«Gott
scheint sich nicht um meine Probleme zu kümmern!» Wenn unsere Gebete für gute
Dinge nicht erhört werden, bleiben Fragen offen. Gott nicht zu verstehen, kann
aber der Anfang von etwas Neuem sein.
«Immer wieder habe ich Gott um eine gute Sache gebeten»,
sagt jemand. «Doch er hat nichts getan.» Fehlende Gebetserhörungen – wer kennt
sie nicht? Die Frage ist dann, welche Schlüsse wir daraus ziehen. Sind Gott
meine Anliegen egal? Glaube ich zu wenig? Müsste ich ein besseres Leben führen,
damit Gott meine Gebete erhört? Enttäuschte Menschen stellen oft Gottes Liebe und
zuweilen sogar seine Existenz in Frage.
Wenn Gott unsere Erwartungen nicht erfüllt
Nichts erschüttert den Glauben an einen liebenden
Gott so sehr, wie das Ausbleiben seines erwarteten Handelns. Eine Frau, die
inständig um Heilung für ihren krebskranken Ehemann betete und jetzt doch mit
ihren zwei kleinen Kindern an dessen Grab steht, kann tatsächlich von Gott
enttäuscht sein. Wenn Gott wirklich voller Liebe und gleichzeitig allmächtig
ist, weshalb hat er dann nicht eingegriffen?
Auf solche Fragen gibt es viele gut klingende
Erklärungen, welche für Betroffene aber selten eine Hilfe sind. Es gibt keine
einfachen Antworten und enttäuschte und/oder traurige Menschen fühlen sich mit
ihren quälenden Fragen allein.
«Hilfe, ich verstehe Gott nicht!»
Wenn Gott nicht wie erwartet handelt, sind wir
enttäuscht. Von Gott enttäuscht! Und irritiert. Wir glauben, Gott nicht mehr
zu verstehen. Doch genau hier müssen wir kurz innehalten: Haben wir Gott jemals
verstanden? Gott ist grösser als wir uns vorstellen können und seine Gedanken
sprengen unser Vorstellungsvermögen. Wenn wir also Gott und sein fehlendes
Eingreifen nicht verstehen, ist dies ein Beweis dafür, dass er grösser ist als wir
denken.
«Hilfe, ich verstehe Gott nicht!» ist ein ganz
natürlicher Ausruf. Wir erkennen damit an, dass Gott nicht in unser
beschränktes menschliches Denken passt. Diese Tatsache anzuerkennen, mag für
einen enttäuschten oder trauernden Menschen zwar nur beschränkt Trost
vermitteln, gibt aber die Möglichkeit, mit Gott im Dialog zu bleiben.
Das grosse Unverständnis
Jesus hatte eine Gruppe von zwölf Männern um sich
geschart. Gemeinsam zogen sie durchs Land und die Jünger wurden Zeugen
spektakulärer Wunder und herzerwärmender Reden. Inzwischen war klar, dass ihr
Meister eine Schlüsselperson der Menschheitsgeschichte war – und sie durften dabei
sein.
Ihre Erwartungen: Jesus würde Israel von der
römischen Besatzungsmacht befreien und zu grösserem Glanz bringen, als dies
unter den Königen David und Salomo der Fall war. Die Jünger fragten sich schon,
welche Rolle ihnen dabei zuteilwerden würde. Doch es kam anders: Die Juden
erhoben sich gegen Jesus und lieferten ihn an die Römer aus, welche ihn wie
einen Schwerverbrecher hinrichteten. Wie gross musste die Enttäuschung gewesen
sein, als der Leichnam in ein Grab gelegt wurde. Alle Träume waren geplatzt.
Wie konnte das passieren? War Gott sein eigenes Projekt entglitten? Auch
zahlreiche andere Anhänger von Jesus waren zu diesem Zeitpunkt von Gott
enttäuscht.
Gott entgleitet nichts
Heute wissen wir, dass das Sterben von Jesus
keine Panne und Gottes ausbleibende Rettung fester Bestandteil seines Plans
war. Jesus wurde vom Tod auferweckt! Sterben und Auferstehung wurden zu den
wichtigsten Ereignissen, die unsere Erde jemals gesehen hat. Heute wissen wir
das. Doch wie muss es den Jünger am Karsamstag zumute gewesen sein? Sie konnten
Gottes Handeln, welches unmittelbar vor ihren Augen abspielte, nicht sehen.
Auch wir verstehen Gottes (ausbleibendes) Handeln
oft nicht. Eines dürfen wir aber wissen: Er ist immer bei uns. Im Gegensatz zu
uns, reicht seine Perspektive viel weiter als ein Menschenleben. Gott denkt
ausserhalb unserer Beschränkungen von Raum und Zeit. Trotzdem versteht er
unsere Sicht und wir dürfen davon ausgehen, dass er durchaus versteht, wenn wir
zuweilen enttäuscht sind.
Die Enttäuschung ist Chance auf Neuanfang
Wenn Christen von Lebenserfahrungen berichten,
wiederholt sich eine Sache immer wieder: Gerade in Zeiten, als sie Gott nicht
verstanden, lernten sie ihn besser kennen. Im Kampf um ihren Glauben lernten
sie ihren Schöpfer auf ganz neue Weise kennen. Wie oft ist dann etwa Folgendes zu
hören: «So schwer diese Zeit auch war, möchte ich sie nicht missen. Mein Glaube
ist tiefer und lebendiger geworden!»
Sprechen wir mit Gott darüber, wenn uns jedes
Verständnis für sein Handeln fehlt. Haben wir dabei aber im Hinterkopf, dass es
unmöglich ist, Gott zu verstehen. Doch auch ohne ihn vollends zu verstehen,
dürfen wir ihn kennenlernen. Dies ist möglich durch das Sterben von Jesus, auch
wenn die Jünger damals kein Verständnis dafür hatten.