Gründerort Amsterdam

Die Baptisten sind 400 Jahre alt

Vor 400 Jahren wurde die erste Baptistengemeinde gegründet. Vom 24. bis 26. Juli gedenken die Baptisten am Gründerort Amsterdam des Ereignisses. Das Jubiläum wird in der Schweiz nicht speziell begangen, einige Mitglieder werden aber in die Niederlande reisen, erklärte der Präsident des Bundes Schweizer Baptistengemeinden, Peter Deutsch, gegenüber der Presseagentur Kipa.

In der Schweiz zählen die Baptisten rund 1100 Mitglieder. Nicht eingerechnet sind in diese Zahl Kinder. Denn die Baptisten taufen im Unterschied zu den Katholiken und Reformierten keine Kinder. Sie praktizieren die Erwachsenentaufe oder vielmehr die Glaubenstaufe. Diese Begriff schliesst die Taufe von bekennenden Jugendlichen ein.

Bei den Baptisten werden die Kinder von den Eltern im Glauben unterwiesen. Sie entscheiden aber erst als Erwachsene über ihre Glaubensausrichtung. Wer zum Glauben an Jesus Christus gekommen ist, wird eingeladen, sich aufgrund seines persönlichen Bekenntnisses taufen zu lassen, heisst einer der Grundsätze der Baptisten. Kinder können aus dem Grund nicht getauft werden.

Elf Gemeinden in der Deutschschweiz

In der Deutschschweiz gibt es elf baptistische Gemeinden, zwei davon sind brasilianische, also ausländische Gemeinden. Eine weitere befindet sich in Lugano. Auch in der Westschweiz befinden sich Baptistengemeinden. Diese sind aber nicht Mitglied des Weltbundes der Baptisten.

In rund 160 Ländern der Welt existieren Baptistengemeinden mit zirka 47 Millionen Mitgliedern. Die meisten nationalen Baptistenunionen gehören zum Weltbund der Baptisten (Baptist World Alliance / BWA). Bedeutsame Ausnahmen sind hier unter anderem der seit 2004 ausgetretene US-amerikanische Bund der südlichen Baptisten mit rund 11 Millionen getauften Mitgliedern und die Rückwanderergemeinden der russlanddeutschen Baptisten mit zirka 350‘000 Mitgliedern.

Als Brückenbauer in der Ökumene

Die Deutschschweizer Baptisten gehören über die europäische Baptistenföderation zum Weltbund. «Und als Bewegung, die innerhalb des Weltbundes organisiert ist, haben wir auch immer an der Ökumene teilgenommen», sagt der Berner Anwalt Peter Deutsch, der auch Präsident der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (AGCK) der Stadt Bern ist. In der Schweizerischen AGCK sind die Baptisten von Anfang an mit dabei.

Der AGCK gehören ganz unterschiedliche Gemeinschaften an. Die Heilsarmee etwa sieht sich als Bewegung und kennt keine Sakramente. Die Methodisten betrachten sich als Freikirche, gehören aber dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund (SEK) an. «Wir sind die Kirche innerhalb der Arbeitsgemeinschaft, welche den Freikirchen am nächsten steht, und darum haben wir uns immer etwas als Brückenbauer zwischen ihnen und den grossen Schweizer Kirchen gesehen», sagt Deutsch.

Hoher Stellenwert des Gemeindelebens

Die Baptisten verfügen nicht über die Sakramentenvielfalt der katholischen Kirchen. Sie kennen die Taufe und das Abendmahl. Für Lehre, Glaube und Leben ist die Bibel alleinige Richtschnur. Einen hohen Stellenwert hat das Gemeindeleben. Die Gemeinden besitzen eine grosse Autonomie und auch das einzelne Mitglied. Die Verkündigung weckt, stärkt und korrigiert den Glauben des einzelnen Menschen und verlangt auch nach dessen eigener Antwort. Nicht die Taufe, sondern der persönliche Glaube an Jesus Christus als Herr und Erlöser wird als heilsentscheidend bezeichnet.

Die örtliche Gemeinde der Glaubenden «verwaltet», so die Baptisten in einer Selbstdarstellung, das Wort und die von Jesus Christus eingesetzten «Zeichen» Taufe und Abendmahl. Sie delegiert diese Aufgabe an einzelne Gemeindemitglieder. Das Priestertum gilt für alle Gläubigen. Alle Handlungen, auch Taufe, Abendmahl und Predigt, können grundsätzlich von jedem Gemeindemitglied vollzogen werden.

Die Gestaltung der Gottesdienste unterliegt keiner bestimmten Liturgie, sondern wird von jeder Gemeinde individuell gehandhabt. Ein wichtiges Element ist das offene Gebet der Gemeinde, bei dem jeder Gottesdienstbesucher die Möglichkeit hat, laut mitzubeten. Wichtig ist den Paptisten die intensive Gemeinschaft mit den anderen Gemeindemitgliedern und Jesus. Deshalb besteht in vielen Gemeinden im Anschluss an den Gottesdienst das Angebot eines Kirchenkaffees oder es wird sogar ein gemeinsames Mittagessen offeriert.

Die Baptistenkirchen sind kongregationalistisch organisiert, die einzelnen Gemeinden sind autonom. Sie finanzieren sich durch freiwillige Spenden und Mitgliederbeiträge.

Evangelisation und Glaubensfreiheit

Baptisten sehen in der Evangelisation die vordringlichste Aufgabe sowohl des einzelnen Gemeindemitglieds als auch der Gemeinde und ihrer regionalen und nationalen Zusammenschlüsse. Sie sprechen sich für eine Trennung von Kirche und Staat aus. Sie befürworten die Glaubens- und Gewissensfreiheit.

In den Reihen der Gemeinschaft sind die beiden US-amerikanischen Bürgerrechtler Martin Luther King und Jesse Jackson zu finden. Zu ihr zählen ebenfalls mehrere US-Präsidenten: Abraham Lincoln, Harry S. Truman, Jimmy Carter, Bill Clinton.

Das Jubiläum in Amsterdam

Der Anfang der weltweiten Gemeinschaft liegt in Amsterdam. Das Schicksal von John Smyth, einem der Gründerväter der Baptisten, veranschaulicht den Werdegang der Gemeinschaft. Smyth war ein anglikanischer Geistlicher. Prägend für seinen Lebensweg war die Begegnung mit der puritanischen Bewegung calvinistischer Prägung in England. 1602 geriet er wegen seiner puritanischen Lehre in Konflikt mit den kirchlichen Behörden. Es kam schliesslich zu seiner Entlassung.

Zum Separatisten wurde Smyth, nachdem der englische König James I. antipuritanische Gesetze erliess. 1608 wurde der politische Druck auf die Bewegung so stark, dass Smyth mit seinen Anhängern nach Amsterdam floh.

Dort kamen die Engländer mit Mennoniten in Kontakt, einer Täuferbewegung, die in der Schweiz entstanden ist. Die Gründerväter der Baptisten lebten die Überzeugung einer Gemeinschaft aus Glaubenden, losgelöst von staatlicher Kontrolle, die die Glaubenstaufe ausüben. Die Baptisten fassten im 19. Jahrhundert Fuss in der Schweiz.

Datum: 06.05.2009
Autor: Georges Scherrer
Quelle: Kipa

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