SEA-Crowdfunding: In zwei Wochen 55'000 Franken gesammelt
Die Schweizerische Evangelische Allianz SEA will die private Flüchtlingshilfe fördern und hat dazu vor 14 Tagen das Crowdfunding «Wohnungen für Flüchtlinge» lanciert. Das Spendenziel von 55'000 Franken wurde bereits erreicht. Mit dem Geld soll nun eine Fachperson zur Vermittlung von Flüchtlingen an Privatpersonen angestellt werden.
Matthias Spiess (Bild: SEA)
Vor einigen Tagen rief die Schweizerische Evangelische Allianz bei ihrem Crowdfunding zum Endspurt auf: «Das Sammelziel von 55'000 Franken ist schon fast erreicht. Es fehlen nur noch 9 Prozent der Gesamtsumme», schrieb die Schweizerische Evangelische Allianz SEA Anfang Woche in ihrem Newsletter. Zu diesem Zeitpunkt fehlten noch 5'402 Franken.
Printscreen Crowdfunding «Wohnungen für Flüchtlinge»
Unterdessen wurde auch dieser Betrag noch gespendet, so dass das Spendenbarometer nun 55'008 Franken anzeigt. «Dass in kurzer Zeit so viel gespendet wurde, freut uns sehr», sagt SEA-Mediensprecher Thomas Hanimann auf Anfrage von Livenet. Die Spendenfreudigkeit und die Solidarität sei überwältigend gewesen.
Damit ist klar: Die neue Fachstelle zur Unterstützung der Bemühungen, Flüchtlingen
in der Schweiz privaten Wohnraum zur Verfügung zu stellen, kann
geschaffen werden. Bei der SEA liegen bereits mehrere hundert Anfragen von Personen auf dem Tisch, die Wohnraum für Flüchtlinge offerieren möchten.
Die Vorgeschichte zur Sammelaktion
Immer mehr Menschen sind bereit, Flüchtlinge bei sich privat unterzubringen. Doch gesetzliche und bürokratische Hürden machten es beinahe unmöglich, die private Hilfe einzusetzen. Nach allen Seiten müssen Abklärungen getätigt, Regeln eingehalten und Vereinbarungen getroffen werden. Das erfordert Zeit und Fachkenntnis und überfordert viele. Hier setzt die SEA an. Sie will eine Fachperson einstellen, die private Helfer unterstützen soll.
Die Idee entstand im Büro der Evangelischen Allianz in Zürich: Regelmässig trifft sich dort das Mitarbeiterteam zu Besinnung und Gebet. So auch am Dienstag, 22. September. Doch diesmal war es anders als sonst. SEA-Co-Generalsekretär Matthias Spiess berichtet in der aktuellen Ausgabe des idea Spektrum darüber: «Wir lasen die Herrnhuter Losungen. Sie lauteten: 'Die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus!', 'Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen'.» Nur wenige Tage zuvor hatte die SEA zusammen mit ihrer Beratungsstelle BIR entschieden, sich dafür zu engagieren, dass Flüchtlinge in privaten Wohnräumen Unterschlupf finden. Das Projekt erhielt den Namen «Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen». «War das Zufall oder ein Augenzwinkern Gottes?», fragt Spiess im Gespräch mit idea.
Zusammenarbeit mit Fachstellen
Der Fokus der Arbeit soll zuerst auf die Kantone Aargau, Bern, Genf und Waadt gelegt werden. In diesen Kantonen ist die Privatunterbringung schon länger offiziell möglich. Die Fachperson, die über das SEA-Crowdfunding finanziert wird, soll dabei eng mit der Schweizerischen Flüchtlingshilfe SFH und der Beratungsstelle für Integrationsfragen zusammenarbeiten.
Das Gastfamilienprojekt der SFH knüpft dort an, wo es im Asylprozess meist hapert: bei der sozialen und beruflichen Integration. Anerkannte Flüchtlinge (Ausweis B), vorläufig Aufgenommene (Ausweis F) und Asylsuchende (Ausweis N), sollen durch die Aufnahme bei Gastgeber-Familien zu einem selbstständigen Leben in der Schweiz finden. Das funktioniert so, dass interessierte Hauseigentümer, Mieter oder Pächter ihr Angebot an freiem Wohnraum melden. Sie geben an, wie viele Menschen sie wie lange bei sich beherbergen können. Die Mindestdauer beträgt sechs Monate. Die SFH leitet die Angebote anonymisiert an die kantonalen, für die Unterbringung verantwortlichen Asylbehörden weiter. Diese wählen entsprechend dem Wohnangebot geeignete Flüchtlinge aus, die bis anhin in Durchgangszentren betreut wurden. Die Flüchtlinge und die potenziellen Gastgeber treffen sich ein erstes Mal, stellen sich gegenseitig vor und definieren die Rahmenbedingungen für Gast und Gastgeber, wie etwa eine Hausordnung oder Präferenzen bei der Verpflegung. Nach einer Bedenkzeit entscheiden sich die beiden künftigen Wohnpartner für oder gegen den gemeinsamen Einstieg in das Projekt. Vermittlung und Koordination werden fachlich begleitet.
Verpflichtung für mehrere Jahre
Das Staatssekretariat für Migration SEM ist im Auftrag des Bundes für die Unterbringung der Flüchtlinge zuständig. Wie Pressesprecherin Lea Wertheimer gegenüber idea erklärte, steht es den Kantonen und Gemeinden offen, auch Privatunterkünfte einzusetzen. Dabei stellten sich aber diverse Fragen nach Verantwortlichkeit, Sicherheit, Entschädigung, Versicherung, Einhalten von Terminen und anderes. Privatinitiativen seien lobenswert und förderten die Integration, bestätigte die SEM-Sprecherin. Man müsse sich aber im Klaren sein, dass es eine Verpflichtung für zwei, drei oder mehr Jahre werden könne.
Trotz diesen hohen Anforderungen haben sich in der Schweiz bereits über 500 Personen gemeldet. Sie wären bereit, Wohnraum für (vorläufig) aufgenommene Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen.
Auch Kirchen und Gemeinden reagieren auf die Flüchtlingskrise; sie schaffen Begegnungsorte, bieten Deutsch- und Integrationskurse an, usw. Sich willkommen fühlen, Wertschätzung und Hilfe erfahren sind die besten Voraussetzungen, um sich rasch und tiefgreifend an die hiesigen Lebensumstände anzupassen und eine eigene Existenz aufbauen zu können.
Video von Matthias Spiess über das Crowdfunding-Projekt:
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