«Dies ist Nazareth, die Stadt, in der alles begann.» Im Mai wird in Galiläa der «Gospel Trail» eröffnet – eine weitere Touristenattraktion im Heiligen Land.
«Israel ist das einzige Land, in dem die Bibel zum Reiseführer wird», schwärmt Noaz Bar-Nir, Generaldirektor des Tourismusministeriums bei einer Promo-Tour. Hier kann man «sehen, was Jesus gefühlt hat». Für Rafael Ben-Hur, Vizedirektor der Behörde, ist klar: «Dies ist der wahre Evangeliumsweg.» Eigentlich handelt es sich um einen sehr alten Weg. Neu ist der Ausbau. Hohe Stelen mit einem gelben Anker auf grün-blauem Grund markieren die Route durch die biblische Landschaft. Handläufe sichern steile Passagen.
60 Kilometer durch biblische Landschaft
Ausgangspunkt des rund 60 Kilometer langen Wanderwegs, der Nazareth mit dem See Genezareth verbindet, ist der «Berg des Absturzes» bei Nazareth. Sein Name verweist auf jene biblische Episode, nach der eine aufgebrachte Menge Jesus hinabstürzen wollte. Vorbei am Berg Tabor - der Überlieferung nach Ort der Verklärung Jesu - und den Hörnern von Hittim, an denen Saladins Truppen die Kreuzfahrer besiegten, geht es über den Arbel-Berg ans Nordwestufer des Sees. Hier verbrachte Jesus den grössten Teil seines öffentlichen Wirkens.
Durch Migdal - das antike Magdala -, Tabgha und über den Berg der Seligpreisungen führt der Weg nach Kapernaum. Dort warten am eigens angelegten Dock "Jesusboote", dem 1986 im See gefundenen Boot römischen Ursprungs nachempfundene Holzschiffe. Eine Fahrt auf dem See, so das Tourismus-Ministerium, sei der «spirituelle Höhepunkt» der Reise. Wie zum Beweis wird der katholische Bischof Marcuzzo gebeten, auf dem See mit den Gästen Gottesdienst zu feiern.
Im Wettstreit
Der Wettstreit um christliche Touristen im Norden ist gross. Seit 2007 führt ein privat initiierter «Jesus Trail» von Jesu Heimatstadt an den See. «Der Name ist nicht so wichtig», sagt Jesus-Trail-Mitbegründer Maoz Inon im Blick auf die neue Konkurrenz. Aber er kritisiert, zwei ähnliche Wege sorgten für Verwirrung beim Publikum. Geebnete Wege, Pausenplätze und Sicherheitsabsperrungen: Das alles, findet Inon, nimmt dem Pilgern seine Authentizität und schädigt die Umwelt. «Jesus hat auch nicht den Bus genommen», meint der Wegbereiter des Jesus-Trails. Kritik, die der Projektleiter des Gospel-Trails, Amir Moran, zurückweist. Schliesslich soll der Weg «für jeden» etwas sein, «nicht nur für sehr Religiöse oder Wanderbegeisterte».
Vor allem gruppentauglich
In erster Linie soll der Weg gruppentauglich sein. Schliesslich kommen 94 Prozent der christlichen Pilger - und damit ein erheblicher Anteil von Besuchern überhaupt - mit organisierten Gruppenreisen ins Land. Das neue Angebot umfasst auch Alternativ-Routen für Rad- oder Buspilger sowie Ergänzungsstrecken für jene, denen 60 Kilometer als sportliche Herausforderung nicht genügen.
Der Kirchenvertreter unterstützt jedoch die klassische Wander-Variante: Die heiligen Stätten erfahre der Besucher «erst im Laufen, im direkten Kontakt mit der Realität und den einheimischen Christen», erklärt Bischof Marcuzzo, mit einem weiss-gelben Vatikan-Käppchen als Sonnenschutz bewaffnet, beim Abstieg vom Berg des Absturzes. Auf diese Weise soll auch die Einheit unter den Christen wachsen.
Datum:
24.04.2011 Autor: Andrea Krogmann Quelle: Livenet / Kipa