Bei Katastrophen
suchen wir Menschen immer nach einer Erklärung. Die zerstörerische Kraft eines
Erdbebens oder eines Tsunami versuchen wir zu verstehen. Auf unsere Fragen nach
dem Warum erhalten wir jedoch keine befriedigende Antwort – und wir bleiben mit
unseren Fragen allein.
In diese Situation hinein stellt der Theologe und
Lebensberater Jens Kaldewey die herausfordernde Aussage: «Gott ist grösser als
jede Katastrophe!» Seine Thesen, die er anhand der Geschichte von Hiob in der
Bibel begründet, veröffentlichen wir hier in einer mehrteiligen Serie.
Das Erdbeben in Japan und die nachfolgenden grossen Flutwellen
hatten eine unheimliche, zerstörerische Macht. Die Flut zerstörte alles, was
sich ihr in den Weg stellt. Das Erdbeben hat wesentlich zu einer der grössten
nuklearen Katastrophen beigetragen. Das wirft Fragen auf und verlangt nach
Erklärungen.
Wir brauchen keine Erklärung, wir brauchen etwas Grösseres
«Das
Meer tobte, es tobte und toste mit Gebrüll – und immer noch möchte es toben,
das Meer! Mächtig ist das Brüllen des
Meeres, mächtiger noch sind seine Wellen, doch am mächtigsten, Herr im Himmel,
bist du!» (Die Bibel, Psalm 93, Verse 3 – 4)
Mächtiger als das Tosen gewaltiger
Schicksalsschläge und wuchtiger Katastrophen, mächtiger ist der Herr in der
Höhe! Das zeigt uns zum Beispiel in eindrücklicher Weise die Geschichte von
Hiob aus dem Alten Testament.
Hiob, ein gottesfürchtiger und bewährter
Mann, von dessen Lebensgeschichte sich der bekannte Begriff «Hiobsbotschaft»
ableitet, wurde von schrecklichen tsunamiähnlichen Katastrophen getroffen. Die
erste Welle, in Gestalt eines Unwetters, tötete seine sieben Söhne und drei
Töchter mit einem Schlag. Die zweite Welle, in Gestalt feindlicher Truppen,
tötete alle seine Knechte und raubte seinen gesamten Viehbestand. Die dritte
Welle, in Gestalt einer heimtückischen Krankheit, überzog seinen Körper mit
eiternden Geschwüren. Die vierte Welle, die meistens übersehen wird, spülte die
Gemeinschaft mit seiner Frau weg, die ihn angriff und (sinngemäss) sagte:
«Fluche Gott und stirb! Was nützt dir jetzt deine Frömmigkeit, du Dummkopf!»
Quälende tiefsinnige Erklärungsversuche
Vier alte Freunde besuchten ihn und
quälten ihn mit tiefsinnigen Erklärungen. Für den einen war klar, dass Leiden
unfehlbar die Folge der Sünde ist. Hiob, tue Busse! Ein anderer war etwas
vorsichtiger, blieb aber dabei, dass bei Leiden grundsätzlich Gott im Recht ist
und der Mensch immer im Unrecht. Der dritte wusste es ganz genau: Hiob hätte
eigentlich noch Schlimmeres verdient. Der vierte klang schon etwas
seelsorgerlicher: Hiobs Leiden sind eine Erziehung, Gott bedient sich ihrer, um
Hiob zu reinigen und zu läutern.
Hiob wurde
nicht getröstet, im Gegenteil. Diese Erklärungen waren für ihn «oberfaul». Er
war sich keiner Schuld bewusst und wollte sich auch keine einreden
lassen. Er war so verzweifelt dass er sich in eine Auseinandersetzung mit Gott
einliess und zum Ausdruck brachte: «Gegen dich Gott, komme ich nicht an. Gegen
dich habe ich keine Chance.» Viele empfanden und empfinden ähnlich. Doch die
meisten fangen dann an, sich über Gott zu beklagen, anstatt sich direkt an Gott
zu wenden, ihn als Gegenüber zu behalten, wie Hiob es tat.
Gott steht
über unserem Elend
Was tut Gott? Gott erklärt nichts, sondern
offenbart seine Grösse. Er zeigt Hiob in einer langen Rede seine unvorstellbare
Schöpferkraft, seine gewaltige Majestät und Erhabenheit. «Hiob, wo warst du,
als ich die Erde gründete...?!» Mit keinem Wort geht Gott auf die Katastrophen
ein. Und Hiob antwortet schliesslich: «Ich weiss jetzt, dass dir nichts unmöglich
ist; denn alles, was du planst, führst du auch aus. Du fragst, warum ich deinen
Plan anzweifle und rede ohne Wissen und Verstand. In meinem Unverstand hab ich
geredet von Dingen, die mein Denken übersteigen. Du hast mich aufgefordert,
zuzuhören und dann auf deine Fragen zu erwidern. Ich kannte dich ja nur vom
Hörensagen; jetzt aber hat mein Auge dich geschaut. Ich schäme mich für alles,
was ich sagte; in Staub und Asche nehm ich es zurück.» (Die Bibel, Hiob,
Kapitel 42, Verse 1-6)
Hiob war zu diesem Zeitpunkt noch nicht
geheilt, geschweige denn die Wiederherstellung seiner Verluste! Aber das Entscheidende,
das offensichtlich Wichtigere war geschehen: Hiob gab seinen ohnmächtigen Zorn
gegen Gott auf. Er beugte sich unter die Grösse Gottes, dies aber nicht
gezwungen und widerwillig, sondern echt, von Herzen. Das ist gut spürbar im
Buch Hiob.
Eines hat Hiob nachher gewusst, ebenfalls
seine Freunde: Gott ist grösser als dieses Elend. Später folgte die
vollständige Wiederherstellung seines Lebens in jeder Beziehung. Das gilt auch
für heute: Mächtiger als das Tosen gewaltiger Wasser und wuchtiger Brecher des
Meeres, mächtiger ist der Gott in der Höhe.
Autor: Jens Kaldewey Quelle: Jens Kaldewey / Überarbeitet durch Jesus.ch