Change! – Thesen für die Kirche

Andreas Walker: «Für das Leben in der Zukunft engagieren»

Vor 500 Jahren hatten Luther, Zwingli und Co. den Mut, Glaubenssätze und Traditionen, die von der Kirche als einzige Wahrheit verkauft wurden, zu hinterfragen. Nach wie vor sind die Kirchen reformbedürftig. Livenet bringt daher Thesen zur Inspiration. Heute hat Zukunftsforscher Dr. Andreas M. Walker das Wort.

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Andreas Walker (Bild: weiterdenken.ch)
These:

«Es ist gut, wenn Christen und Kirchen sich für das menschliche Leben der Zukunft engagieren, indem sie sich aktiv und kompetent mit den grossen Megatrends auseinandersetzen – theoretisch in Theologie und Ethik, aber auch konkret in Fachwelt und Politik sowie praktisch in Gesellschaft und Kirchgemeinde.»

Wir leben in einer Welt voller Veränderungen. Viele dieser Veränderungen geschehen nicht plötzlich, und es ist auch nicht so, dass nur Gott davon weiss – viele «Megatrends» sind bereits heute erkennbar und dienen Staat und Politik, Forschung und Entwicklung, Wirtschaft und internationalen Organisationen als Planungsgrundlagen. Auch Christen und Kirchen sind von diesen Veränderungen betroffen. Viele der anstehenden Veränderungen haben dabei einen direkten Bezug zu Kernanliegen der Bibel und zu christlichen Werten.

Es ist wertvoll, wenn wir Kompetenzen aufbauen, um mit den folgenden fünf Megatrends umgehen zu können:

  1. Die technischen Fortschritte in «Virtual Reality», «Digital Transformation» und «Artificial Intelligence» werden unser Verständnis von Arbeit, Bildung, Freizeit, Kommunikation und Beziehung stark beeinflussen. Werden sich Roboter von Maschinen zu Engeln und Halbgöttern weiterentwickeln? Werden wir demnächst zu allwissenden Computern beten, die wissen, was gut und richtig für den Menschen ist? Es ist gut, wenn wir uns in dieser Diskussion um Menschenbild und Gottesbild sowie um die Beziehung zwischen Mensch und Maschine engagieren.

  2. Die weltweite Migration wird weiter anwachsen, wir stehen am Anfang einer grossen Völkerwanderung. Dabei erwarten wir in der nächsten Generation eine Verdoppelung der Bevölkerung in Afrika; schon heute haben wir in Indien und China einen Überhang von 100 Millionen junger Buben. Wie weit geht nun unsere Verantwortung gegenüber Fremden? Es ist gut, wenn wir klären, was Heimat bedeutet und wie die biblischen Tugenden der Gastfreundschaft und des Teilens konkret aussehen sollen.

  3. Wir dürfen damit rechnen, dass wir ein biblisches Alter von über 80 Jahren erreichen werden. Dabei sind wir aber immer später Eltern geworden und bekommen immer weniger Kinder. Wie wird eine Gesellschaft aussehen, in der wirtschaftlicher Wohlstand und die politische Mehrheit bei den Senioren liegt – und die Angst der jungen Generation zunimmt, dass es für sie nicht mehr reicht? In der immer mehr Senioren als Singles leben und Kinder zur Armutsfalle werden? Es ist gut, wenn wir das Zusammenleben der Generationen klären und ermöglichen.

  4. Viele von uns fühlen sich in einer Komplexitätsfalle gefangen: Geschwindigkeit und Undurchsichtigkeit der Veränderungen überfordern uns, und die Mächtigen und Experten sind so fern und kaum verständlich. Gefühle lassen zweifeln, dass die von Medien, Politik und Wissenschaft geschilderten Fakten tatsächlich wahr sind. Viele sehnen sich nach verständlichen Erklärungen und einem Rahmen, dem sie vertrauen können. Es ist gut, wenn wir die Spannung zwischen Verständlichkeit und Populismus, zwischen Vertrauen und Naivität, erkennen und zur Klarheit beitragen können.

  5. Veränderungen bringen neue Chancen und neue Risiken. Zahlreiche haben Angst, Verlierer dieser Entwicklungen zu werden, und immer mehr sind bereit, sich emotional und aggressiv zu wehren. Es ist gut, wenn wir die christlichen Tugenden Mut, Zuversicht und Hoffnung neu als Kompetenzen entdecken und schon hier auf Erden konkret leben.

So wie damals Josua stehen wir als Christen und Kirchen heute vor einer Entscheidung: Werden wir zu passiven Opfern, die von diesen Entwicklungen überrollt werden – oder engagieren wir uns für die Lösung der anstehenden Probleme, weil wir glauben, dass unser Gott uns als Menschen liebt und dass er seine Weisheit offenbaren will?

Hinweis: Die Meinung der Autoren in der Serie «Change! – Thesen für die Kirche muss sich nicht mit jener der Redaktion von Livenet decken.

Webseite:
Zukunftsforscher Dr. Andreas Walker

Zum Thema:
Dossier: 500 Jahre Reformation
Change! – Thesen für die Kirche: Veronika Schmidt: Martin Luthers Frau als Vorbild für eine starke Frau
Change! – Thesen für die Kirche: Manuel Schmid: «Bescheidenheit braucht das Land»

Change! – Thesen für die Kirche: Debora Alder: «Wir brauchen Kirchen als Orte der Hoffnung!»

Datum: 19.01.2017
Autor: Andreas M. Walker
Quelle: Livenet

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