Über den Glauben reden lernen

«Kanaanäisch», Frommdeutsch oder einfach unverständlich?

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Nichts sollte so einfach sein wie das Reden über den Glauben. Ganz klar: Was mich erfüllt, darüber möchte und kann ich auch reden. Doch die Wirklichkeit sieht oft anders aus. Und so schwanken Christen zwischen dem klassischen «Kanaanäisch», einer gestelzten oder einer simplifizierenden Sprache. Mit etwas Energie lässt sich das aber ändern – glaubt Hauke Burgarth.

Es ist ein Phänomen. Die meisten Menschen können sich leidlich verständlich machen. Egal, ob sie ein Glas Wasser brauchen oder von ihrem letzten Urlaub erzählen: Ihre Botschaft kommt an. Nur wenn sie Christen sind und versuchen, etwas von ihrem Glauben weiterzugeben, dann tun sie sich plötzlich schwer. Ihre Sprache wird salbungsvoll oder verquast. Und was sie sagen, wird unverständlich. Dies soll keine Kritik an vielen gut gemeinten Ansätzen sein, mit anderen Menschen über Gott zu reden. Es soll uns als Christen vielmehr dafür sensibilisieren, dass die Art und Weise, wie wir etwas sagen, immer «mitredet». Und gleichzeitig dazu anregen, dass wir für die gute Nachricht auch eine gute Form finden.

Sicheres Kanaanäisch

Die Frage «Möchte jemand ein Zeugnis geben?» hat in Kirche und Gemeinde selten etwas mit dem letzten Schultag und der Zeugnisverteilung zu tun – klingt aber für Normalsterbliche genau danach. Und wer «die Freudigkeit besitzt, am Tisch des Herrn zu dienen», hört sich zwar an wie jemand aus dem vorvergangenen Jahrhundert, möchte aber einfach beim Verteilen des Abendmahls helfen. «Sprache Kanaans» wird diese Mischung aus altertümlicher und bibelübersetzungsgeprägter Sprache gern genannt. Die Bezeichnung geht auf Jesaja, Kapitel 19, Vers 18 zurück und meint eine Ausdrucksweise, die deutlich von der Alltagssprache abweicht. Der Begriff «Kanaanäisch» ist selbstironisch gedacht. Er bedeutet keine wirkliche Rückbesinnung auf eine Prägung durch den Glauben, vielmehr bezieht er sich auf ein Festhalten an Formulierungen aus bestimmten Bibelübersetzungen. Selbst innerhalb der christlichen Szene sind solche Ausdrücke oft inkompatibel und füreinander unverständlich. Einer «geht zur Stunde», andere «besuchen die Kapelle» oder «gehen unters Wort». Gäste tun sich erfahrungsgemäss schwer, dahinter zu entdecken, dass es nur um den Besuch eines Gottesdienstes geht… Solch ein Jargon vermittelt zwar innerhalb einer homogenen Gemeindegruppe das Gefühl zusammenzugehören – vielleicht sogar gegen eine bedrohliche Welt –, aber er grenzt eben auch aus und vermittelt denjenigen, die diese Sprache nicht beherrschen: Du gehörst nicht dazu!

Abgehobenes Kanzeldeutsch

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Eine weitere Art, mit Worten unbewusst Grenzen zu ziehen, beschreibt der Kommunikationsberater und Dozent Erik Flügge. In einem Interview mit RP-online nennt er als sein persönliches Highlight ein Beispiel von Papst Benedikt XVI.: «Er beschrieb den Fussball als 'das Heraustreten aus dem versklavenden Ernst des Alltags und seiner Lebensbesorgung in den freien Ernst dessen, was nicht sein muss und gerade darum schön ist', als 'ein Tun, das ganz frei ist, ohne Zweck und ohne Nötigung, und das dabei doch alle Kräfte des Menschen anspannt und ausfüllt'.» Flügge urteilt über diese leblose Darstellung: Die Sprache von Theologen wird im Studium immer verquaster, der Abstand zur Realität immer grösser. Doch dieses Problem stellt sich nicht nur studierten Theologen. Viele Christen «beschreiben die Welt bloss, machen im Grunde aber nicht mit». Und dieses Nicht-beteiligt-Sein äussert sich selbstverständlich in der Sprache.

Anbiedernde Vereinfachung

Manche suchen Abhilfe in einfacheren Formulierungen. Je leichter und lustiger etwas gesagt wird, desto treffender muss es doch sein – oder doch nicht? Aktueller Ausdruck für dieses Denken ist die Emoji-Bibel (Livenet berichtete). Darin hat der Australier Zach Swetz über 200 typische Wörter der Bibel durch seiner Meinung nach passende Piktogramme ersetzt, wie sie in den sozialen Netzwerken verwendet werden: schallendes Lachen, Daumen hoch etc. Durch seine zehn Prozent kürzere Bibel wolle er laut Chrismon «der Bibel ihre Schwere und Dichte nehmen und sie einem jüngeren Publikum zugänglich machen». Wirklich eindeutiger ist seine Bibel allerdings nicht geworden. Die Leser werden entscheiden, ob diese Darstellung für sie eine Art barrierefreier Zugang zu Gottes Wort ist wie ihn auch viele Internetseiten anbieten, oder ob sie sich durch eine zu starke Simplifizierung herabgesetzt fühlen. So als ob man als Erwachsener in Kleinkindsprache angesprochen wird.

«Dem Volk aufs Maul schauen»

Den Königsweg der allgemeinverständlichen Kommunikation gibt es nicht. Auch nicht beim Reden über den Glauben. Wichtig ist allerdings, dass Christen sich auch beim Reden bewusst machen, dass Sprache ein weitverbreitetes Mittel ist, um Dominanz auszudrücken. Und viele Menschen reagieren sehr empfindlich auf solch eine Beeinflussung oder den Verdacht darauf. Wie sollte man den Glauben denn in den Mund nehmen? Erik Flügge meinte: «Vielleicht sollte man so reden wie beim Biertrinken. Damit meine ich eine alltägliche Sprache, kein Grölen. Eine Predigt ist jedenfalls vertan, wenn sie belanglos bleibt.» Und damit nimmt er auf, was schon Martin Luther als genialer und wortgewaltiger Bibelübersetzer formulierte: «Man muss die Mutter im Hause, die Kinder auf der Gasse, den gemeinen Mann auf dem Markt fragen, und den selbigen auf das Maul sehen, wie sie reden…» Wer so gleichermassen bei Gott und bei den Menschen ist, hat gute Chancen, tatsächlich verstanden zu werden.

Zum Thema:
Kirche in der Öffentlichkeit: Verständlich vom Glauben reden 
Zürcher Reformierte: Feurig und einfach vom Glauben reden
AKTION 3,16 nimmt Fahrt auf: Mit dem Buscafé und kreativen Ideen zu den Leuten

Datum: 25.07.2016
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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