Gottes Reich soll in unserer Gesellschaft immer sichtbarer werden. Dafür lebt Michael Girgis, aktueller Rektor von IGW. Was dies für ihn persönlich heisst, verrät er im Interview mit Livenet.
Michael Girgis
Michael Girgis ist seit September 2016 Rektor von IGW. Als Leiter einer der einflussreichsten theologischen Ausbildungsstätten im deutschsprachigen Raum wird er mit Sicherheit noch einige Akzente in unserer Gemeindelandschaft setzen. Im Interview mit Livenet gab er Gelegenheit, ihn etwas näher kennenzulernen.
Livenet: Michael Girgis,das Reich Gottes ist für Sie wesentlich. Welche Bedeutung hat es für Sie persönlich? Michael Girgis: Jesus verkündete das anbrechende Reich Gottes. Dieses Reich und dessen Werte faszinieren mich sehr. Die Kleinsten gelten als die Grössten, eine neue, gerechte soziale Gesellschaft entsteht, usw. Im Himmel wird dieses Reich seine vollkommene Gestalt annehmen. Aber schon hier und heute bricht es an und herein. Für mich sind drei Aspekte vom Reich Gottes wichtig:
Das Vorrecht, Gottes Gegenwart zu erleben. Gemeinschaft mit Gott ist möglich.
Heilende Gemeinschaft zu leben (in Ehe, Familie, Gemeinde…). Versöhnung, Liebe, Gnade, Barmherzigkeit sind Markenzeichen des Reiches Gottes, und daran sollten wir erkannt werden.
Durch uns wird Gottes Reich in dieser Welt sichtbar. Dazu kann jeder Christ – gemäss seiner persönlichen Berufung – einen Beitrag leisten.
Welche Auswirkungen von Gottes einbrechendem Reich sehen Sie im alltäglichen Leben?
Kürzlich hatten wir in unserer Gemeinde ein Berufungsseminar. Dabei erlebten wir ein Stück Himmel auf Erden. Wie Gott innerhalb einer Gemeinschaft tröstet, ermutigt und vergessene Träume wieder ausgräbt – das ist Beweis von Gottes Existenz. Als die Leute nach Hause gingen, waren viele neu begeistert, für Jesus zu leben.
Michael Girgis mit seiner Frau und seinen 3 Töchtern
Zum Thema Reich Gottes ist geistliche Gemeinschaft für mich absolut zentral. Sich gemeinsam über Gottes Wirken zu freuen, aber auch Probleme anderer mitzutragen. Kürzlich habe ich erlebt, dass ein Mann Jahre nach einer Scheidung wieder mit seiner Ex-Frau zusammenfand. Gott hatte die beiden in diesem Prozess verändert und dann sogar echte Versöhnung gewirkt – das begeistert mich!
Waren Sie in letzter Zeit persönlich auf Gottes Wirken angewiesen?
Ja, und zwar betraf es meine älteste Tochter. In ihrer Lehre als Hochbauzeichnerin lief anfangs alles gut. In kürzester Zeit wechselten dann aber fast alle Mitarbeiter und plötzlich hatten sie eine echt ungesunde, unerfreuliche Atmosphäre im Team. Das äusserte sich schliesslich auch in gesundheitlichen Problemen meiner Tochter. Sogar der Arzt hob den Mahnfinger und riet, die Lehrstelle aufzugeben. «Gesundheit ist wichtiger als Karriere», sagte er. Nach Gebet und Austausch entschieden wir uns, dass sie den Lehrbetrieb verlassen sollte. Das war für uns ein grosser Schritt im Vertrauen auf Gottes Eingreifen. Letztlich konnte meine Tochter sogar zwischen mehreren Firmen zur Weiterführung der Lehre entscheiden. Auf Gott zu hören, von ihm Weissung erfahren und dann sehen, wie Gott eingreift – das ist grossartig. Meine Tochter blüht jetzt richtig auf und geht gerne zur Arbeit.
