«Beim Denken ans Vermögen leidet das Denkvermögen»
«Geld regiert die Welt.» «Über Geld spricht man nicht, man hat
es.» Mit solchen und vielen anderen Sprichwörtern wird unsere Haltung
zum Geld umschrieben. Noch viel ältere geflügelte Worte stammen aus der
Bibel, etwa aus dem Buch Prediger: «Wer Geld liebt, wird vom Geld
niemals satt.»
Es ist hier nicht der Platz, ein Loblied auf das Geld oder unsere
Finanzwirtschaft anzustimmen. Was treiben wir mit dem Geld – oder wohin
treibt uns das Geld? Die Sprichwörter belegen, dass dieses Thema fast so
alt ist wie die Menschheit. Nur dass unsere Umgangsformen völlig andere
geworden sind. Die «Monetik» hat alle ergriffen. Wie aber steht es um
die «Monethik », also unsere Ethik des Geldes und die Ethik der
Finanzwirtschaft?
Der «Zinslipicker»
Aus der traditionellen Vertrauensbeziehung eines Bankiers zu seinen
Kunden ist in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr eine
geldwirtschaftliche Rosinenpickerei und Schnäppchenjägerei geworden. Die
Schweizer nennen diesen Typ Zinslipicker. Jede einzelne
Finanztransaktion und jedes Geldgeschäft wird bei der jeweils
günstigsten Bank durchgeführt (transactional banking). Es ist die
absolute Gewinnmaximierung des schnellen Geldes. Die Bankbeziehung wird
zur Eintagsfliege. Der Bankkunde ist keine ganzheitliche Persönlichkeit
mehr, sondern atomisierter Vorteilsmaximierer. Wo aber bleiben
Kontinuität, Berechenbarkeit, Verlässlichkeit, eine nachhaltige
Vertrauensbeziehung?
Der Millionärsrausch
Das neue Gesellschaftsspiel heisst: Wie werde ich Millionär? Wer
nicht Millionär werden will, gilt schlicht als dumm. Die Epidemie des
Millionärsrausches ist eine lebensgefährliche gesellschaftliche
Immunschwäche. Es ist die Sucht nach dem schnellen Geld. Habgier ist die
primitivste, aber auch häufigste aller Begierden: die Gier nach Geld
pur, oft gepaart mit der Gier nach Macht und Geltung. Diese Gier frisst
den Verstand. Wie sagte ein Kabarettist: «Beim Denken ans Vermögen
leidet oft das Denkvermögen.»
Gier nach Geld heisst, ins Geld verliebt und vernarrt zu sein.
Diese Gier macht – fast parallel mit dem Zusammenbruch der New Economy –
auch vor dem Management nicht Halt. Geldgier ist gepaart mit Neid;
darum ist die Forderung nach Publizität der Managergehälter besonders
laut geworden. Das Zeitalter der Gier hat keine moralischen Autoritäten.
Was daher dringend Not tut, sind Vorbilder. Wir brauchen eine neue
Glaubwürdigkeit.
Die biblische Schocktherapie
«Seht zu und hütet euch vor aller Habgier, denn niemand lebt davon,
dass er viele Güter hat.» Damit dieser Satz von allen verstanden wird,
erzählt Jesus das Gleichnis vom reichen Kornbauern. Der
Grossgrundbesitzer ist ein expansiver Unternehmer mit raschem
Betriebswachstum. Er lebt in der Meinung, alles selbst geschaffen zu
haben. Die Vorräte sind seine Lebensversicherung, und er schreibt als
Lebensbilanz: «Liebe Seele, du hast einen grossen Vorrat und grosses
Vermögen für viele Jahre, habe nun Ruhe (geniesse den Ruhestand), iss,
trink und habe guten Mut.» Gott aber reisst ihm die Maske herunter und
sagt in aller Schärfe: «Du Narr – du Tor.» Er stösst ihn vom Thron
seiner Überheblichkeit, seiner Selbstsicherheit und seiner egoistischen
Autonomie. «Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern.» Damit hat
der Erfolgreiche nicht gerechnet. Er meinte, uralt zu werden und seine
Früchte selbst geniessen zu können.
Wer Jesus kennenlernt, erhält eine neue Geldmoral, eine neue Ethik,
also eine neue «Mon-ethik» und damit einen neuen Lebensstil. So werden
wir gute Ökonomen. Wo wir unser Herz an Jesus hängen, können wir
zugleich für Geld und Kapital verantwortlich sein. Banker und Christ –
dieser Widerspruch löste sich für mich, als ich meine erste Liebe dem
lebendigen Gott gab.
Datum:
07.06.2013 Autor: Dietrich Bauer Quelle: IVCG