Filmtipp

Katharina Luther – die Reformatorin

Jahrhundertelang war sie fast vergessen: Katharina von Bora, die Frau an Martin Luthers Seite. Auch heute kennt man nur wenig mehr als ihren Namen. In «Katharina Luther» wird sie als eine interessante, emanzipierte Frau vorgestellt. Und der Film schafft es, sie gross zu machen, ohne dabei den Reformator klein zu machen.

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Katharina Luther
Schon der Einstieg nimmt den Zuschauer gut in die damalige Zeit mit. Die kleine Katharina wird, ohne es zu ahnen, von ihrem Vater ins Kloster verkauft. Das Seelenheil des Kindes scheint gesichert und es sitzt eine Esserin weniger am Tisch der verarmten Adelsfamilie. In das Weinen und Sträuben seiner Tochter hinein sagt der Vater zwar: «Eines Tages wirst du uns sehr dankbar sein», doch man ahnt schon jetzt, dass das nicht der Fall sein wird.

Flucht aus dem Kloster

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Katharina von Bora (Mitte) im Kloster
Katharina wächst im Kloster auf. Über diese Zeit ist praktisch nichts bekannt und der Film setzt auch erst wieder ein, als sie in ihren Zwanzigern ist. Regisseurin Julia von Heinz («Ich bin dann mal weg») zeigt zwar die Enge, den Drill und die Ausweglosigkeit des Klosterlebens, doch wird auch deutlich, dass es für Frauen eine der wenigen Möglichkeiten war, ihr Leben in den sehr engen Grenzen der damaligen Gesellschaft zu gestalten. So lernt Katharina lesen, schreiben, rechnen und ein wenig Latein. Während sich die meisten damit arrangieren, hält sie an ihrem Traum fest: «Ich will leben!» Sie kommt in brieflichen Kontakt mit Martin Luther (Devid Striesow) und liest von seinen Ideen.

Heimlich liest Katharina (Karoline Schuch) «Von der Freiheit eines Christenmenschen». Sie wird von den Ideen der Reformation gepackt und begreift, dass die Sicherheit der Klostermauern nur eine scheinbare ist. Als Luther sie auch noch auffordert: «Lasset das Klosterleben hinter euch und schliesset euch unserer Bewegung in Wittenberg an …», gibt es kein Halten mehr. Zusammen mit einigen Mitschwestern wagt sie die Flucht. Diese wirkt anfangs wie ein verbotener nächtlicher Ausflug von Schülerinnen. Die Brisanz, ja Lebensgefahr für die Nonnen und ihren Fluchthelfer wird nicht so recht deutlich. Erst als sie in Wittenberg ankommen und dort von der Bevölkerung als Huren angepöbelt werden, ist klar, dass die Gesellschaft Frauen wie sie gar nicht einordnen kann.

Alternativlose Ehe

Mit ihrer Freundin Ave von Schönfeld kann Katharina für eine Weile bei Lucas Cranach und seiner Frau Barbara unterkommen. Doch schnell wird deutlich, dass dies kein Dauerzustand ist, denn was soll aus ihnen werden? Katharina kennt sich zwar mit Heilpflanzen aus, doch in der Apotheke, die dem Haushalt angeschlossen ist, darf sie aus Standesgründen natürlich nicht mitarbeiten. «Die alten Regeln und Traditionen wurzeln tief. Ihr werdet heiraten müssen», stellt ihre Gastgeberin pragmatisch fest. Eine echte Alternative dazu gibt es nicht und Katharina realisiert, dass sie zwar nicht mehr im Kloster lebt, aber keineswegs ihre Freiheit gewonnen hat. Doch sie kann einen Haushalt führen und Luther als vielbeschäftigter Professor und Motor der Reformation könnte jemanden dafür gebrauchen … Die Annäherung der beiden, ihre Vernunftehe, ihr Miteinander auf Augenhöhe, ihre wachsende Liebe, all das wird unaufgeregt, aber sehr eindringlich gezeigt. Der Film enthält wenig Reformation, dafür viel Mensch. Trotzdem zeichnet die Regisseurin ein warmes, freundliches Bild von einem Glauben, der nicht in der Kirche stattfindet, sondern sein Zuhause im Alltag hat, gerade auch im Umgang miteinander als Ehepaar, als Familie.

Die Lutherin

Luther ist getrieben von seinen immensen Aufgaben und immer wieder schwanken sein Gefühlsleben und sein Gesundheitszustand dramatisch. Bei alldem hat er jetzt eine Partnerin, die zwar versprochen hat, ihn nie an seiner Arbeit zu hindern, die aber sehr wohl ihren eigenen Kopf hat. «Herr Käthe» nennt er sie manchmal scherzhaft. Damals ist das mehr als eine Redensart. Es ist ein Statement zu Wert und Würde seiner Frau. Der Film zeigt, wie sie miteinander durch dick und dünn gehen, wie sie beinahe verzweifeln am Tod ihrer Tochter Magdalena, aber immer wieder den Weg zueinander finden und sich gegenseitig stützen. Devid Striesow überzeugt als glaubensstarker und gleichzeitig zerrissener und schüchterner Luther. Und Karoline Schuch begeistert als zupackende, selbstbewusste Frau an seiner Seite, die «das ganze Leben» leben will. Durch sie hat Katharina von Bora ein Gesicht bekommen. Der Film vermittelt keine neue Sicht auf den Reformator oder die Reformation, aber er zeigt uns die Welt des 16. Jahrhunderts durch die Augen einer faszinierenden Frau. Dabei unterstreicht er eindrücklich ihre Rolle im Leben Luthers und schafft es, sie gross zu machen, ohne den Reformator dabei klein zu machen.

«Katharina Luther» wurde am 22. Februar 2017 in der ARD zuerst ausgestrahlt. Der 105 Minuten lange Film ist noch in der ARD-Mediathek zu sehen. Auch als DVD ist er bereits erhältlich.

Zum Thema:
Dossier: 500 Jahre Reformation
Zum Reformationsjubiläum: Spezialausgabe Film «Luther» mit Reformationsheft
TextLive und 500 Jahre Luther: «Die Botschaft der Reformation ist immer noch aktuell»
Luther und die Streitkultur: Ausser Thesen nichts gewesen?

Datum: 23.02.2017
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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