Offener Brief an Hugo Stamm

Wo bleibt Gott im Ukraine-Krieg?

Zoom
«Wenn Gott besonders gefragt wäre, glänzt er durch Abwesenheit – wie jetzt in der Ukraine.» So titelte der Journalist und bekennende Agnostiker Hugo Stamm in seinem Blog gleich nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs. Eine Antwort.

Lieber Kollege Hugo Stamm, Sie machen mit Ihrem Blog vom 26. Februar gleich nach Kriegsbeginn klar, dass Sie nicht glauben, dass Gebete für die Beendigung des Ukraine-Kriegs irgendeine Wirkung haben werden. Ihre These lautet: «Die Bibel ist für Sonntagspredigten eine gute Quelle, doch die Realität zeigt, dass Gott gerade in existenziellen Notlagen durch Abwesenheit glänzt. Er lässt die Gläubigen, die auf seine versprochene Hilfe setzen, im Stich.»

Wir Missionare

Wir haben etwas gemeinsam: Sie missionieren seit Jahrzehnten für Ihre Überzeugung, dass wir keinen triftigen Grund dafür haben, dass es einen Gott gibt, der in die Weltgeschichte eingreift. Ich missioniere dafür, dass es hinlänglich Gründe gibt, an diesen Gott zu glauben.

Die Erfahrung vieler Menschen, die vom Krieg heimgesucht werden, scheint Ihnen vordergründig Recht zu geben. Und überhaupt: Es wird wenige gläubige Christen geben, die nicht schon verzweifelt waren, dass Gott in einer schwierigen Situation nicht gleich eingegriffen und ihr Gebet erhört hat. Und doch: Seit Jahrtausenden beten Menschen – Juden und Christen – und rechnen damit, dass Gott in die Geschichte – auch in ihre persönliche – eingreift. Weshalb haben sie nicht längst aufgegeben? Weshalb lassen sie sich weder von Agnostikern noch von Atheisten oder Religionskritikern überzeugen?

Gute Argumente

Und dies, obwohl es nicht wenig einleuchtende Argumente für den Unglauben gibt. Gott greift in der Tat selten dann ein, wenn wir es für dringlich halten. Seine Souveränität, wie er in Einzelschicksale oder gar in die Weltgeschichte eingreift, überfordert gläubige Menschen oft. Wie lässt sich dennoch einleuchtend begründen, dass der grosse Theologe Karl Barth, der zwei Weltkriege miterlebt hat, auch am Ende seines Lebens sagen konnte: «Es wird regiert!»?

Souverän

Zoom
Redaktor Fritz Imhof
Die jahrtausendjährige Erfahrung zeigt: Gott handelt in grosser Souveränität. Selten dann, wenn es Menschen für nötig halten, und selten auf die Art und Weise, wie sie es im Gebet wünschen. Davon zeugen schon unzählige Geschichten in der Bibel selbst. Weshalb musste Abraham so lange warten, bis er einen Sohn bekam? Weshalb mussten die Söhne Jakobs nach Ägypten reisen, um endlich an Nahrungsmittel während der Klimakrise zu kommen? Haben sie nicht gebetet? Weshalb musste Hiob derart leiden? Weshalb heilte Jesus so viele Menschen, aber auch viele nicht?

Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen. Und doch fordert Jesus selbst seine Nachfolgerinnen und Nachfolger auf, ständig im Gebet zu sein. Und Unzählige berichten von erhörten Gebeten, auch auf unserem Portal.

Ganz anders

Offenkundig haben wir es nicht in der Hand, Gott dann zum Handeln zu bewegen, wenn es uns dringlich erscheint oder gerade passen würde. Er funktioniert nicht gemäss unseren Wünschen und unserer Regie. Also nicht so, wie er es nach der Vorstellung von Glaubensskeptikern tun sollte. Trotz seiner Liebe zu den Menschen bleibt er in seinem Eingreifen souverän und handelt oft erst dann, wenn wir es nicht oder nicht mehr erwarten. Und oft auch ganz anders. – Auch wenn er damit den Skeptikern immer wieder ein gutes Argument zu liefern scheint...

