Ägypten: Koptische Christen unterstützen

In Ägypten werden die Kopten immer mehr zur schutzlosen Herde. Dieses Jahr sind bereits sechs koptische Christen ermordet worden. Kairo schlägt vor, dass europäische Christen wieder – wie im Mittelalter – in Ägypten auf den Spuren der Heiligen Familie pilgern und durch ihre Präsenz Christen am Nil schützen und unterstützen sollen.

Jedes Jahr im Mai und Juni, begehen die Christen am Nil das Gedenken an die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten. In Ausschmückung des Berichtes in der Bibel (Matthäus, Kapitel 2, Verse 13 bis 17) gibt es verschiedene Stationen, wo auch Feierlichkeiten stattfinden.

An erster Stelle das Kairoer Stadtkloster Ezbaweja, an dessen Stelle Maria am 24. Baschans (1. Juni) die Häscher des Herodes getäuscht haben soll. Von dort ziehen sich die legendären Gedenk- und Wunderstätten den Nil aufwärts bis Oberägypten.

Blutige Spur von Kairo dem Nil entlang

In diesem Jahr ist es jedoch eine blutige Spur mit bereits sechs ermordeten Christen und vielen Verwundeten, die sich den ganzen Monat Baschans im Gefolge der Heiligen Familie von Kairo an den Nil entlang hinaufzieht.

Im Nordosten der ägyptischen Hauptstadt wurden vier koptische Christen erschossen. Der Anschlag galt dem 60-jährigen Juwelier Makram Gamil und drei seiner Angestellten. Die Täter flüchteten anschliessend auf einem Motorrad. Während die Polizei jeden Hinweis auf einen religiösen Hintergrund der Tat vermeidet, sprechen christliche Augenzeugen von muslimischem Terror. Typisch sei auch, dass die Mörder nichts gestohlen hätten.

Ebenso bezeichnend ist der Ort der Untat: Sie geschah in Zeitun, wo bis gegen 1970 Christen und Muslime gemeinsam den "Marienbaum von Mattariah" verehrten, der nach frommer Überlieferung der heiligen Familie Schatten gespendet haben soll.

Als diesen dann im Zug der ägyptischen Re-Islamisierung unter Präsident Sadat radikale Muslime verbrennen wollten, wurden aus Zeitun Erscheinungen berichtet, die den Christen Mut gaben. Seitdem ist Zeitun eine der Hochburgen islamistischer Unrast gegen die ägyptischen Kopten geblieben.

Überfall auf Kloster

Von dort schwappte der Terror ins mittelägyptische Ägypten weiter. Bei Minya wurde das Deir (Kloster) Abu Fana überfallen. Anlass dafür war ein Erweiterungsbau der Abtei. Die Angreifer zerstörten den landwirtschaftlichen Betrieb des Klosters und brannten Gebäude nieder. Die Feuerwehr traf erst nach fünf Stunden ein. Die örtliche Polizei reagierte überhaupt nicht auf den telefonischen Hilferuf der Mönche. Es gab einen Toten und mehrere Verletzte. Pater Johannes liegt bis heute mit Kopfverletzungen im Spital.

Die neueste Bluttat ereignete sich noch weiter südlich im Dorf Dafasch, unweit vom Kloster Deir al-Muharrak, wo der mittelalterliche Pilgerweg zur Heiligen Familie endet. Dort wurde der junge Kopte Milad Ibrahim Farag von einem Nachbarn erstochen, weil er dessen junge Frau freundlich angeblickt und damit die Rechte ihres Ehemanns verletzt hätte.

Christen als Freiwild

Auch in diesem Fall spricht die ägyptische Polizei von einem persönlichen Racheakt, der nichts mit Religion zu tun habe. Doch ist bei allen drei Gewaltakten einfach nicht zu übersehen, dass eben Christen in Ägypten zunehmend wieder – nach wesentlich besseren Verhältnissen von der Mitte des 19. bis zum letzten Drittel des 20. Jahrhunderts – als Freiwild gelten und mit keinem wirksamen Schutz der Polizei rechnen können.

Staatschef entgleiten die Zügel

Sogar die halbamtliche Tageszeitung "Al-Ahram" (Die Pyramiden) weist in ihrer Ausgabe vom 12. Juni auf eine allgemeine Wiederverschlechterung der Lage der ägyptischen Christen nach dem relativ ruhigen 2006 hin. Dafür macht die Zeitung nicht zuletzt das hohe Alter und den schlechten Gesundheitszustand von Staatschef Mubarak wie des koptischen Patriarchen Schenudah III. verantwortlich. Beiden entglitten sichtlich zunehmend die Zügel, was zunächst radikale Kräfte im islamischen Lager ausnutzten.

Andererseits fühlten sich die Christen mutlos und verlassen, seit ihr Oberhirte sich mehr in deutschen und amerikanischen Spitälern als am Patriarchat in Kairo aufhalten müsse. In einem anderen Artikel unterstreicht "Al-Ahram", dass die Unterstützung gemässigter Muslime durch Menschenrechts-Gruppen nicht ausreicht, die Notlage der koptischen Christen zu beenden.

Präsenz zeigen

Im Anklang an die Neubelebung des Jakobsweges in Europa wird in Kairo vorgeschlagen, dass europäische Christen wieder – wie im Mittelalter – in Ägypten auf den Spuren der Heiligen Familie pilgern sollen und durch ihre Präsenz die bedrängten Christen am Nil schützen und unterstützen.

Datum: 17.06.2008
Quelle: Kipa

Glaubensfragen & Lebenshilfe

Diese Artikel könnten Sie interessieren

Im Iran
Viele Christen versammeln sich jeden Abend im Iran, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern und das Abendmahl zu nehmen. Im Vergleich zu einmal pro Monat...
Die fromme Chronik 2022
Nachdem wir im ersten Teil unseres Jahresrückblicks vor allem Personen und Themen in den Vordergrund gestellt haben, wollen wir uns nun eher...
Faktencheck Christentum
Die meisten Menschen waren während des grössten Teils der Menschheitsgeschichte Analphabeten. So konnte die Welt keine Fortschritte machen. Eine...
Der Rückblick auf 2022
Die Ereignisse gehen so schnell vorbei – und vergessen. Was hat die christliche Welt im Jahr 2022 beschäftigt? Wir versuchen einen – klar subjektiven...

Anzeige

RATGEBER

Zielbewusst und entspannt Gute Vorsätze für 2023
Die ruhigere Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr scheint dazu einzuladen, dass man sich überlegt...