Wie können Eltern Familie und
Beruf miteinander vereinbaren? Geht das überhaupt? Unter dem Label «Die neue
Vereinbarkeit» fand dazu in Bern das «Forum Wirtschaft trifft Familie» statt,
wo bei einem Podiumsgespräch prominente Stimmen aufeinander trafen.
Nina Juncker, Joachim E. Lask, Anja Wyden Guelpa, Andreas Walker, Hans C. Werner (v.l.n.r.)
Auf dem Podium Anfang November in Bern trafen unter der Leitung des Futurologen und Risikomanagers Andreas Walker die
Präsidentin der Eidgenössischen Kommission für Familienfragen (EKFF), Anja
Wyden Guelpa, der Swisscom Personalchef Hans C. Werner sowie der Psychologe und
Familienforscher Joachim E. Lask und die Familienforscherin Nina Juncker
(Goethe-Universität Frankfurt a.M.) aufeinander. Dabei ging es um «die neue
Vereinbarkeit», die von Lask und Juncker vertreten wird. Sie basiert darauf,
dass Unternehmen nicht nur auf die Bedürfnisse von Eltern Rücksicht nehmen,
sondern auch die in der Familie gewonnenen Kompetenzen anerkennen und
honorieren. Veranstalterin der Tagung war die Schweizerische Stiftung für die Familie
(SSF).
Elternkompetenzen sichtbar machen
Andreas Walker
Eine dieser Kompetenzen ist das
Risikomanagement, stellte Andreas Walker gleich zu Anfang in den Raum. Für
Eltern eine alltägliche Erfahrung, wenn Kinder ihre Grenzen austesten und Neues
probieren. Aber auch das Krisenmanagement, wenn dann wirklich einmal etwas
passiert. Der Psychologie und Buchautor Joachim E. Lask hat zusammen mit Nina
Juncker die Kompetenzen, die Eltern in der Familie erwerben (soft skills)
systematisch beschrieben. Er fokussiert jetzt darauf, diese sowohl für die
Betroffenen wie auch für die Unternehmen sichtbar zu machen. Dazu hat er auch
das Programm und die App «be:able» entwickelt, die er ebenfalls am Freitag in
Bern vorstellte.
Familien- und Berufsteilzeitarbeit für
beide?
Doch macht es überhaupt Sinn, wenn beide
Elternteile im Berufsleben bleiben, wenn Kinder da sind? Es sei normal
geworden, dass junge Paare, wenn sie Eltern werden, sich heute über die
Aufteilung von Beruf und Elternschaft Gedanken machen und die Aufgaben wo
möglich durch Teilzeitarbeit 50:50 aufteilen. Und dies, obwohl die Frauen
meistens früher als die Männer heiraten und meistens auch weniger verdienen. Und
dies, obwohl sich die Mütter mehr Erziehungskompetenzen als die Väter zutrauen.
Hans C. Werner wies auch darauf hin, dass sich Männer oft schwerer tun, einen
Vaterschaftsurlaub zu nehmen oder das Arbeitspensum zu reduzieren. Die
traditionelle patriarchalische Arbeitsteilung dürfe nicht durch ein neues
Zwangssystem ersetzt werden, wo beide Elternteile gleichzeitig und zu gleichen
Pensen beruflich engagiert seien. Er warnte aber auch davor, dass in 3-4 Jahren
der berufliche Anschluss verloren gehen könne. Die Swisscom hat daher ein
Programm entwickelt, wo insbesondere Mütter mit einem Minimalpensum von zum
Beispiel fünf Prozent am Ball bleiben und so Fortbildungskurse besuchen können.
Massvolle Elternzeit
Anja Wyden Guelpa
Anja Wyden Guelpa (EKFF) sprach sich vehement
für einen grosszügigen Vaterschaftsurlaub aus, der Teil einer «Elternzeit» von
insgesamt 38 Wochen ist. Davon sollten die Mütter wenigstens 14 Wochen und die
Väter mindestens acht Wochen beziehen. Der Rest solle frei untereinander
aufteilbar sein. Die Schweiz wäre mit dieser Lösung etwa im Mittelfeld der OECD
Staaten. Sie trat damit Vorwürfen entgegen, der EKFF-Vorschlag sei
unverhältnismässig. Einen Gedankenanstoss kam in diesem Zusammenhang aus dem
Publikum. Ein Teilnehmer wies darauf hin, dass er als Vater vor allem in der
Pubertätszeit seiner Töchter gefordert gewesen sei. Würde es somit Sinn machen,
den «Vaterschaftsurlaub» auch in dieser Phase beziehen zu können?
Das Podium zeigte: die heutige Wirklichkeit
für Eltern und Arbeitnehmende ist komplex und erfordert Raum für individuelle
Lösungen. Sowohl für die Eltern wie für die Unternehmen. Wichtig dabei ist,
dass die Familie und die Eltern an Achtung und Anerkennung gewinnen!
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