenberger und Heiner Studer (Bild: EDU / Facebook / CVP / zVg)
Am kommenden
Sonntag gibt es ein Jubiläum: Am
7. Februar 1971 stimmten die Schweizer Männer an der Urne der
Verfassungsänderung zu, dass künftig alle Schweizer Frauen die gleichen
politischen Rechte wie sie haben. Wie haben Zeitzeugen die damalige Debatte
erlebt? Was sind die Folgen dieser späten Einführung des Frauenstimmrechts bis
heute?
Diesen und anderen Fragen gehen Chefredaktor Florian Wüthrich und seine
politisch engagierten Talkgäste Ruedi Lustenberger (ehemaliger
Nationalratspräsident), Heiner Studer (Nationalrat, EVP), Lisa Leisi (Präsidentin
EDU Kanton SG) und Sara Fritz (Landrätin EVP) nach und geben auch Stellung zu anderen
aktuellen brisanten Themen.
Motivation für das politische Engagement
Weshalb engagieren sich die vier Gäste überhaupt in der Politik? Der Jüngsten der Talkgäste, Sara Fritz, geht es primär um das Mitgestalten von
Gesellschaft; Lisa Leisi möchte gern Sprachrohr für andere Menschen sein, die
ähnliche Anliegen haben; Heiner Studer meint, er habe Politik «bereits mit der
Muttermilch aufgenommen», da seine Mutter politisch sehr interessiert
gewesen sei. So habe er sich bereits als Kind für Politik interessiert. Ruedi
Lustenberger, der nicht mehr politisch aktiv ist, geniesst es, dass er jetzt
etwas sagen darf, wenn er möchte, aber nicht mehr verpflichtet ist, sich zu
äussern.
Die damalige Debatte
Ruedi Lustenberger
erinnert sich, dass das Thema Frauenstimmrecht am Familientisch diskutiert
wurde; für ihn sei immer klar gewesen, dass Frauen die gleichen Rechte haben
wie Männer, aber er war in seiner Heimat eher allein mit seiner Meinung.
Gemäss
Heiner Studer wurde das paulinische «Die Frau schweige in der Gemeinde» von
Christen auch oft auf die politische Gemeinde übertragen – sogar von Frauen
selbst. Das sei in christlichen Kreisen bis zur Abstimmung Thema gewesen.
In Lisa
Leisis Familie wurde das Thema ebenfalls viel diskutiert. Ihre politisch
interessierte Mutter sei eine Gegnerin des Frauenstimmrechts gewesen,
weil sie befürchtet habe, dass dadurch in der Politik ein Linksruck entstehen
würde.
Muss der Bundesrat «Sorry» sagen?
Politikerinnen wie
Tamara Funiciello oder Aline Trede fordern, der Bundesrat solle sich
für das historische Unrecht entschuldigen. Ruedi Lustenberger meint,
dieses Unrecht sei nicht das Verschulden des heutigen Bundesrates gewesen,
daher müsse er sich nicht entschuldigen. Heiner Studer findet es gut, dass nach
50 Jahren Rückblick gehalten wird: So rücke das Unrecht ins Bewusstsein, und
man könne daraus lernen und die Zukunft besser gestalten. Er begrüsse auch den zweiten Schritt nach der Einführung des Frauenstimmrechts, nämlich das neue
Eherecht, das die Gleichberechtigung in der Ehe sichere.
Die junge Sara Fritz
kann sich ein Leben ohne Frauenstimmrecht nicht mehr vorstellen, aber sie sieht
den Kampf gegen andere Ungerechtigkeiten wie beispielsweise den Menschenhandel
als ein grosses Thema heute. Lisa Leisi ist dankbar, dass es das Frauenstimmrecht
gibt. Ihr gefällt es jedoch nicht, wenn der Staat bestimmte Rollenbilder in der
Gesellschaft fördert und andere – wie etwa das Muttersein ohne andere
Berufstätigkeit – abwertet. Ihrer Meinung nach solle der Staat auch nicht in
die von Gott gegebene Schöpfungsordnung eingreifen wie z.B. durch Konzepte wie
«Ehe für alle» etc.
Frauenquote und
Rollenverteilung
Lisa Leisi ist der
Kampf bzw. Wettbewerb zwischen Mann und Frau zuwider; Männer und Frauen seien
unterschiedlich – und Frauen würden einfach oft andere Prioritäten setzen.
Heiner Studer findet es wichtig, dass in der Politik Rahmenbedingungen geschaffen
werden, die erlauben, dass ein Ehepaar frei entscheiden kann, wie es die
Rollenverteilung handhaben möchte. Sara Fritz stellt fest, dass man Frauen viel
mehr motivieren muss, in der Politik aktiv zu werden als Männer, da Frauen sich
dies oft nicht wirklich zutrauen. Sie selbst sei so erzogen wurden, dass es
keine Rolle spiele, ob etwas eine typische Männerdomäne sei, sondern vielmehr, ob sie
Freude daran habe. Ruedi Lustenberger ist kein Freund von Quoten; Quoten müsse man nur im
äussersten Notfall einsetzen; er propagiert bezüglich Rollenverteilung die
individuelle Freiheit eines Paares: Es sei nicht Aufgabe des Staates,
Rollenbilder vorzuschreiben, sondern das Paar solle frei entscheiden und
miteinander abmachen, wie die Rollen verteilt werden sollten.
Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot»
Die Volksinitiative «Ja zum
Verhüllungsverbot» verlangt, dass in der Schweiz niemand sein Gesicht
verhüllen darf. Darüber wird am 7. März abgestimmt. Chefredaktor Florian Wüthrich möchte hier bei wissen, was seine Talkgäste davon halten.
Lisa Leisi würde Ja stimmen – als Signal gegen
politischen Islam und Chaotentum; es helfe zudem der Frau, dass sie
wertgeschätzt würde. Heiner Studer und Ruedi Lustenberger würden auch Ja
stimmen, aber ihrer Meinung nach gebe es wichtigere Themen. Sara Fritz ist hin
und hergerissen. Zum einen erkennt sie, dass sie selbst verpflichtet wäre, sich
in einem muslimischen Land an deren Regeln und Gebräuche zu halten und genauso
sollten sich auch hier Muslime möglichst anpassen und integrieren; zum anderen
widerstrebt ihr eine Kleidervorschrift in der Verfassung. Für Touristen, die
eine Burka in der Schweiz tragen, hat sie wenig Verständnis, aber bei Frauen,
die in der Schweiz leben, könne es sein, dass diese dann ohne Burka nicht mehr
nach draussen gehen dürften.
Politische Anliegen der Talkgäste
Ruedi Lustenberger meint, dass das Rahmenabkommen mit der
EU im Bundesrat entgleist sei und wünscht sich dort ein Reset. Heiner Studer
liegen das CO2-Gesetz und andere Umweltfragen sowie die Armutsfrage ganz
besonders am Herzen. Sara Fritz beschäftigt die Armutsfrage gerade auf dem
Hintergrund von Corona in Bezug auf Kurzarbeit, weniger Lohn, psychische
Probleme v.a. von Jugendlichen und Arbeitslosigkeit. Lisa Leisi ist besorgt um die
Dritte-Welt-Länder, die durch Corona noch viel mehr unter Armut zu leiden
hätten. Ihr mache auch die zunehmende Bevormundung durch den Staat Sorge. Die
Angst führe dazu, dass sich die Bevölkerung immer mehr die individuelle
Freiheit nehmen und andere entscheiden lasse. Sie fragt sich, ob der
Kollateralschaden somit grösser sei als der Virus selbst – und fordert zu mehr
Mut auf!
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