Livenet-Talk zum Ukrainekrieg

«Die Kraft des Evangeliums ist im Kleinen gross»

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Stephan Maag (Bild: Livenet)
Schon öfters bereiste Stephan Maag die Ukraine und Russland und gewann dabei viele gute Freunde. Im Livenet-Talk erzählt er von seiner persönlichen Betroffenheit und fordert zum Handeln auf.

In Bezug auf den Krieg in der Ukraine fällt es vielen schwer, angemessene Worte zu finden. Stephan Maag pflegt viele Beziehungen zu Ukrainern und Russen und spricht im Livenet-Talk mit Chefredaktor Florian Wüthrich über die Situation.

Persönlich betroffen

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Stephan Maag und Florian Wüthrich im Livenet-Talk (Bild: Screenshot Livenet-Talk)
Dass es Krieg gibt, hätte Stephan schon länger erwartet, war dann aber von der Heftigkeit der Angriffe doch sehr überrascht. «Anfangs war ich sprachlos.» Wegen seiner Freunde in der Ukraine und in Russland ging ihm der Angriff besonders nahe. «Die ersten Tage stand ich unter Schock.»

Stephan berichtet von früheren, evangelistischen Aktionen, die er gemeinsam mit Ukrainern gemacht hatte. Er war in der Ausbildung ukrainischer Evangelisten involviert und führte Einsätze in der russischsprachigen Welt durch. «Sie sind mir richtige Freunde geworden.» In der Ukraine habe er sich immer wohl gefühlt und sich gefreut, wie offen die Menschen fürs Evangelium sind. «Deshalb macht es mich betroffen, wenn Menschen, mit denen ich freundschaftlich unterwegs bin und mit denen ich viele verrückte Abenteuer erlebt habe, einfach alles genommen wird, was sie zum Leben brauchen.» Konkret schildert Stephan die Situation von Freunden und wie unterschiedlich sie jetzt auf den Krieg reagieren.

Wie würden wir uns verhalten?

«In den letzten zehn Jahren haben wir über Gender-Sternchen und viele andere Dinge gesprochen, die jetzt völlig verblassen, wenn solche Aggression kommt, wenn Krieg kommt.» Stephan will sich den unangenehmen Fragen stellen: Wie würden wir uns verhalten? Es sei gut zu beten, Hilfsgüter zu spenden und Gutes zu tun. Trotzdem will er die Fragen stellen: «Wie sieht es mit bewaffnetem Widerstand als Christ aus? Darf ein Christ zur Waffe greifen? Oder muss er dies sogar tun, um das Land zu verteidigen? Soll er den Menschen in ihrer Not helfen oder soll er fliehen?»

Stephan selbst hat sich zum Standpunkt durchgerungen, dass er im Kriegsfall sich und seine Familie verteidigen würde. Trotzdem hält er fest, dass das Evangelium im Grunde zutiefst pazifistisch ist. «Als Christen sind wir gegen Gewalt und distanzieren uns davon, den christlichen Glauben mit Gewalt durchzusetzen.» Sich als Einzelperson in den Dienst des Militärs zu stellen, sei aber ein ganz anderes Thema. «Das sollte jeder für sich selbst überlegen, darüber beten und sich fragen: Wo sehe ich mich?» Er glaube, dass Gott Christen in dieser Frage durchaus verschiedene Wege führen kann.

Ukrainer: Ein geeintes und mutiges Volk

Dass Selenskyj, der junge Präsident der Ukraine, das Land derart einen kann, damit habe Putin wohl nicht gerechnet. «Damit hat wohl die ganze russische Führungsebene nicht gerechnet», glaubt Stephan, der von einer eigentlich schwachen und von Korruption unterwanderten Regierung in der Geschichte der Ukraine spricht. «Doch immer wenn ich mit Ukrainern unterwegs war, hatte ich das Gefühl, dass dies mutige Menschen sind, die für ihre Werte einstehen. Ich sehe, wie meine Freunde in der Ukraine mutig zu Jesus zu stehen. Wenn du weisst, wer du in Jesus bist, kannst du auch in schwierigen Umständen etwas bewirken.»

Einheit über Landesgrenzen hinweg

Das Gespräch im Livenet-Talk dreht sich auch um Einheit über Landesgrenzen hinweg, obwohl die Christen aufgrund radikal unterschiedlicher Berichterstattung eine ganz andere Meinung zur Situation haben. Auch in Russland habe er Freunde, die im Grunde genommen das Beste wollen.

Letztlich hält Stephan fest, dass der Mensch an sich böse ist. «Ich war selbst eingelullt von der humanistischen Haltung, dass die Welt schon gut ist. Doch dann kommt plötzlich eine ganz andere Wirklichkeit: gnadenlos und brutal.» Und genau an dieser Stelle hätten wir als Christen etwas zu sagen und zu geben.

Unser Glaube muss praktisch sein

Stephan glaubt, dass wir uns in der Vergangenheit zu stark mit abstrakten theologischen Fragen auseinandergesetzt haben und uns jetzt ganz praktisch fragen müssen, was es mit Jesus auf sich hat – gerade angesichts eines Krieges.

Mit seiner Familie hat sich Stephan entschieden, in ihrem Haus ukrainische Flüchtlinge aufzunehmen. «Schon länger leben wir mit einer afrikanischen Flüchtlingsfamilie zusammen. Doch jetzt sind plötzlich Europäer betroffen.» Das sei schon eine neue Situation. «Doch das Evangelium muss gelebt werden. Und jetzt sind wir als Gläubige gefragt, den Menschen zu helfen.» Dabei gehe es darum, das eigene Leben zu verschenken und so im Kleinen einen Unterschied zu machen. «Es ist die Kraft des Evangeliums, welche im Kleinen gross ist. Die Welt will alles im Grossen machen, aber das Evangelium wirkt im Kleinen.» Viele kleine Dinge verändern die Welt. «Das Evangelium ist praktisch. Und jetzt sind wir Gläubige gefragt, nach unserem Glauben zu leben.» Jeder habe die Möglichkeit, in irgendeiner Form praktisch zu werden – sei es auch nur in den kleinen Dingen.

Hier können Sie sich den gesamten Livenet-Talk ansehen:
 

Zum Thema:
Ukraine-Konflikt
Mit Kindern über Krieg reden: Wenn die Ukraine nach Hause kommt
Sieben Minuten: Glocken läuten europaweit für Frieden in der Ukraine
Organisation über Web-Plattform: Schweizer Kirchen helfen Flüchtlingen aus der Ukraine

Datum: 09.03.2022
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet

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