Das Gebet eines Christen ist immer ein freiwilliges Gebet, niemals ein Pflichtgebet. Der Heilige Geist bringt in einem Menschen den Wunsch hervor, sich im Gebet mit allen Anliegen an Gott zu wenden. Es ist ein persönliches Gespräch mit Gott und ein grosses Vorrecht, denn der Sünder ist nicht würdig, vor Gott zu treten. Nur weil Jesus den Betenden vor Gott vertritt und ihn reinigt von «aller Ungerechtigkeit» (Die Bibel, 1. Johannesbrief, Kapitel 1, Vers 9), darf er vor Gott treten, vor den «Thron der Gnade» (Hebräer 4,16).
«Papa unser im Himmel»
Jeder, der beten möchte, kann sich jederzeit und überall mit allen Anliegen an Gott wenden. Gott antwortet dem Beter, während das Gebet im Islam eher eine «Einbahnstrasse» darstellt. Weil Gott der Vater seiner Kinder ist, erhört er ihre Bitten. Besondere Verheissungen Gottes liegen auf dem einmütigen gemeinschaftlichen Gebet von Gläubigen (Matthäus 18,19-20). Gottes Kinder können sich an Gott mit der vertrauten Anrede «Lieber Papa» («Abba, lieber Vater», Römer 8,15) wenden. Was könnte grössere Nähe, Vertrautheit, Fürsorge und Liebe ausdrücken? Im Islam dagegen ist Gott nicht der Vater, sondern nur der Schöpfer der Menschen, der sich niemals auf die Ebene des Geschöpfes herabbeugen könnte.
Die innere, nicht die äussere Haltung entscheidet
Weder im Alten noch im Neuen Testament gibt es Anweisungen, wie oft und mit welchen Formulierungen ein Christ zu beten habe. Es gibt zwar Gebetstexte wie z. B. die Psalmen oder Jesu Gebete, aber keine Bestimmungen, die alle Christen befolgen müssten. Jesus selbst verwirft die Vorstellung, das Gebet müsse in eine bestimmte Richtung oder an einem bestimmten Ort (Johannes 4,21) gesprochen werden, denn Jesus selbst ist der Weg zu Gott (Johannes 14,6).
Das Reich Gottes gewinnt in den Herzen der Menschen Raum, nicht dort, wo ein Ritus vollzogen wird. Es gibt keine vorgeschriebenen Gebetszeiten, keine Anzahl der Gebete, keine Körperhaltung, keine bestimmte Kleidung, keine Waschungen, keine Gebetsform und keine vorgeschriebene Sprache, in der gebetet werden muss, um das Gebet angenehm vor Gott oder «gültig» zu machen. Entscheidend ist die innere Einstellung des Beters, nicht seine korrekt formulierten Worte. Sein Gebet soll ernsthaft sein, er soll im Glauben beten (Matthäus 21,22; Jakobus 1,6), in demütiger Haltung (Jakobus 4,6; Lukas 18,13) und anderen vergeben, so wie Gott ihm vergibt (Matthäus 6,14-15).
Das Wasser der rituellen Waschungen macht nach biblischer Auffassung nicht rein vor Gott: Reinheit kann nur durch Blutvergiessen erreicht werden (Hebräer 9,22), und zwar nur durch das Blut Christi (Hebräer 10,14). Und schliesslich wirkt nach biblischer Auffassung das Gebet im Jüngsten Gericht auch nicht mit, dass der Mensch vor Gott bestehen kann, also errettet wird. Das geschieht allein aus Gnaden durch Glauben (Römer 5,1-2; Galater 3,11-14).