Bernhard Kohlmann ist Evangelist und ehrenamtlicher
Notfallseelsorger. Auf der einen Seite predigt er das ewige Leben, auf
der anderen Seite informiert er Menschen über den plötzlichen Tod ihrer
Angehörigen. Ein Gespräch über Hoffnung in hoffnungslosen Situationen.
Bernhard Kohlmann
Chrischona-Panorama:
Verkehrsunfälle, Suizid, erfolglose Reanimation – das sind Situationen
voller Leid, in die Sie als Notfallseelsorger gerufen werden. Haben Sie trotzdem Hoffnung für diese Welt? Bernhard Kohlmann: Ja, denn als Christ vertraue ich auf Gottes
Verheissungen. Jesus wird in diese Welt wiederkommen. Er wird unsere
Tränen abwischen und weder Tod noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird
mehr sein (Offenbarung, Kapitel 21, Vers 4) Das ist der Schatz, den wir Christen
haben: Wir haben Hoffnung.
Sie beschreiben die Perspektive Ewigkeit. Ist sie nicht zu weit weg, um das Leid zu lindern?
Diese Perspektive macht Hoffnung, das unmittelbare Leid lindern kann
Jesus. Ich erlebe immer wieder, dass er sogar die tiefste Not mit den
Menschen teilt. In meinem Dienst lasse ich mich vom Heiligen Geist
leiten. Er richtet beispielsweise meinen Blick auf ein Bild, welches das
verstorbene Kind gemalt hat, und lässt mich das Bild ansprechen. Einige
beschreiben es später so: «Mit Ihnen ist etwas gekommen, Herr Kohlmann.»
Die Menschen, die Sie betreuen, stehen unter Schock. Von jetzt auf gleich ist nichts mehr so, wie es war. Wie verhalten Sie sich?
Die Nachricht des Todes eines Angehörigen ist ein ungeheuerlicher
Verlust der Kontrolle. Genaue Informationen sind daher sehr wichtig. Der
Tod und die bekannten Fakten müssen klar ausgesprochen werden.
Ansonsten bin ich einfach für die Menschen da. Ich begleite sie in den
ersten Stunden nach der Todesnachricht, lasse sie schreien oder sich
ausschweigen, biete Hilfe und auch Gebet an.
Wie können Sie Hoffnung machen?
Ich kann keine Hoffnung machen. Im Gegenteil: Ich muss sogar aufpassen,
keine falsche Hoffnung zu schüren. Nach der Todesnachricht wird nicht
wieder alles gut, das muss ich klar ansprechen. Ich kann nur für die
Menschen da sein und sie dabei unterstützen, selbst die Hoffnung zu
finden.
Wer den plötzlichen Tod eines nahen Angehörigen erlebt, stellt die Frage, warum das passiert ist. Was antworten Sie?
Die Frage nach dem Sinn des Leidens kann ich nicht beantworten. Manchen
Menschen hilft es, Antworten auf die Schuldfrage zu hören. Zum Beispiel,
wenn sie erfahren, dass ihr Angehöriger nicht zu schnell unterwegs war,
sondern ihm die Vorfahrt genommen wurde. Manche Menschen können durch
traumatische Situationen auch wachsen, etwa durch die Erfahrung, etwas
überstanden zu haben. Im Leiden – so schmerzhaft es ist – liegt auch
eine Chance.
Erleben Sie auch Situationen, die Ihnen selbst Hoffnung machen?
Ich erinnere mich an den Fall einer jungen Frau mit Herzstillstand. Mehr
als eine Stunde lang wurde sie reanimiert – und tatsächlich begann das
Herz wieder zu schlagen. Das eigentliche Wunder aber war: Sie überstand
diese Situation ohne bleibende Schäden. Eigentlich steigt die
Wahrscheinlichkeit mit jeder Minute Herzstillstand drastisch an, dass
der Betroffene trotz einer erfolgreichen Reanimation Stunden später
verstirbt.
Bernhard Kohlmann ist Absolvent des Theologischen Seminars St.
Chrischona (tsc) von 2001. Er leitet das «Lechaim – Haus des Lebens»,
getragen vom Diakonissen-Mutterhaus St. Chrischona und arbeitet
ehrenamtlich als Notfallseelsorger im Deutschen Roten Kreuz, Sektion
Lörrach.
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