Aufrichtige Grüsse, Ihr Kollege Fritz Imhof

Zum Thema:
Ukraine-Konflikt
Keine versteckte Agenda: Wann wird der Glaube manipulativ?
Ärzte konnten ihm nicht helfen: Elfjähriger nach Gebet geheilt
Zwischen Erschütterung und Anteilnahme: «Weil Gebet mächtig ist, kann ich hoffnungsvoll bleiben»

Datum: 15.03.2022
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

Kommentare

Danke für den Artikel. Leider denken immer mehr Menschen (und auch Christen) wie Hugo Stamm, indem sie Gottes Wirken in der Welt verkennen. Gott ist nicht 'abwesend' wenn Er nicht das tut, was wir wollen. Aber wir brauchen geistliche Augen. Wahrscheinlich erleben jetzt mehr Menschen Gottes Nähe als vor dem Krieg. Ist diese Welt nicht ein Gemisch aus Gut und Böse? Ich glaube, dass die Belohnung des Guten deshalb nicht so offensichtlich ist, dass wir uns für das Gute entscheiden um des Guten willen und um Gottes Willen. Jesus ist uns da ja das beste Vorbild. Fallen wir nicht auf die westliche oder russische Propaganda herein, sondern beurteilen wir differenziert. Die Wahrheit wird unterdrückt.

Glaubensfragen & Lebenshilfe

Diese Artikel könnten Sie interessieren

Benedikt XVI.
Benedikt XVI. war nach 500 Jahren der erste deutsche Papst. Mit ihm sass von 2005 bis 2013 ein Intellektueller und Theologe von Weltformat auf dem...
Benedikt XVI.
Benedikt XVI. war nach 500 Jahren der erste deutsche Papst. Mit ihm sass von 2005 bis 2013 ein Intellektueller und Theologe von Weltformat auf dem...
Auf Platz 2 hinter China
Jeder Vierte in Deutschland bezeichnet sich selbst als nicht-religiös oder atheistisch. Das geht aus einer Umfrage in acht Nationen hervor. Nur in...
Steigende Tendenz
Der jährliche Bericht über die religiösen Gemeinschaften Israels ergibt, dass die christliche Bevölkerung um zwei Prozent gewachsen ist. Somit macht...

AKTUELLE NEWS

Benedikt XVI.
Benedikt XVI. war nach 500 Jahren der erste deutsche Papst. Mit ihm sass von 2005 bis 2013 ein Intellektueller und Theologe von Weltformat auf dem Stuhl Petri. Nun ist der Papa Emeritus im Alter von 95 Jahren gestorben.
Benedikt XVI.
Benedikt XVI. war nach 500 Jahren der erste deutsche Papst. Mit ihm sass von 2005 bis 2013 ein Intellektueller und Theologe von Weltformat auf dem Stuhl Petri. Nun ist der Papa Emeritus im Alter von 95 Jahren gestorben.
Leihmutterschaft
«Gebärmutter zu vermieten. Suche: Paar mit Kinderwunsch. Biete: Neun Monate Unterkunft für einen Embryo mit Vollpension. Miete gesamt 12000 CHF.» So könnte die Anzeige einer Leihmutterschaft, die in Europa noch verboten ist, aussehen.
Allianzgebetswoche 2023
Christen sind zur Freude aufgerufen – doch was bedeutet das? Darum geht es in der diesjährigen Allianzgebetswoche vom 8. bis 15. Januar 2023. Livenet veröffentlicht die täglichen Andachten, heute mit SEA-Generalsekretärin Viviane Krucker-Baud.
Auf Platz 2 hinter China
Jeder Vierte in Deutschland bezeichnet sich selbst als nicht-religiös oder atheistisch. Das geht aus einer Umfrage in acht Nationen hervor. Nur in China sind mehr Menschen nicht religiös.
Steigende Tendenz
Der jährliche Bericht über die religiösen Gemeinschaften Israels ergibt, dass die christliche Bevölkerung um zwei Prozent gewachsen ist. Somit macht ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung des Landes rund 1,9 Prozent aus.
Ganz ohne Angst
Locker und in jugendlicher Sprache erzählt Tabea Tacke in «Fearless – 24 mutige Vorbilder aus der Bibel» die Geschichten von zwölf Männern und zwölf Frauen aus dem Buch der Bücher.

Anzeige

Kommentar

Regula Lehmann: Empörung ist billig
Wir befinden uns inmitten der Fastenzeit vor Ostern. Livenet-Kolumnistin Regula Lehmann fastet...

Ratgeber

Zielbewusst und entspannt Gute Vorsätze für 2023
Die ruhigere Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr scheint dazu einzuladen, dass man sich überlegt...