Es gibt Familien in Belastungssituationen und andererseits qualifizierte
Frauen, die Zeit in Familien investieren möchten. Die Vermittlungsstelle Glanzzeit
will diese Seiten zusammenbringen und damit die Familie als Kern der
Gesellschaft stärken.
Corina Grossniklaus (links) und Gisela Berger von Glanzzeit
Viele träumen davon, etwas
Bedeutendes zu leisten und dann zu sehen, wie Menschen oder Situationen sich
positiv verändern. Auf der anderen Seite sehen sich viele Menschen auf einmal
schwierigen Lebensumständen gegenüber und sehnen sich nach jemandem, der ihnen
zur Seite steht. Drei Frauen aus der Region Thun machten sich auf, um nicht nur
zu träumen, sondern tatkräftig anzupacken.
Familien in herausfordernden Situationen
Gisela Berger (40) ist
Sozialarbeiterin. Nach beruflichen Tätigkeiten bei den Universitären
Psychiatrischen Diensten Bern, auf dem Sozialamt und anderen Arbeitgebern
gewann sie zwangsläufig einen Überblick über die verschiedensten Problemfelder
unserer Gesellschaft. Es war dann eine chronische Darmentzündung nach der
Geburt ihres ersten Kindes, welche sie selbst in eine herausfordernde Situation
brachte. Sie war körperlich ausgelaugt, während ihr Baby versorgt werden
musste.
Durch sehr unterschiedliche
Umstände kann plötzlich eine Situation entstehen, welcher sich die Familie
nicht gewachsen sieht. «Experten und Berater sind meist verfügbar», berichtet
Gisela Berger. «Was oft fehlt ist individuelle, praktische Unterstützung,
Menschen, die diesen Familien im Alltag tatkräftig zur Seite stehen.» Es gibt
zwar Haushaltshilfen oder Kinderbetreuung, in vielen Fällen besteht die beste Unterstützung
aber in einer Kombination davon.
Zwei zusätzliche Hände
Wer sich in einer
Belastungssituation wiederfindet, braucht eine qualifizierte, zur Familie
passende Person, die mit der Situation entsprechend umfangreichem Engagement
anpacken kann. Auf jeden Fall können zwei zusätzliche Hände viel Erleichterung
bringen.
Gemeinsam mit Corina
Grossniklaus und Nathalie Müller gründete Gisela Berger im Januar 2017 «Glanzzeit»,
ein Angebot mit bewusst positiv klingendem Namen. Die Mitarbeiterinnen von
Glanzzeit werden als Glanzfrauen bezeichnet und die Familien als Glanzfamilien.
Glanzfamilien und Glanzfrauen begleiten
Corina Grossniklaus (41) berichtet
von einer jungen, motivierten Glanzfrau, die voller Elan ihren Einsatz bei
einer Glanzfamilie antrat. Ihre Aufgabe bestand darin, für zwei Stunden ein
Kleinkind zu betreuen. Das war für sie echt herausfordernd, schliesslich glaubte
sie, viel mehr tun zu können. «In einem Gespräch versuchte ich sie zu
motivieren. Ich erklärte ihr, dass sie mit dieser Betreuungsaufgabe für die
Mutter eine grosse Entlastung und für das Kind eine wichtige Bezugsperson sein
konnte.» Tags darauf war die junge Glanzfrau begeistert, sie hatte den Wert
ihrer Tätigkeit verstanden.
Gisela Berger und Corina
Grossniklaus freuen sich zu sehen, dass die Einsätze oft für beide Seiten zu
einer bereichernden Erfahrung werden. In den zwei Jahren ihres Bestehens
konnten zahlreiche Familien durch ihre Belastungssituationen begleitet werden
und bis heute erlebten alle Glanzfamilien die Einsätze als entlastend.
Es ist nicht immer leicht
Die Anfänge von Glanzzeit
verliefen in keiner Weise einfach. «Es kam der Punkt, an dem wir beide aufgeben
wollten. Was wir auch zu tun versuchten, wir stiessen auf rechtliche Hindernisse,
welche das Führen dieser Art Unternehmen erschwerten.» Da die beiden von Anfang
an Professionalität an den Tag legen wollten, gab es vieles zu klären.
Allein schon die Anforderungen
an die Glanzfrauen mussten festgehalten werden. «Was die Ausbildung betrifft,
setzen wir bewusst keine hohen Hürden. Wir brauchen zwar ausgebildete
Fachkräfte, setzen aber ganz bewusst auch Frauen ohne Diplom ein. Immer ist uns
aber wichtig, die benötigten Fähigkeiten der Frauen sicherzustellen.» Dabei
geht es um Dinge wie Charaktereigenschaften oder gesammelter Erfahrungen. «Manchmal
sind Grossmütter sehr geeignete Glanzfrauen. Ihre Erfahrung ist von
unschätzbarem Wert.» Und Corina Grossniklaus ergänz: «Manchmal wäre auch ein Glanzmann eine wertvolle
Bereicherung.» Auf jeden Fall wollen die beiden
ihren Wirkungskreis vergrössern, denn «die Nachfrage ist gross».
Finanzierung
Glanzzeit ist als Verein im
Handelsregister eingetragen und versteht sich als Unternehmen und nicht als
Hilfswerk. Wenn Familien nicht selbst für die Kosten aufkommen können oder durch
Gelder des Sozialdienstes unterstützt werden, können die Kosten auch durch die
Spenden von Gönnern, den sogenannten Glanzfreunden, mitfinanziert werden. Es
kam auch schon vor, dass eine Stiftung einen Beitrag für den eigens gegründeten
Glanzzeit-Fonds für Familien in Not leistete. «Grundsätzlich möchten wir uns
selbst finanzieren können», sagt Corina Grossniklaus. «Wir sind unabhängig von
öffentlichen Geldern.» Glanzzeit träumt davon, sich in Familien zu investieren
und damit die Gesellschaft zu stärken.
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