In den Geschichtsbüchern wird Amerikas 16. Präsident gern als Atheist und Fatalist dargestellt. Doch nun behauptet ein Historiker das Gegenteil. Er sagt: Durch Lebenskrisen hat Abraham Lincoln zu einem tiefen Glauben an Gott gefunden.
Abraham Lincoln
Kein Präsident setzte sich so für Bürgerrechte in Amerika ein wie Abraham Lincoln. Er bewahrte die Einheit zwischen den Staaten trotz des Bürgerkriegs im Jahr 1861 und läutete in den USA die Abschaffung der Sklaverei ein.
Viel ist über den Politiker geschrieben worden, doch nicht alles stimmt, so der Historiker Dr. Ronald C. White Jr. Bei der Recherche zu einer Biographie stellte er fest, dass Abraham Lincoln im Laufe seines Lebens gläubig geworden ist: «Er durchläuft eine erstaunliche Entwicklung hin zu einem festen Glauben, auch wenn das andere Historiker nicht wahrhaben wollen», erklärt White.
Frühe Prägung und Abwendung vom Glauben
Lincolns Eltern nahmen ihren Sohn von klein auf mit in die Baptisten-Kirche. Schon früh rebellierte er dort gegen etwas, das ihm zu emotional erschien. Als junger Mann galt er als Fatalist und äusserte sich kritisch gegen Religion, den christlichen Glauben und die Bibel.
Als er 1840 seine Verlobung mit Mary Todd kurz vor der Hochzeit löste, soll er einem Freund gesagt haben, dass er dafür in die Hölle käme. Zwei Jahre später heirateten die beiden doch. Lincoln, damals Anwalt, begann sich jetzt auch politisch zu engagieren. «In dieser Zeit war er tatsächlich Atheist und Fatalist», bestätigt White.
Schicksalsschlag
Im Jahr 1850 erschütterte die junge Familie der Tod ihres Sohnes Eddie. Hier sieht White eine erste Hinwendung Lincolns an Gott. Nach vielen Jahren soll er Hilfe bei einem Geistlichen, namens James Smith, gesucht haben. «Die Art und die Anteilnahme des Priesters beeindruckte das Paar sehr. Mary wurde von da an ein Gemeindemitglied und ging regelmässig in den Gottesdienst, Lincoln habe die Gemeinde finanziell unterstützt.»
Die Frage nach Gott
Im Laufe seines Lebens habe sich der Politiker immer mehr mit dem Glauben an Gott beschäftigt, so White. Als sein Sohn Willie an hohem Fieber starb, hatte der Präsident mit Depressionen zu kämpfen. «Ich glaube, dass sich Lincoln durch die Krise des Bürgerkriegs und die persönlichen Tragödien verändert hat.»
Zu der Zeit traten Abraham Lincoln und seine Frau der «New York Avenue Presbyterian Church» bei. Der Pastor Phineas Densmore Gurley soll ein häufiger Gast im Weissen Haus und der persönliche Berater des Präsidenten gewesen sein. White glaubt, dass sich Lincoln mit Hilfe von Gurley neu auf Gott eingelassen habe. «Hier fand er einen intellektuellen Glauben, der zu ihm passte», so White.
Einen erstaunlichen Beweis für diese These sieht White in Lincolns Rede, als er zum zweiten Mal zum Präsidenten gewählt wurde. «Als ich die Antrittsrede las, war ich verblüfft. Die ist kein bisschen fatalistisch. Im Gegenteil, er erwähnt 14 Mal Gott, zitiert vier Mal die Bibel und ruft drei Mal zum Gebet auf. Meiner Meinung nach steht er dadurch öffentlich zu seinem Glauben. Die Rede ist theologisch ausgeklügelt und nimmt deutlich Bezug auf den Glauben. Hier hat man es mit einem tief religiösen Inhalt zu tun und ich fragte mich, woher das plötzlich kam. Offensichtlich gab es einen inneren Wandel.» Selbst Journalisten bezeichneten diese Antrittsrede als «Lincolns Bergpredigt».
Aussagen des Glaubens
«Ich glaube, dass die Bibel das beste Geschenk ist, das Gott den Menschen jemals gegeben hat. Alles Gute von dem Erlöser der Welt wird uns durch dieses Buch weitergesagt», habe Abraham Lincoln kurz vor seinem Tod gesagt.
Nach dem tödlichen Attentat auf Lincoln habe man Notizen im Schreibtisch des Präsidenten gefunden, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht waren und in denen er sich intensiv mit dem Willen Gottes im Bürgerkrieg auseinandergesetzt habe. Das sieht White als einen Beweis, dass Lincoln sich Gott gegenüber doch noch geöffnet habe.
Aber enden wir mit einem weiteren Zitat von Abraham Lincoln: «Dass Gott mit uns ist, muss nicht notwendigerweise ein Zeichen dafür sein, dass wir mit ihm sind. Meine grosse Sorge ist nicht: Ist Gott auf unserer Seite? – sondern mein grosses Anliegen ist: Bin ich auf Gottes Seite?»
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