Wenn sich im Film ein
Engel unsterblich in eine Ärztin verliebt, wenn im Zürcher Hauptbahnhof
eine riesige «Engelskulptur» herumschwebt bzw. -hängt, wenn CDs mit
sanfter Engelsmusik ihren Absatz finden und Bücher über
Engelserscheinungen hohe Auflagen machen, dann ist da ein Hunger, eine
Sehnsucht, ein Wahrnehmungsdefizit, das nach Abhilfe ruft. Der Engel-Boom ist ungebrochen, und das nicht nur zur Weihnachtszeit.
Haben Sie Ihren Engel schon erlebt?
Es muss gar nicht immer der Wunsch der Vater des
Gedankens sein. Sicher kennen auch Sie aus Ihrem Bekanntenkreis oder aus
den Medien Geschichten wie die Folgende: Ein junger Mann wird mit
seinem Fahrrad in einem Kreisel in einen Unfall verwickelt. Dabei hat er
den Eindruck, wie wenn ihn jemand festhalten und auf die Füsse stellen
würde. Der Mann kommt mit dem Leben davon. Engelwirken nehmen wir am
ehesten am Scheideweg zwischen Leben und Tod wahr. Sie sind mit einem
Mal da, helfen, sprechen und verschwinden ebenso plötzlich wieder.
Engelwirken berührt uns eigenartig und bleibt nachhaltig im Gedächtnis.
Nur selten sind sie spürbar, noch seltener sichtbar.
Fast jeder Zweite glaubt einer Umfrage zufolge an
einen persönlichen Schutzengel. Bei den Christen sind es jedoch sehr
viel weniger. Eigentlich merkwürdig, denn in der Bibel ist von vorn bis
hinten von Engeln die Rede, auch von Schutzengeln. Sie kommen an über
300 Stellen vor, und die lassen sich nicht einfach wegdiskutieren oder
überlesen. Warum auch? Verschaffen wir uns also einen kurzen Überblick.
Wie werden die Engel in der Bibel beschrieben?
Sie sind Wesen, die Gott dienen mit Lobpreis, mit Danksagung,
mit Ehrerweisung und Anbetung (Die Bibel, Jesaja, Kapitel 6; Offenbarung, Kapitel 5; Lukas, Kapitel
2, Verse 13-14).
Sie werden als erwachsene, männliche, schöne menschliche Gestalten
wahrgenommen, oft in weissen Kleidern und von einem überirdischen Licht
umgeben.
In Offenbarung, Kapitel 14, Vers 6 ist ein fliegender Engel beschrieben. Sie sind
«dienstbare Geister» (Hebräer, Kapitel 1, Vers 14). Sogar Jesus hatte nach seiner
Auferstehung einen «engelhaften Körper».
Sie treten oft in ganzen Scharen auf, zum Beispiel im Kampf für Israel.
Als starke Helden stehen sie unter dem direkten Kommando Gottes und richten seine Befehle aus (Psalm 91, Vers 11 und Psalm 103, Vers 20).
Sie heiraten nicht, und sie sterben auch nicht (Matthäus, Kapitel 22, Vers 30;
Lukas, Kapitel 20, Vers 36). Darum sind sie immer in derselben, riesigen Anzahl
vorhanden.
Gestorbene Kinder werden nicht zu Engeln. Engel sind von Gott
separat geschaffene, mächtige, starke Wesen (Psalm 148, Vers 5).
Was haben sie mit uns Menschen zu tun?
«Angelos» aus dem Griechischen und «Malak» aus dem Hebräischen
übersetzt heisst: der Bote, der Gesandte. Engel erhalten also ihre
Aufträge von Gott selber.
Sie vermitteln den Menschen diese Botschaften (Lukas, Kapitel 1 und 2),
erteilen ihnen Aufträge (2. Könige, Kapitel 1), sprechen Berufungen aus (Richter, Kapitel
6) oder machen Zusagen (1. Mose, Kapitel 16).
Sie richten die Diener Gottes wieder auf, wo diese entmutigt sind
(1. Könige, Kapitel 19), oder gehen ihnen auf heiklen Wegabschnitten direkt voran
(1. Mose, Kapitel 24).
