Sie konnten es auf Livenet lesen: Ein Megachurch-Pastor
in den USA nimmt sich wegen Stolzes eine Auszeit. «Geht’s noch?», denken wir
vielleicht. Ist es denn falsch, auf einen grossen Erfolg stolz zu sein?
Wenn es
wenigstens eine der saftigeren Sünden wäre, die Pastoren immer wieder zu Fall
bringen, das könnten wir verstehen. Aber Stolz? In unserer Gesellschaft werden
wir von klein auf gefördert und gelehrt, auf alle möglichen Errungenschaften
stolz zu sein, vom ersten Rülpser bis zur Matur. Brauchen wir nicht Menschen
mit Selbstbewusstsein? Ist nicht unser «human potential» eine grossartige
Sache?
Auf den Grund
Gehen wir nochmal zum
amerikanischen Pastor zurück. In 20 Jahren hat er aus dem Nichts eine Kirche
von 11'000 Mitgliedern aufgebaut. Er ist begabt, beliebt, beschäftigt. Aber
dann kommen – mit zunehmendem Alter – die ersten Verschleisserscheinungen. Er
sollte kürzer treten, sagen seine Freunde. Aber er? Er gibt Gas, nach dem Motto:
«Denen will ich's zeigen» (eine häufige Reaktion von Männern in der
Lebensmitte). Die Stärken werden zum Fluch, man kann nicht aufhören. Darum hat
er jetzt die Notbremse gezogen.
Dass er «Stolz» als
seine Ur-Triebkraft erkennt, bedeutet, dass schon ein Stück Heilung angefangen
hat. «Stolz» hat mit Persönlichkeit, Stärken oder Begabungen nichts zu tun,
sondern ist die letzte Pervertierung all dieser guten Dinge. Stolz sagt: «Ich
habe das alles aus mir selbst, ich habe es selbst erreicht. Von nichts kommt
nichts.» Ganz vereinfacht kann man sagen: Stolz ist «Leistung minus Gott».
Ursünde
Hochmut bzw.
Stolz (lateinisch: superbia) wird auf fast jeder Liste als die ursprüngliche
und schwerste, ja, als die eigentliche Quelle aller anderen Sünden angesehen.
Woher kommt das Böse? Die Bibel deutet an, dass es ein wunderbares Lichtwesen
gab, von Gott herrlich geschaffen. Dieser «Luzifer» (Lichtträger) konnte es
immer weniger ertragen, nicht so zu sein wie Gott – und lehnte sich gegen ihn
auf. Stolz – die Absolutsetzung der eigenen Qualitäten. Aus Luzifer wurde
Satan. Aus Gottes Gegenwart hinabgestürzt, ist es seitdem sein erklärtes Ziel,
zu sein wie Gott bzw. Gott zu entthronen. Genau mit diesem Virus steckte er die
ersten Menschen an.
Warum ist
Stolz so gefährlich und zerstörerisch? Einmal zerfrisst er uns selbst. Ich bin
unabhängig, ich muss aus mir selbst leben, alle Quellen liegen in mir, ich muss
der oder die Beste sein – das ist ein ständiger Lebensstress. Auch
Minderwertigkeitsgefühle sind von daher letztlich Stolz: Ich bin nicht so, wie
ich sein möchte / sollte / müsste. Stolz ist nicht gesundes Selbstwertgefühl,
sondern in der Regel mit schwachem oder schwankendem Selbstwertgefühl
verbunden. «Wenn ich nicht dauernd dranbleibe und etwas schaffe, was bin ich
dann noch?»
Holier than thou
Nicht nur
mich selbst macht Stolz kaputt, auch Beziehungen werden angegriffen. «Wir
sagen, die Menschen seien stolz auf ihren Reichtum, ihre Klugheit oder ihre
Schönheit. Aber das ist nicht richtig. Sie sind stolz, weil sie reicher oder
klüger oder schöner sind als andere», sagt C.S. Lewis. Unsere Gesellschaft ist
vom ständigen Konkurrenzkampf beherrscht, im Grossen und im Kleinen, und nicht
wenige Jugendliche gehen fast kaputt daran. Und wer kennt als Christ nicht das
Gefühl, dass mein Glaube entweder besser – oder dann lange nicht so gut – wie
der von «dem da» oder «der da» ist? Beides kommt aus dem Stolz.
Das radikale Heilmittel
Benjamin
Franklin sagte: «In Wirklichkeit gibt es vielleicht keine unserer natürlichen
Leidenschaften, die so schwer zu überwinden ist wie Stolz.» Selbst in die besten
Taten und edelsten Motive mischt sich dieses Virus ein («Mein Buch über Demut
ist das beste auf dem Markt»). Wir können ihn schlichtweg nicht ausrotten. Was
tun?
Durch die
ganze Bibel zieht sich ein erstaunlich einfaches – und sehr radikales –
Heilmittel gegen den Stolz: Wende dich zu Gott. Anerkenne, dass Gott Gott ist
und nicht du. «Kehrt um zu mir», wirbt Gott durch die ganze Bibel hindurch. Durch
Jesus hat sich Gott von seiner Seite her mit uns versöhnt – wir müssen das von
unserer Seite nur annehmen.
Stolz – die
Unabhängigkeit und Loslösung von Gott – ist die grundlegende Unordnung,
verantwortlich für das Chaos unseres Lebens und unserer Welt. Gott lädt zur
Heilung ein, damit die Prioritäten wieder in Ordnung kommen: «Liebe Gott,
deinen Herrn, von ganzem Herzen und mit allen Kräften, und liebe deinen
Nächsten wie dich selbst.» Diese Reihenfolge ist unumkehrbar, und sie entzieht
dem Stolz, der uns ständig anstecken will, auf Dauer den Boden.
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