Dietrich Bonhoeffer mit Konfirmanden 1932 in Friedrichsbrunn (Bild: Wikimedia)
«Mit Zuversicht und Gottvertrauen setzte sich der Theologe
Dietrich Bonhoeffer gegen die Barbarei des Dritten Reiches zur Wehr.» Markus
Somm erklärt in der «Sonntagszeitung», was ihn – als einen von wenigen – dazu
motivierte.
Er schrieb seiner Verlobten
kurz vor Weihnachten 1944 einen Brief aus dem Gefängnis in Berlin und fügte ein
Gedicht bei, besser: «Ein Gebet zum Ende eines schlimmen Jahres», beschreibt
«Nebelspalter»-Chefredaktor Markus Somm in einer Kolumne in der Sonntagszeitung
vom 25. Dezember die Entstehungsgeschichte des bekanntesten Textes von Dietrich
Bonhoeffer: «Von guten Mächten treu und
still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch
leben und
mit euch gehen in ein neues Jahr.»
Mag
kommen, was da will
«Als Bonhoeffer das schrieb,
musste er befürchten, dass er schon am nächsten Tag tot sein würde, umgebracht
von einem Gefängniswärter oder einem Erschiessungskommando der SS», schreibt
Somm weiter, «und dennoch kenne ich kaum einen Text, der sich, unter so
schweren Umständen entstanden, so leicht anfühlt: Zuversicht und Gottvertrauen.
Mag kommen, was da will. Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass es Gott
gibt, dann bestünde er in dessen Wirkung auf den Menschen in Not: Niemand
tröstet so unendlich, niemand bringt die besten Seiten des Menschen zum
Vorschein wie Gott, niemand macht ihn schöner und gibt ihm mehr Würde.»
Ohne
Glauben kaum zu erklären
Bonhoeffer hatte ziemlich von
Anfang an klar Stellung gegen die Nazis bezogen. Seine Inhaftierung war auf
Dauer unvermeidlich. Als er den Text schrieb, hatte er seit mehr als einem Jahr
«in diversen Kerkern der Nazis» gesteckt, «er war gedemütigt, verhört und
sicher auch gefoltert worden». Er kam nie mehr frei. «Warum wehrte sich
Bonhoeffer – als einer der wenigen Deutschen – gegen die Barbarei?», fragt Somm
und gibt selbst die Antwort: «Ohne seinen Glauben ist das kaum zu erklären.
Gewiss, auch er wartete zunächst ab, und doch ist es erstaunlich, wie früh er
einsah, dass man als Christ nicht im Dritten Reich leben konnte, ohne Christus
selbst zu verraten.» Bonhoeffer hatte schon früh erkannt: «Dann müssen wir uns
nicht wundern, wenn auch für unsere Kirche wieder Zeiten kommen werden, wo
Märtyrerblut gefordert werden wird.»
Nicht
fliehen
Bonhoeffer verliess 1933
Deutschland, um in London eine Pfarrstelle zu übernehmen – so hätte er als
einer, der nicht zu den gleichgeschalteten «deutschen Christen» gehören wollte,
der Gefahr entgehen können. Aber 1935 kehrte er nach Deutschland zurück – nicht
zuletzt auf den Ruf des Schweizer Theologen Karl Barth hin, der allerdings
selbst von Bonn nach Basel, also in die sichere Schweiz, wechselte. Barth
bereute es später, Bonhoeffer zur Rückkehr geraten zu haben.
Mehrmals
aufgehängt
Somm beschreibt das Ende
Bonhoeffers: «Am 5. April 1945, vier Wochen vor Kriegsende, ordnete Hitler an,
alle Widerstandskämpfer noch hinzurichten. Torschlusspanik. Nach einem
Standgericht, das allen rechtsstaatlichen Grundsätzen Hohn sprach, wurde
Bonhoeffer am 9. April im KZ Flossenbürg erhängt. Vorher hatte man ihn nackt
ausgezogen. Die Hinrichtung dauerte sechs Stunden, da man Bonhoeffer, jedes
Mal, wenn er am Ersticken war, vom Galgen nahm, worauf ein Arzt ihn
wiederbelebte. Dann hängte man ihn noch einmal – und noch einmal.
«Von
guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten
wir getrost, was kommen mag.
Gott
ist bei uns am Abend und am Morgen
und
ganz gewiss an jedem neuen Tag.»