Mitunter geben sie Schutz in Gefahr (Daniel, Kapitel 6, Vers 23) und befreien aus misslichen Lagen (Apostelgeschichte, Kapitel 5 und 12)
Die Feinde von Gottes Volk werden auch mit Hilfe von Engeln
überwunden (2. Könige, Kapitel 19), und er vollstreckt mit ihnen sein Gericht
über die Welt.
Gibt es verschiedene «Arten» von Engeln?
Ja, Engel ist nicht gleich Engel. Einige werden
in der Bibel sogar namentlich genannt, zusammen mit ihren ganz
speziellen Aufgaben:
Michael, der Engelfürst oder Erzengel, kämpft auch gegen den Teufel (Judas, Vers 9).
Gabriel überbringt gute Botschaften.
Die Cherubim sind oft in der unmittelbaren Nähe Gottes anzutreffen.
In Kunstwerken werden sie mit verschiedener Anzahl von Flügeln
dargestellt.
Sogenannte Seraphim werden beim Propheten Jesaja extra erwähnt.
Auf persönliche Schutzengel lässt zum Beispiel die Erzählung von der Befreiung des Petrus schliessen (Apostelgeschichte, Kapitel 9).
Satan, im Neuen Testament auch Teufel genannt, war einstmals
vermutlich der höchste Engel. Er wollte höher sein als Gott. Ihm folgte
eine grosse Zahl von Engeln, heute Dämonen genannt. Sie treten
verkleidet auf, wie wenn sie noch die ursprünglichen Lichtgestalten
wären (2. Korinther, Kapitel 11).
Was machen sie also nicht?
Sie handeln nicht selbständig, aus eigenem Antrieb.
Die Engel sind selber Anbeter. Sie wollen also nicht verehrt werden, sondern dazu helfen, dass Gott selber gepriesen wird.
Sie sind uns zu Diensten – weil sie Gott zu Diensten sind, und nicht, weil wir uns ihre Gegenwart irgendwie verdienen könnten.
Sie statten nicht mit irgendwelchen Energien aus, sondern wollen
einen der Gemeinschaft mit Gott näher bringen. Dort empfängt der Mensch
dann auch die Kraft, die er zum Leben braucht.
Hatte auch Jesus mit Engeln zu tun?
Sehr viel sogar. In ganz entscheidenden Momenten sind sie stets zur Stelle:
vor und bei seiner Geburt (Matthäus, Kapitel 1 und 2; Lukas, Kapitel 1 und 2),
bei seiner Versuchung in der Wüste (Matthäus, Kapitel 4; Lukas, Kapitel 4)
wenn er in Gethsemane, vor seiner Kreuzigung, im Gebet ringt (Lukas, Kapitel 22),
bei seiner Auferstehung am Ostermorgen (Matthäus, Kapitel 28) und
bei seiner Himmelfahrt (Apostelgeschichte, Kapitel 1).
Das Neue Testament spricht auch davon, dass Jesus
wiederkommen wird. Und auch dieses Ereignis wird von Engeln begleitet
sein (Matthäus, Kapitel 24).
Überwältigend, nicht wahr? Man staunt, wie
selbstverständlich in der Bibel diese Dimension beschrieben wird. Sie
gehört einfach dazu, noch ganz unabhängig davon, ob der einzelne Mensch
da seine ganz persönlichen Erfahrungen beisteuern kann oder nicht. Das
ist eigentlich gar nicht so wichtig. Die Engel Gottes sind tatsächlich
in Aktion, ob wir sie sehen oder nicht. Sie tun ihr Werk, zu dem Gott
selber sie gesandt hat. «Der Engel des Herrn stellt sich schützend vor
alle, die Gott ernst nehmen, und bringt sie in Sicherheit» (Psalm 34, Vers 8).
Da möchte man nur noch antworten: «Halleluja!» Engel sind jedoch keine Götter, sondern «Boten», die auf Gott hinweisen – auf den Gott, der uns liebt und unser Leben durch seine Liebe positiv verändern will.