Barbara und David Studer (Bild: Fenster zum Sonntag)
Die Neuropsychologin Barbara Studer ist mit dem zweiten Kind schwanger, als ihr Mann eine Hirnblutung erleidet. Nun wird ihr Fachgebiet zum persönlichen Thema. Acht Jahre später erzählen sie, wie sie diesen Einschnitt in ihren Alltag erlebt haben.
Ein zunehmendes
Taubheitsgefühl im Bein veranlasst den Unternehmensberater David Studer, sich
untersuchen zu lassen. Das MRI zeigt zwei Kavernome, eingekapselte
Hirnblutungen, eines im Kleinhirn, eines am Hirnstamm. «Wäre es wenige
Millimeter grösser gewesen, hätte es meinen Tod verursacht», erklärt David.
Die
erste Reaktion des damals 31-Jährigen: «Das stehe ich durch, es wird wieder gut». Er wird
sofort auf die Intensivstation verlegt und später operiert. Auch Barbara bleibt
zuversichtlich: «Wir packen das!» Sie haben ein gutes Umfeld, werden von
Familie und Freunden unterstützt. Und ihre Beziehung zu Gott verleiht ihnen
Zuversicht.
Vielfache
Herausforderungen
Barbara
arbeitete als Dozentin und Forscherin an der Uni Bern und baute daneben das Startup Hirncoach.ch auf. David hatte im Militär und Beruf Karriere gemacht, arbeitete
als Unternehmensberater. Das Paar hatte eben ein Haus gekauft und erwartete das
zweite Kind. Als Neurowissenschaftlerin weiss Barbara genau, was eine
Hirnoperation bedeutet: «Es gibt immer Beeinträchtigungen – auch bleibende.» Und
David steht dazu: «Ich bin heute nicht mehr der Gleiche wie vor der OP.» Sein
Gleichgewichtssinn hat gelitten. «Ich bin sehr gern Velo gefahren, und es tut
weh, wenn mich einer mit seinem Rennvelo überholt», gesteht er.
Aber er ist
dankbar, dass er überhaupt noch Velo fahren kann. Seine rechte Körperhälfte ist eingeschränkt,
er sieht und hört nicht mehr gleich gut wie vorher. «Ich bin wie ein Handy mit
einer schlechten Batterie», erklärt David. Er braucht immer wieder Pausen, um
sich zu erholen. Sein Hirn muss ständig kompensieren, das kostet ihn viel
Kraft. Sich täglich damit zu arrangieren, sei eine Herausforderung.
Wieder
zueinander finden
Doch wie hat sich das Ganze auf ihre Ehe ausgewirkt? «Die Hirnblutung
stellte unsere Beziehung auf den Kopf», sind sich die beiden einig. «Wir
mussten wieder ein Ja zueinander finden.» Barbara hat Patienten auf der
Neuro-Rehabilitation erlebt, deren Persönlichkeit sich stark verändert habe: «Ihr
äusseres Erscheinungsbild, die Postur, sie sassen im Rollstuhl.» Dies sei bei
David nicht der Fall, das habe ihr die Entscheidung erleichtert. Es gebe
Bereiche, die sich verändern lassen, andere müsse man akzeptieren. «Er war
nicht mehr der Mann, den ich geheiratet hatte», stellt Barbara klar. «Aber wenn
ich wieder ja sage zu ihm, dann muss das gelten!»
Auch die beruflichen
Engagements hätten sich verändert. Sie ist weiterhin berufstätig, David
verbringt viel Zeit zuhause und in verschiedenen Therapien. Das ist für beide
eine Herausforderung. Sie haben nun drei Kinder, und er sagt: «Entscheidend
ist, was ich aus diesem neuen, veränderten Leben mache.» Barbara sieht das
gleich. Erkenntnisse aus ihrem Forschungsalltag und der praktischen Arbeit als
Hirncoach helfen ihr dabei: «Achte auf deine Gedanken – sie verändern deine
Gefühle, deine Persönlichkeit und damit deine Realität», betont sie.
Nicht
hinunterschauen
«Wer in einer Felswand
klettert, schaut nach der nächsten Möglichkeit zum Aufstieg», führt David aus.
Wenn er nach dem Eingriff nur auf seine Einschränkungen geschaut hätte, wäre
wohl Panik aufgekommen. Aber er schaue vorwärts und mache einen Schritt nach
dem anderen.
Seine Frau und er erleben ihr Gottvertrauen als grosse Ressource.
«Das befähigt zu vielem, zum Beispiel auch zur Vergebung», erklärt Barbara. Die
Beziehung zu Jesus gebe ihr Hoffnung: «Ich glaube an eine Sinnhaftigkeit, Gott
hat uns zu einem Zweck geschaffen.» David ergänzt: «Gott meint es gut mit mir, daran
habe ich nie gezweifelt.» Seine Situation sei schwierig, aber er fühle sich
getragen. Es tut ihm gut, wenn Menschen für ihn beten, er spürt dann, dass Gott
bei ihm ist. «Ich habe einen weiteren Horizont als das Leben hier auf Erden.»
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