Komitee bekämpft schrankenlose Fortpflanzungsmedizin
Am 5. Juni 2016 kommt die Revision des Fortpflanzungsmedizingesetzes FMedG vors Volk. Für das Nein-Komitee geht das Gesetz viel zu weit. Es sei gefährlich und in seiner Anwendung nicht kontrollierbar. «Nach Gentech-Mais bald Gentech-Mensch?», fragt das überparteiliche Komitee in seiner Nein-Kampagne.
Christian Lohr (CVP), Marianne Streiff (EVP) und Marco Romano (CVP) bei der Medienkonferenz in Bern.
Das überparteiliche Komitee «Nein zu diesem FMedG» präsentierte heute (15. April 2016) in Bern seine Argumente gegen die Gesetzesrevision, über die das Schweizer Stimmvolk am 5. Juni abstimmen wird. Das Komitee besteht aus über 50 Vertreterinnen und Vertretern von BDP, CVP, EDU, EVP, Grünen, SP und SVP. An vorderster Front sind wie bereits beim Abstimmungskampf zur PID-Verfassungsänderung wieder Persönlichkeiten wie Nationalrat Christian Lohr (CVP) und Nationalrätin Marianne Streiff (EVP).
Zunehmende Selektionsmentalität
Für Marianne Streiff ist klar, dass dieses revidierte FMedG gesellschaftspolitische Auswirkungen haben wird: «Wenn man am Anfang des menschlichen Lebens mit der systematischen Auslese anfängt, wird dies nicht ohne Folgen für unsere Gesellschaft bleiben. Die Selektionsmentalität des vorliegenden Gesetzes würde unseren Umgang mit dem menschlichen Leben langfristig verändern. Ob zum Guten wage ich stark zu bezweifeln.»
SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor warnte vor den eklatanten Missbrauchsrisiken des neuen Gesetzes hin zu einer schrankenlosen Selektion menschlicher Embryonen: «Nach einem Gentest liegen auch Ergebnisse vor, die nicht zur Selektion verwendet werden dürfen, zum Beispiel das Geschlecht des Kindes oder seine Augenfarbe. Sogar der Bundesrat gibt zu, dass in der Praxis eine Kontrolle darüber nicht möglich ist, dass wirklich nur schwere Erbkrankheiten eliminiert würden.»
«Wir wollen keine genetisch optimierten Kinder»
Komitee «Nein zu diesem FMedG»
Mathias Reynard von der SP machte deutlich, wie schwammig und extrem weit das vorliegende Gesetz formuliert ist: «Nirgends ist definiert, welche Erbkrankheiten oder chromosomalen Eigenschaften 'selektionswürdig' sind. Die Erfahrung z.B. in Grossbritannien zeigt, dass die Liste mit den Auswahlkriterien stets erweitert wird. Dies führt letztlich zu globalen Normalitätstests zu Lasten der menschlichen Vielfalt!»
«Wir wollen keine genetisch optimierten Kinder! Wir engagieren uns für eine Gesellschaft, in der Menschen mit Behinderungen dazu gehören», sagte Christine Häsler, Nationalrätin der Grünen. Die Fortpflanzungsmedizin gehe mit diesem Gesetz zu weit. Die Unterscheidung zwischen sogenannt lebenswerten und nicht lebenswerten Embryonen führe letztlich zu einer Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen, denn sie würden dann als vermeidbares Risiko gelten.
Gegen Stigmatisierung
Auch Nationalrat Christian Lohr, CVP, setzte sich aus Überzeugung dagegen ein, dass bereits bei Embryonen eine Selektion stattfinden soll. Entschieden wehre er sich dagegen, einem unwürdigen Auswahlverfahren zuzustimmen. «Wenn wir diesen Weg weitergehen, brandmarken wir Menschen mit einer Behinderung als 'lebensunwert'», warnte Lohr eindringlich. Das FMedG setze für eine humane Gesellschaft falsche Signale.
Es sei falsch, vorgeburtliche Tests (PND) als Begründung für die Selektion von Embryos anzuführen, betonte CVP-Nationalrat Marco Romano. Bei der PND fände eine sehr schwierige Abwägung im Einzelfall statt. Das FMedG hingegen erlaube mit der PID ein technisiertes Selektionsverfahren, bei dem eugenisch alle Embryonen verworfen würden, die mit einem mutmasslichen Mangel behaftet seien. «Die Ausnahmesituation darf jedoch nicht zum Regelfall werden», mahnte Romano. Selbst Bundesrat Alain Berset hatte noch 2014 vor beiden Räten vor den eugenischen Tendenzen dieses Gesetzes gewarnt.
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