Lebenswende

Der neue Pius

Der jahrelange Kampf gegen die Drogen war erfolgreich. Pius Fischer fühlt sich quicklebendig und „wie neugeboren". Doch er musste weit unten durch.

Wer Pius Fischer heute begegnet, würde seine Vergangenheit kaum erahnen. Der 43-jährige Aargauer arbeitet als Automechaniker, ist mit Claudia verheiratet und befasst sich auch privat mit dem Motorsport. Teilweise als Autorennfahrer, und sonst als Rallye-Assistent.

Die Rallye seines Lebens liegt allerdings schon etliche Jahre zurück - mit ihm selbst in der Hauptrolle und nicht nur als Assistent. Lange Zeit waren Drogen, wie er es heute ausdrückt, „sein Weg zur Hölle".

Tiefpunkt an Silvester 1991

Das Jahresende 1991 verbringt Pius Fischer im Haus einer christlichen Gemeinschaft in Schiltach im Schwarzwald. Er schreitet die steile lange Treppe hinunter, gefolgt von seiner damaligen Freundin. Kurz vorher haben sie auf dem Klo Heroin konsumiert. Das Pulver mit sehr hohem Reinheitsgrad zeigt seine Wirkung: eine Hitzewelle durchströmt seinen Körper.

„Ich war am Ende meiner Kräfte, finanziell und seelisch ausgebrannt, am Punkt angelangt, wo ich mich selbst verkaufen würde ...", beschreibt Pius Fischer diesen Tiefpunkt seines Lebens. Wie ein Krümel auf dem Teppich habe er sich gefühlt.

Sieben Jahre hinterlassen ihre Spuren

Irgendwie sei die Predigt jenes Abends in der christlichen Gruppe dann doch in seine betäubten Sinne gedrungen, erzählt er rückwirkend. Seine Freundin und er seien sich bewusst geworden, dass etwas geschehen müsse, damit sie nicht draufgehen.

Seit sieben Jahren waren sie nun drogenabhängig; die letzten zwei Jahre davon hatten sie gesnifft, geraucht und Heroin gekickt, „was das Zeug hielt". Ihr sauer verdientes Monatseinkommen von 2500 bis 3000 Franken sei umgehend bei ihren Dealern gelandet.

Begegnung mit dem Prediger

Plötzlich geht die Tür auf, und der Mann steht ihnen gegenüber, der vorher vor allen Leuten gepredigt hat. Er fragt die beiden, wie es ihnen gehe. In seiner Hand umklammert Pius ein Brieflein Stoff. In ihm tobt ein stürmischer Kampf. Doch dann erlebt er einen ersten persönlichen Sieg: "Ich wollte erleben, dass Jesus wirklich frei macht, wie es dieser Mann gesagt hat!"

Nach der Begegnung hat er das Gefühl, als ob ihn ein warmes Feuer umgibt und sein kaltes Herz auftaut. Er erzählt dem Prediger, dass er Drogen bei sich hat. Sie gehen zu einer Vertrauensperson. „Jetzt kommt es drauf an; alles oder nichts", schiesst es ihm durch den Kopf - süchtig bleiben oder frei werden. Nach einigem Zögern gibt er jener anderen Person das Zeug, damit sie es vernichtet. Daraufhin durchströmt ihn ein Friede wie ein Strom und eine Kraft, die, wie er sagt, zum Bäume-Ausreissen gereicht hätte.

Rückfall und Neuanfang

Pius Fischer möchte frei werden von den Drogen. Der körperliche Entzug bedeutet anfangs aber: Schüttelfrost, Gliederschmerzen, schlaflose Nächte. Es geht ihm noch zu gut, um konsequent auf Drogen zu verzichten. Beim Gedanke, neuen Stoff zu konsumieren, schüttelt es ihn aber richtiggehend durch, worauf er auf weitere Drogen verzichtet.

Zwei Tage später, am 2. Januar 1992, reist er mit seiner Freundin zurück in den Aargau. Zu Hause bestellen sie für 50 Franken Stoff. Eine Begleitperson entdeckt das Zeug noch rechtzeitig und entreisst es ihnen. Ein regelrechter körperlicher und geistlicher Kampf entbrennt.

 

In dieser Nacht trifft Pius eine klare Entscheidung für Jesus. Die nächsten anderthalb Jahre darf er bei einer - wie er sie nennt - „herzensguten" Familie leben. Obwohl er noch einige Rückfälle erlebt, fühlt er sich „völlig frei von Drogen".

 

Gottes Liebe erfahren

Pius macht in dieser Zeit die Erfahrung, dass Gott ihn liebt. Auch habe ihm Gott gezeigt, dass er einen Plan für sein Leben habe. Seine damalige Freundin wird ebenfalls frei von der Drogen. Trotzdem gibt es für Beide noch einige Rückfälle. Pius beschliesst schweren Herzens, sich von ihr zu trennen.

 

 

Nach einiger Zeit trifft er sie aber wieder, und sie beschliessen zu heiraten. Doch er erkennt die Gefahr, dass sie sie einander wieder runterziehen könnten, und löst die Verlobung unter Schluchzen auf. Er bereut es, dass er nicht auf Ratschläge von Leuten in der Gemeinde gehört hat. Wieder hat er das Gefühl, auf eine falsche Spur geraten zu sein. Doch er findet sich wieder zurecht.

Das neue Leben

Inzwischen ist Pius schon über 13 Jahre mit Claudia verheiratet. Seit bald 16 Jahren kommt er ohne Drogen aus. Seit etwa sieben Jahren besuchen sie die Vineyard-Gemeinde in Aarau, wo Pius jahrelang im Worship-Team mitmachte. Er und Claudia haben sich auch über Jahre in der christlichen Kinderarbeit engagiert. Seit 2006 wohnen sie in Reitnau.

Während Claudia als Fachfrau für Betreuung arbeitet, hat er seit einem halben Jahr einen neuen Job als Automech. In einem Aarauer Park dort trifft er mit Leuten von der Vineyard-Gemeinde ab und zu auf Junkies und versucht, ihnen mit seiner Lebenserfahrung zu helfen. Kürzlich hat er Kontakt aufgenommen zur
Zürcher Milieuarbeit Heartwings von Peter und Dorothée Widmer. Eine ähnliche Arbeit wird jetzt auch im Aargau von Pius und Leuten der Vineyard gemacht.

 

„Die Ehre gebührt Gott allein" ist das Fazit von Pius, wenn er bedenkt, wie sich sein Leben verändert hat.


Autor: Rolf Frey
Quelle: Livenet.ch

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