Mit durchschnittlich 14 Jahren werden Menschen verkauft. Zurzeit gibt es weltweit über 27 Millionen versklavte Mädchen. Die Schicksale hinter diesen gewaltigen Zahlen will Julia Immonen mit spektakulären Aktionen aufzeigen: 2012 fuhr sie mit einem Frauenteam die härteste Ruderstrecke der Welt – einmal über den Atlantik. Der Weltrekord von 45 Tagen, 15 Stunden und 26 Minuten war dabei eher ein Nebenprodukt.
Sie rudert für die Freiheit versklavter Mädchen: Julia Immonen.
Julia Immonen ist eine fröhliche, sportliche junge Frau aus England. Für die optimistische Christin ist ein Glas schon immer «halb voll», nicht «halb leer». Allerdings sieht sie vor einigen Jahren einen Bericht über heutigen Menschen- und Mädchenhandel, der sie zutiefst erschüttert.
«Ich dachte immer, Sklaverei gibt es nicht mehr»
Julia unterstreicht: «Ich hielt mich immer für eine gebildete Person und dachte, dass die Sklaverei im 19. Jahrhundert abgeschafft worden wäre.» Sobald sie realisiert, dass dies nicht der Fall ist, dass – ganz im Gegenteil – Menschenhandel heute der lukrativste und am schnellsten wachsende Bereich der Kriminalität ist, entscheidet sich die junge Britin dafür, sich in Zukunft für diese Menschen einzusetzen. Doch wie? Alles beginnt damit, dass ihre damalige Mitbewohnerin ihr nach dem gemeinsamen Joggen vorschlägt: «Lass uns doch über den Atlantik rudern.» Spontan sagt sie zu.
Rudern für die Freiheit
Der Name ihres Bootes, «Row for Freedom» (Rudern für die Freiheit), ist Programm.
«Row for Freedom» (Rudern für die Freiheit) heisst das Boot, in dem sie bald darauf mit vier Freundinnen trainiert. Julia hat keinerlei Rudererfahrungen, aber ihr Herz brennt dafür, Menschen auf die moderne Sklaverei aufmerksam zu machen. Nach 18 Monaten Vorbereitung ist es so weit. 2012 stellt sich das Frauenteam der Herausforderung, den Atlantik in einem nur bedingt hochseetauglichen Ruderboot zu überqueren. Bei all dem weiss Julia, dass das Ganze nicht nur ihre Idee ist, sondern so etwas wie ein Ruf Gottes. Das gibt ihr Sicherheit.
«Es ging alles schief, was schiefgehen konnte»
Im Rückblick lächelt Julia, wenn sie sagt: «Bei dieser Tour ging so ziemlich alles schief, was schiefgehen konnte.» Dazu kommen Seekrankheit, Übermüdung, Schmerzen und nicht zuletzt die Herausforderung, bei 15 Meter hohen Wellen nur einen Eimer als Toilette zu haben.
Julia sieht auch die geistliche Dimension der ganzen Widerstände. Zusammen mit Kate, der anderen Christin an Bord, sprechen sie sich alle Bibelverse zu, die sie je gehört und behalten haben. «Mein Glaube wuchs. Ich führte eine 24/7-Unterhaltung mit Gott. An den Herrn habe ich mich geklammert wie noch nie zuvor. Ich habe das Boot von dem Moment an vermisst, wo ich es verlassen habe, so eng war dort meine Gemeinschaft mit Gott.» Ausserdem denkt sie unterwegs immer wieder an die versklavten Menschen, für die sie sich einsetzen will. «Das schlimmste, was mir passieren kann, ist, dass ich auf See sterbe und alle Welt vom Menschenhandel hört», macht sie sich klar.
Ein Weltrekord mit Folgen
Das Weltrekord-Team von Julia Immonen.
Nach 45 Tagen, 15 Stunden und 26 Minuten erreicht Julias Team das amerikanische Festland. Die Frauenmannschaft hat damit zwei Guinessbuch-Rekorde errungen. Premierminister Cameron schüttelt ihr genauso die Hand wie Weltklasse-Ruderer Matthew Pinsent.
Julia Immonen nutzt die öffentliche Aufmerksamkeit, um ihr eigentliches Anliegen zur Sprache zu bringen. Immer wieder. Inzwischen hat sie eine Hilfsorganisation gegründet «Sport for Freedom». Das Rudern bringt ihnen 100.000 Pfund an Spenden ein, vor allem aber holt es ein weithin ignoriertes Thema in die Öffentlichkeit.
Dieses Jahr, am 2. September, startet Julia mit einem Fahrradrennen rund um England, wobei sie die fünf Städte besucht, die dort den grössten Anteil an der jahrhundertelangen Sklavereigeschichte haben: Liverpool, Birmingham, Bristol, Oxford und zum Schluss London.
Die engagierte Christin stellt dabei eines klar: «Es ist unbezahlbar, Menschen zu inspirieren, damit sie etwas verändern wollen. Wenn fünf normale Mädchen diese besondere Herausforderung erfüllen können, dann kann es jeder. Das ist die eigentliche Botschaft dabei.»
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