Seit einigen Jahren steigt das Bedürfnis nach „Cowboy-Kirchen“. Inzwischen gibt es etwa 600 solcher Kirchen in der USA. “Wir wollen Kirchen, wo man so kommen kann, wie man ist”, meint der Farmer Shannon Moreland, “wenn es sein muss, auch in dreckigen Jeans”.
„Es gibt enorm viele ‚Old West Culture’ Leute hier, die die Werte des guten alten Westens in sich tragen, ‚ein Mann ein Wort’ und so“, erzählt Gemeindegründer Ron Nolen. Die Leute besitzen nicht unbedingt alle Pferde, aber ihre Werte und ihre Kultur verbindet sie: Familie, Verbindlichkeit, ein Zuhause, Heimat.“ „Es gibt Millionen von Menschen mit diesen Werten.
Die Idee für eine Cowboykirche kam, als ich mit meinem Sohn Matt bei einem Lassowettkampf war, bei dem Stiere von Zweierteams in kürzester Zeit eingefangen werden sollten, dem sogenannten roping“, so Nolen. „Als ich mit anderen Vätern dort sprach, stellte sich schnell heraus, dass viele der Besucher solcher roping-Veranstaltungen nicht in die Kirche gingen, weil sie dachten, dass das nichts für sie sei. Sie fühlten sich nicht wohl in den schicken Kirchengebäuden, und so musste etwas Rustikaleres her: eine Lagerhalle mit Betonboden. Bürgerliche Kleidung, das ‚Betteln’ um Geld und die ewigen Altarrufe wurden auch als Hindernisse gesehen.“ Nolen predigt heute mit einem Cowboyhut, der wird nur zum Beten abgenommen. Und ein Opfer kann man auch in der Cowboy-Kirche loswerden. Der Opferstock? „Ein umgedrehter Cowboyhut, natürlich!“, lacht Nolen.
Cowboy Kirchen im Trend
Die typische Cowboy-Kirche findet in ländlicher Umgebung, in Scheunen oder Lagerhäusern statt, mit eigenen Rodeoarenen und Country Gospelbands. Getauft wird in der Viehtränke. Die Predigt ist kurz und einfach.Einige Cowboy-Kirchen haben gedeckte Arenen, wo Pferderodeos, Bullenreiten, Lassowerfenund andere Aktivitäten unter der Woche stattfinden.
Die Betonung liegt auf dem Modell «keine Grenzen», entwickelt vom Gemeindegründer Ron Nolen aus Waxahachie, im Süden von Dallas, Texas. Obwohl die meisten dieser Kirchen in Texas beheimatet sind, hat sich diese Gottesdienstform bereits im ganzen Südwesten der Vereinigten Staaten ausgebreitet. Etwa eine Million Menschen gehören zu dieser Zielgruppe.
GeradlinigeTheologie
Die Reporterin Cathy Lynn Grossman, von «USA Today», besuchte kürzlich verschiedene Cowboykirchen in Texas, welche sie wie folgt beschreibt: «Sie haben eine geradlinige Sünder-gerettet-durch-Gnade-Theologie und werfen den Verlorenen, den Einsamen und Menschen, die nach einem unverblümten Glauben suchen, ein Seil zu. Freier Kleidungsstil. Keine politischen Predigten. Keine denominationelle Haarspalterei. Jeder kommt so wie er ist, im Geist, in Sporen und Texashut.
An der Wand der Cross Trails Kirche in Fairlie, Texas, sind die klassischen 10 Gebote angeschlagen. Doch alle biblischen «du sollst» und «du sollst nicht» Zitate sind in Cowboyart ausgedrückt: – Nur ein Gott. – Ehre Mum und Pa. – Erzähl keine Märchen, und klatsche nicht rum. – Beweg dich zur Sonntagsversammlung. – Setz nichts vor Gott. – Kein Herummachen mit dem Mädchen eines andern. – Kein Töten. – Pass auf dein Maul auf. – Nimm dem anderen nichts weg. – Und schiel nicht nach dem Zeug des anderen.
«Zum erstenmal in einer Kirche zu Hause»
Die Cowboy-Kirchen sind nicht nur für Cowboys da. Clint Ellyson, ein Markthändler für eine Kaffeehandelskette erzählt: «Der unverfälschte, offenherzige Stil gab mir das erste Mal das Gefühl, in einer Kirche zu Hause zu sein. Mein Leben wendete sich um 180 Grad.» Ein Pastor, der kürzlich eine neue Cowboy-Kirche gegründet hat, sagt: «Dies ist eine Welt, die von anderen Kirchen kaum wahrgenommen wird. Vor einem Jahr war das Einzige, was ich mir vorstellen konnte, ein kleiner Gottesdienst, wo wir einander erzählen, was wir mit Gott erleben. Wir sandten jedem, den wir kannten, eine Einladung. Am ersten Mittwochabend hatten wir Musik mit Banjo und Geige, und 40 Leute kamen. Am ersten Sonntaggottesdienst nahmen bereits 100 Personen teil.»
In der Frontier-Kirche in Texas versammeln sich hunderte von Teenagern und jungen Erwachsenen auf der Marktplatzarena zum Bullenreiten und zum Gebet. Fast die Hälfte der Versammlungszeit besteht aus «buck-out», einer Kombination von gutem Essen, Singen, Andachtszeit und Gebet.
„Wir predigen über die Liebe“
Die Cowboy-Kirche von Ellis County, südlich von Dallas, wächst sehr schnell. Der Pastor, Gary Morgan, meint: «Zu uns kommen Leute, die in keine andere Kirche gehen würden. Leute, die seit 30 oder 50 Jahren in keiner Kirche mehr waren. Die haben ihre Probleme. Sie sind vielleicht geschieden, haben ein Kind im Gefängnis, ein Alkohol- oder Drogenproblem.» Morgan sah die Versammlung auf 850 Leute in einem Jahr anwachsen. «Die Predigt in einer Cowboy-Kirche ist anders. Wir predigen über Liebe. Unsere Leute wissen bereits, dass ihre Leben verkorkst sind. Sie brauchen jemanden, der ihnen erzählt, dass es einen Gott gibt, der alles weiss und sich kümmert und ihnen helfen will, wieder auf Kurs zu kommen.»
«Cowboy-Kirchen können sehr mobil sein. Da gibt es „buckaroo-Prediger“, die mit den Männern nach Idaho und Nevada mitreiten. Und über 200 Rodeo-Pastoren bieten am Sonntag Gebet in den Arenen, bei den Koppeln an, Seelsorge hinter den Müllschluckern, geben Zeugnis dort, wo die Menschen gerade sind», meint Coy Huffmann, ein Rodeopastor.
„Kirche besteht aus Menschen“
Wo immer Menschen sich versammeln, da kann Kirche sein, und wo immer jemand hungrig oder bedürftig ist, da sollte sie sein», sagt Robert Harris, ein ehemaliger Rodeoreiter, der die Good Company Rodeo Ministries 1990 gegründet hat. Harris dient bei Pferde-Events und Viehmärkten und leitet Bibelstunden auf Ranches in der Nähe seiner Heimat in Menifee, Californien. «Wir studieren, wir essen, und dann sortieren wir Kühe aus und etikettieren sie.»
«Cowboys haben bisher keine Menschen getroffen, die so sind wie sie und die Botschaft Gottes leben», sagt Harris. «Und das ist, was Kirche wirklich ist – ein übergreifendes Instrument, damit Menschen von der rettenden Gnade Jesu hören.» Es ist der Gott der Pferde, der mitreitet.