Beten im knallharten Bankgeschäft? Was unmöglich scheint, tun viele Banker. Dazu haben sie auch Gebetsgruppen gegründet, in denen sie inmitten des hektischen Alltags miteinander die Ruhe vor Gott suchen. Einer von ihnen ist Adrian Mäder. Der Börsianer erzählt, warum ihm das Beten gut tut.
Geld schläft nicht, heisst es im zweiten «Wall Street»-Film. Und tatsächlich: Im Handelszentrum einer namhaften Schweizer Bank flimmern pausenlos Börsenkurse über die Bildschirme. Mit wenigen Mausklicks werden Milliardenbeträge verschoben. Adrian Mäder arbeitet seit 24 Jahren am Puls der schnellen Finanzmärkte. Dennoch wirkt der 46-Jährige entspannt, wenn er spricht. «Mich fasziniert die Dynamik der Aktien, Zinsen und Devisen. Sie spiegelt das Geschehen in Volkswirtschaft und Politik. Ich versuche, das zu verstehen und darauf basierend langfristig sinnvolle Anlageentscheide zu treffen.» Mäder betont das Wort «langfristig». Denn wer nur rasche Gewinne anstrebe, könne der Gier erliegen. Und von dort aus sei es ein kleiner Schritt in die Abhängigkeit. «Trading» werde oft zur Sucht, ohne dass man es merke.
Ruhe inmitten der Hektik
Abends taucht Mäder in eine Welt ein, wie sie gegensätzlicher nicht sein könnte. Kommt er nach Hause, findet er Ruhe. Er wohnt weit ab des Rummels, in den Voralpen im Zürcher Oberland, hoch über dem Zürichsee. Hier empfangen ihn jeweils seine Frau, seine drei Kinder, sein Hund. Aber es sind nicht nur die Familie und die Natur, die Mäder inmitten der Hektik seine Gelassenheit geben. Es ist auch sein Glaube, den er vor rund 21 Jahren in einem katholischen Jugendlager gefunden hat. «Durch meine Beziehung zu Jesus liess mein Ehrgeiz nach, doch meine Leistungsbereitschaft wurde grösser.»
Selbstverständlich ist das nicht. Viele Bankangestellte lassen sich vor allem durch die Karrieremöglichkeiten und den Lohn motivieren – und blenden. «Da besteht die Gefahr, dass man die Prioritäten falsch setzt. Schnell investiert man zu viel Zeit und Energie in die Arbeit und vernachlässigt dafür andere wichtige Lebensbereiche, etwa die Familie oder das gesellschaftliche Engagement», meint Mäder, wobei er relativiert: Das gelte in der Berufswelt eigentlich ganz allgemein.
Wenn er heute trotz steigendem Druck und einschneidender Umwälzungen in der Finanzbranche locker und zuversichtlich bleibt, führt Mäder das ganz klar auf seine Gebete zurück. «Beten wirkt auch im knallharten Geschäftsalltag», ist der Banker überzeugt. «Das erlebe ich immer wieder.» Ihm helfe das Gebet zum Beispiel dabei, Menschen anzunehmen, mit denen er zusammenarbeite, obgleich sie teilweise völlig anders seien. Betet Adrian Mäder denn auch für den Erfolg an den Börsen? «Nein», schmunzelt er, «aber manchmal schon dafür, dass die Geschäfte so rauskommen, wie es mein himmlischer Chef will.» Denn auch an der Börse gelte: «Dein Wille geschehe».