Die Angriffe gegen Gottfried Locher, den einige Reformierte gerne vom SEK-Präsidentenstuhl stossen möchten, haben groteske Formen angenommen. Es geht dabei auch um Animositäten und die Machtbalance innerhalb der «Reformierten Kirche Schweiz». Ein Kommentar von Fritz Imhof.
Gottfried Locher (Bild: Facebook)
Mit seinen Aussage zur «Feminisierung der Kirche» und zur Prostitution hat Gottfried Locher in ein Wespennest gestochen. Da nützt es ihm nicht viel, dass er dazu Erklärungen liefert und sich neustens auch entschuldigt.
Im Zug der MeToo-Debatte sorgte eine Pfarrerin, die aus einem vertraulichen Gespräch gegenüber den Medien plauderte, dafür, dass alles nochmals hochgespült wurde und bis in den «Spiegel» gelangte. Und im vorletzten Samstag griff schliesslich auch die ansonsten für ihre hervorragenden Ansprachen bekannte Catherine McMillan das Thema Prostitution auf. Mit klaren Bezügen auf die vielzitierte Aussage über Prostitution auf Männer («befriedigte Männer sind friedlichere Männer»), die aus dem Buch «Der reformierte Bischof» stammen. Diese sind zwar aus dem Zusammenhang gerissen, denn Locher spricht darin auch über die Problematik der Prostitution. Doch der wiederholte Hinweis darauf nützt ihm nichts. Die einen kritisieren das Frauenbild Lochers, andere sein Männerbild.
Es geht auch anders
Locher hatte auch mit der Aussage über eine zunehmende Feminisierung der Kirche für Aufregung gesorgt. Im Kontrast zu den von einigen Leuten befeuerten medialen Angriffen gegen ihn steht ein wenig bekanntes Ereignis. Nachdem Locher über die «Feminisierung der Kirche» gesprochen hatte, wandte sich Sabine Brändlin, Bereichsleiterin Seelsorge und kantonale Dienste der Aargauer Kirche, die auch die Fachstelle für Genderfragen betreut, direkt an Gottfried Locher. Im Anschluss kam es zu einer Aussprache und schliesslich gar zu einer Zusammenarbeit. Gottfried Locher und Sabine Brändlin verfassten in der Folge gemeinsam vier neue Liturgien für das Reformationsjahr, die schliesslich in vier Fernsehgottesdiensten Widerhall fanden. Dazu gehörten auch ein Jodler-Gottesdienst und ein Gottesdienst mit moderner Musik.
Reformiertes Bischofsamt?
Letztlich geht es um die Machtverteilung bei den Reformierten. Mit seinen Anspielungen auf ein reformiertes Bischofsamt, dem nicht nur eine verstärkte geistliche Führungsrolle, sondern auch eine überzeugendere Vertretung der Schweizer Reformierten gegenüber andern Kirchen in der Ökumene möglich wäre, hat er bestehende Machtstrukturen angetastet. Bei den Schweizer Reformierten haben vor allem die Präsidenten der kantonalen Landeskirchen das Sagen.
Zu mächtig?
Redaktor Fritz Imhof
Mit dem Beschluss an der letzten Abgeordnetenversammlung, das SEK-Präsidium auch für «Laien» offen zu halten, obwohl die Wahl einer Person ohne theologische Ausbildung und Pfarramt eher unwahrscheinlich ist, haben die Gegner einer Machtverlagerung bereits einen ersten Sieg errungen. Ob ihnen der aktuelle SEK-Präsident zu brillant und zu mächtig ist und sie stattdessen auf Rita Famos aus der Zürcher Kirche setzen, wird sich am 17. Juni zeigen. Locher wird sich dort gegen eine Front von Feministinnen und Feministen, Verfechtern von Sexual Correctness sowie gegen jene verteidigen müssen, welchen der kirchliche kantonale Föderalismus heilig ist.
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