Der Verband der Freikirchen und Gemeinschaften VFG tritt mit einem Papier zur politischen Arbeit an die Öffentlichkeit. Es entstand in theologischer Reflexion und im Gespräch mit aktiven Mitgliedern des Bundesparlaments. – Der Berner EVP-Nationalrat Walter Donzé kommentiert das Resultat.
Das Politpapier verdient Beachtung in unseren Gemeinden; denn der biblische Auftrag geht über den Respekt und das Gebet für die Obrigkeit hinaus: Christen sollen sich durch Dienst am Nächsten in der Gesellschaft empfehlen. Zum christlichen Zeugnis gehört, dass sie „am Guten mitwirken“ (Die Bibel, Titus 3).
Vertrauen schaffen
Politik ist nur so „dreckig“ wie die, die sie betreiben. Für mich gibt es Grenzen des Taktierens. Mit ehrlichen Argumenten und glaubwürdigem Verhalten möchte ich einen Beitrag zu neuem Vertrauen in die Politik leisten. „Wenn Menschen an die Macht kommen, die Gott gehorchen, dann freuen sich die Leute“ (Die Bibel, Sprüche 29,2). Mein Gebet ist es, dass dieser Segen sichtbar wird.
Neben anderen Quellen ist die vom VFG geleistete Denkarbeit für mich willkommene Hilfe zur Entscheidfindung. Vielleicht fragen Sie aber: Warum stimmen Christen trotzdem gegensätzlich ab? Sehen Sie: Selbst das beste Ehepaar ist nicht immer einer Meinung!
Hören, dann handeln
Als Christ, der sich ans Neue Testament hält, höre ich auf Gott und sein Wort. So lerne ich sein Wesen und seinen Willen kennen und handle dann in seinem Sinne. So setze ich teils andere Akzente, als sie von einer „bürgerlichen“ oder „sozialen“ Politik vorgegeben werden. Gut zu wissen, dass Gott auch dann zum Ziel kommt, wenn ich Fehler mache!
Im Papier des VFG sind Ziele und Massnahmen zu einzelnen Themen recht weit entwickelt, zum Beispiel bei der Altersvorsorge. Sehr aktuell wird mehr Transparenz von den Pensionskassen gefordert. Die Freikirchen verlangen, dass Nachteile der Senioren-Ehe ausgemerzt werden.
Weiterdenken
Andere Bereiche sind erst angedacht. Das Thema Sicherheitspolitik wird nur anhand von Symptomen abgehandelt. Die Grundsatzfrage nach der Wehrpflicht oder eine Gesamtschau des Produkts Sicherheit fehlt. Zwar fehlt es hier auch nicht an Konkretisierungen (vernetztes Denken, Module für Spezialeinsätze, mehr Bereitschaftspersonal, gemeinsame Ausbildung). Aus christlicher Sicht dürfte die auf uns zukommende Dienstpflicht-Diskussion aber wesentlich interessanter sein.
Wenn das VFG-Papier zahlreiche Erwartungen formuliert und Forderungen erhebt, erwarten Sie nicht, dass wir sie alle gleich umsetzen können. Die politische Agenda gibt Prioritäten vor, und Mehrheiten können oft nicht geknackt werden. Danke für Ihr Verständnis. Beten Sie, dass wir den richtigen Ton, die rechten Worte und schliesslich auch Gehör finden.
Lohnende Ziele
Dem Bösen wehren und das Gute fördern, Macht teilen, Gerechtigkeit üben, Verantwortung tragen, Sicherheit, Frieden und Wohlergehen fördern – das sind lohnende Ziele für ein politisches Mandat. Gerechtigkeit – zum Beispiel in fairen Handelsbeziehungen, durch die Anwendung des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (statt Steuervorteilen für Reiche und Ausländer), durch vergleichbare Chancen für Kantone im Steuerwettbewerb…
Wenn ich mich für diese Ziele einsetze, weiss ich mich in guter Gesellschaft mit Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Parteien. Lassen Sie sich auch einspannen?