Er dachte, er sei ein Versager

82 Jahre später: Blühende Gemeinden im Dschungel

Zoom
Im Jahr 1912 ging der US-amerikanische Missionsarzt Dr. William Leslie in eine entfernte Ecke der Republik Kongo, um im Stamm der Yansi zu leben und zu wirken. Nach 17 Jahren Dienst kehrte er entmutigt in die USA zurück – in der Meinung, nichts bewirkt zu haben. 82 Jahre später brachte eine Expedition Erstaunliches ans Licht. 

Dr. William Leslie starb neun Jahre nach seiner Rückkehr in die USA. Sein Name wäre wahrscheinlich in Vergessenheit geraten, hätte nicht eine Expedition im Jahr 2010 eine sensationelle Entdeckung gemacht. Sie fanden ein Netzwerk von blühenden christlichen Gemeinden, aufgereiht wie Perlen entlang des Kwilu-Flusses in Vanga, wo Dr. Leslie stationiert gewesen war.

Beschwerliche Reise

Zoom
Missionsarzt Dr. William Leslie
Die Missionary Aviation Fellowship flog das Team, geleitet von Eric Ramsey von den «Tom Cox World Ministries», zuerst von Kinshasa nach Vanga. Dann ging es knapp zwei Kilometer weit zum Kwilu-Fluss, den sie mit Holzkanus überquerten. Nach einem weiteren Fussmarsch von 16 Kilometern durch den Dschungel erreichten sie das erste Dorf des Volkes der Yansi.

Ramsey hatte die Geschichte dieses Volkes erforscht und erwartete, dass sie ein bisschen Ahnung von Jesus hätten, aber kein wirkliches Verständnis des christlichen Glaubens. Er war total unvorbereitet auf das, was er vorfand.

Netzwerk von sich reproduzierenden Gemeinden

«Als wir dort ankamen, fanden wir ein Netzwerk von Gemeinden, die sich selbst reproduzierten, im ganzen Dschungel verstreut», berichtet Ramsey. «Jedes Dorf hatte seinen eigenen christlichen Chor, obwohl sie das nicht so nannten. Sie schrieben ihre eigenen Lieder und hatten Gesangswettbewerbe von Dorf zu Dorf.»

In jedem der acht Dörfer fand das Team eine Kirche. Die Region war über 50 Kilometer verteilt. In einem der Dörfer fanden sie sogar eine steinerne «Kathedrale» mit 1000 Sitzplätzen. Man erzählte ihm, dass in den 1980er-Jahren diese Kirche so voll war – viele Menschen gingen Kilometerweit zu Fuss zu den Gottesdiensten –, dass man in den umliegenden Dörfern eine Gemeindegründungsbewegung begann. «Es gibt keine eigene Bibel in der Yansi-Sprache», erklärte Ramsey. «Sie nutzten eine französische Bibel. Also mussten die, die sie lehrten, fliessend französisch sprechen.»

Jedes Jahr ein Besuch

Zoom
Missionsort von Dr. William Leslie in Afrika
Offenbar hatte Dr. Leslie seinerzeit jedes Jahr einmal den Kwilu-Fluss überquert und war einen Monat lang durch den Dschungel gereist. «Er lehrte die Bibel, lehrte die Kinder lesen und schreiben, sprach darüber, wie wichtig die Ausbildung ist, und erzählte biblische Geschichten», berichtete Ramsey. Dr. Leslie rief so das erste organisierte Bildungssystem in diesen Dörfern ins Leben.

Es war nicht einfach, Dr. Leslies Identität herauszufinden. «Die Stammesleute kannten ihn nur mit einem Namen, und ich wusste nicht, ob das sein Vor- oder sein Nachname war. Sie wussten, dass er Baptist war, dass er in Vanga stationiert war, und sie wussten, in welchen Jahren das war.»

Zurück in den USA stellte Ramsey nähere Nachforschungen an und entdeckte, dass Dr. Leslie mit dem Missionsverband der Amerikanischen Baptisten gearbeitet hatte, gegründet 1814 von Adoniram Judson in Burma.

Dr. William Leslie kam 1888 zum Glauben, und in ihm wuchs der Wunsch, Missionsarzt zu werden. Er begann seinen Dienst 1893 in Banza-Manteke im Kongo. Als er zwei Jahre später todkrank wurde, pflegte ihn eine junge Missionarin namens Clara Hill, in die er sich verliebte. Die beiden heirateten 1896.

Nach einigen Jahren Einsatz in Angola kehrten sie in den Kongo zurück und begannen, ein Stück des von Leoparden bevölkerten Dschungels am Kwilu-Fluss in Vanga zu roden, um dort eine neue Missionsstation aufzubauen. In einigen der umliegenden Dörfer war zu dieser Zeit noch der Kannibalismus normal.

Enttäuschtes Ende

Dr. Leslie und seine Frau verbrachten 17 Jahre im Dienst in Vanga, aber ihr Einsatz endete unter schwierigen Umständen. «Dr. Leslie hatte Meinungsverschiedenheiten mit einigen der Stammeshäuptlinge, und sie baten ihn, nicht wieder zu kommen», berichtet Ramsey. «Sie haben sich später wieder versöhnt, aber es endete nicht, wie er erhofft hatte.» Und Ramsey schliesst: «Sein Ziel war es, den christlichen Glauben zu verbreiten. Er hatte das Gefühl, dass er nach 17 Jahren Arbeit nicht viel erreicht hatte. Aber das Erbe, das er hinterliess, ist gewaltig.» 

Zum Thema:
Mission: Das Abenteuer, das jeden Preis wert ist
Vom Imam zum Pastor: Er dachte, er sei der einzige Christ im Land
Berufung und Hindernisse: Mission ist, wenn man's trotzdem tut

Datum: 17.03.2017
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Godreports

Glaubensfragen & Lebenshilfe

Diese Artikel könnten Sie interessieren

Im Iran
Viele Christen versammeln sich jeden Abend im Iran, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern und das Abendmahl zu nehmen. Im Vergleich zu einmal pro Monat...
Isaak und Abimelech
Evan Thomas hat über 40 Jahre der Versöhnung zwischen lokalen Nachfolgern Jesu im israelisch-palästinensischen Konflikt gewidmet. Er stellt das...
Neuausrichtung
Vreni Müllhaupt ist in einer Bauernfamilie gross geworden. Dass sie einmal Strassenkinder der peruanischen Hauptstadt Lima aufsuchen würde, hatte sie...
In Mikronesien
Ein Missionsflugdienst leistet humanitäre Hilfe im Inselgebiet Mikronesien. Er nimmt aber auch Passagiere an Bord und breitet das Evangelium aus.

Anzeige