Wo nimmt das Sichtbarwerden von Gottes Reich seinen Anfang?
In den Gläubigen selbst. Die Beziehung mit Gott verändert unseren Charakter und wir selbst werden zu den Kanälen von Gottes Wirken in dieser Welt. Die Person Jesus ist so radikal anders als ich von Natur aus wäre. Wenn ich seinen Lebensstil betrachte, stelle ich fest, dass er meilenweit von meinem entfernt ist. Darin sehe ich ein grosses Potential, persönlich weiterzuwachsen.
Jesus kümmerte sich um Menschen, die ungewollt und abgelehnt waren. Er plädierte dafür, die Feinde zu lieben. Meinen Gegnern aktiv Gutes zu tun und sie zu segnen – das ist inspirierend. Nach wie vor sehe ich in meinem Leben noch sehr viel Entwicklungspotential. Trotzdem freue ich mich immer wieder darüber, was Gott bereits in mir verändert hat.
Wie bringen Sie Ihre Leidenschaft fürs Reich Gottes in ihrer Arbeit bei IGW ein?
Die Faszination für Gottes Reich ist der Grund für meine Arbeit bei IGW. Mein Traum, Gottes Reich nicht nur in der Gemeinde, sondern auch in der Gesellschaft zu sehen, ist auch der Traum von IGW. Wir strecken uns aus nach einem Comeback des christlichen Glaubens im deutschsprachigen Europa.
In mehr als 15 Jahren bei IGW habe ich immer wieder gesehen, wie Gott durch Menschen in Gemeinde und Gesellschaft wirkte. Es begeistert mich zu sehen, wie Menschen sich selbst als Teil der göttlichen Mission sehen. Eines der vielen Highlights aus meiner Tätigkeit bei IGW ist der Werdegang von Mathias Wegmüller (Arche Kreuzlingen – Livenet berichtete). Oft ist es eine schrittweise Entwicklung von Menschen hin zu einem Leben, welches ihr Umfeld verändert.
Was tut IGW, um Gottes Reich in dieser Welt sichtbar werden zu lassen?
Wir verstehen unseren Auftrag darin, Leiter auszubilden, welche in lokalen Gemeinden und Werken ihren Dienst tun. Wir wollen sie befähigen, ihre Gemeinden auf eine Reise mitzunehmen, um Teil der göttlichen Mission zu werden. Wir gehen von einer missionalen Theologie aus, die damit rechnet, dass Gottes Reich in dieser Welt sichtbar wird.
Als IGW fragten wir uns, welche Kompetenzen Leiter brauchen um herausragende LeiterInnen zu sein. Welche Fähigkeiten sind matchentscheidend? Dies führte zu einer umfassenden Studienreform mit einem ganz neuen Angebot an Kursen und Studieninhalten. Und warum braucht es IGW? Weil wir starke LeiterInnen brauchen, die das Evangelium leben und so die Kirche und Gesellschaft erneuern.
Welche Gefühle löst der Blick in die Zukunft bei Ihnen aus?
Als Mensch ist es normal, sich über irgendetwas Sorgen zu machen. Unsicherheit über die eigene Arbeit, die weltweite politische Situation, usw. Das kenne ich auch. Sich zu sorgen ist aber Sünde. Wir sollten nicht von Angst geleitet sein, sondern von Hoffnung. Als Christen haben wir viel Grund zur Hoffnung. Für uns sind selbst gesellschaftlich schlechte Zeiten eine Chance. Persönlich schaue ich sehr positiv in die Zukunft. Und dies gilt auch für IGW. Wir rechnen damit, dass Gott gerade auch in schwierigen Zeiten gute Ziele verfolgt und neue Chancen schenkt. Die Zukunft wird wunderbar. Das Beste kommt noch (siehe Offenbarung, Kapitel 21, Vers 1-5).
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