Der Autor und Pastor Max Lucado ist vielen Christen bekannt. Dass seine Tochter Andrea jahrelang am Glauben zweifelte, wissen nur wenige. In einem Blog schrieb sie jetzt, wie sie als Pastorentochter mit ihren Zweifeln umging und letztlich doch zum festen Glauben fand.
Andrea Lucado
Als ich fünf Jahre alt war, erzählte mein Vater mir und meinen zwei Schwestern vom Garten Eden. Mitten in der Geschichte unterbrach ich ihn: «Halt, wenn Gott nicht wollte, dass Adam und Eva von dem Baum essen, warum stellte er den Baum dann in den Garten?» Solche Fragen und Überlegungen haben mich nie ganz losgelassen. Ich hatte immer das Bedürfnis, «Warum?» zu fragen, bis ich eine ausgiebige Antwort erhielt. Heute sehe ich das als Geschenk an. Neugier und Fragen zu stellen haben mich zu einer tieferen Wahrheit über Gott, über mich selbst und andere gebracht. Aber wenn man als Pastorentochter aufwächst, gibt es gewisse Erwartungen…
Die Last der Erwartungen
Mein Vater Max ist seit 30 Jahren der Pastor der Oak Hills Church in San Antonio – mein gesamtes Leben. Meistens war das ein wunderschöner und bereichernder Ort für mich und mein Wachstum als Christ. Aber irgendwann, während ich vor den Augen der Gemeinde erzogen wurde, begann ich, die Last der Erwartungen mit mir herumzuschleppen. Ich musste mich in einer bestimmten Art verhalten, mich auf bestimmte Weise kleiden. Und ich musste auf bestimmte Weise glauben. Mein Glaube musste so stark sein wie der meiner Eltern. Also behielt ich meine Zweifel für mich. Ich sprach mit meinen Eltern darüber, aber mit kaum jemand anderem.
In unserer Kirche gibt es jeweils am Ende des Gottesdienstes eine Gebetszeit, in welcher jeder Interessierte für Gebet nach vorne kommen kann. Weil ich diese glaubensbezogenen Erwartungen verinnerlicht hatte, dachte ich, ich dürfte nicht nach vorne gehen. Was würden denn die Leute denken, wenn ich, Andrea Lucado, zum Gebet nach vorne ginge? Ich hielt auch Stille Zeit, las die Bibel und betete, aber ich tat das allein. Ich lebte mein geistliches Leben allein, bis es nicht mehr ging. Bis meine Zweifel zu gross wurden.
Fragen brechen auf
Nach meinem College-Abschluss zog ich nach Oxford, um dort einen Master zu machen. Im Jahr, das ich dort verbrachte, kamen all die Fragen hervor, die bisher unter der Oberfläche gebrodelt hatten. Das passiert, wenn man in das post-christliche Europa geworfen wird. Das passiert, wenn man zum ersten Mal im Leben der einzige Christ in der Klasse ist. Warum glaube ich, was ich glaube? Wäre ich auch Christ, wenn ich nicht in einer christlichen Familie aufgewachsen wäre? Warum sind die Atheisten und Agnostiker, die ich kenne, scheinbar so viel friedlicher und liebevoller als viele Christen, die ich kenne? Diese Fragen gingen mir im Kopf herum und liessen mich nicht schlafen. Und meine Stille Zeit wurde extrem still. So still, dass ich nur noch meine eigene Stimme hörte: «Gibt es da draussen jemanden?»
Jemand, der für mich stark ist
Doch was ich in dem Moment brauchte, war nicht Gott, sondern einen realen Menschen, der mir den Weg zeigen konnte. Ich wollte mit jemandem reden, von dem ich wusste, dass er mit Gott sprach. Und ich fand dies in einem Freund in Oxford. Sein Glaube war nicht so chaotisch wie meiner. Ich beneidete ihn um seine Standhaftigkeit. Wir sprachen auch gar nicht viel über meinen Glauben. Wir gingen spazieren, gingen Essen und einfach ihm nahe zu sein war das, was ich brauchte. Ich musste einfach mit jemandem reden, der mit Gott sprach.
Menschen, die mit Gott reden, können viel für dich und deinen Glauben tun, wenn du sie nur lässt. Autorin und Pastorin Nadia Bolz-Weber wurde einmal gefragt, was man tun kann, wenn man zweifelt und im Glauben schwach ist. Ihre Antwort: «Du kannst eine Pause machen. Lass jemand anderes aus der Kirchenbank für dich stark sein.» Ich mag diese Idee. Das hatte ich mir als Pastorentochter nicht erlaubt.
Ich verliess Oxford mit einem tieferen Glauben als ich ihn bei meiner Ankunft gehabt hatte. Meine ruhelosen Nächte brachten mir letztlich Wissen und Frieden, durch den Freund und einige andere in der Kirchenbank, die eine Weile für mich stark waren. Ich finde es immer noch schwierig, in der Kirche zum Gebet nach vorne zu gehen. Aber Gott ist liebevoll und geduldig mit mir und ich hoffe, dass ich eines Tages beim Aufruf für Gebet die erste sein werde, die den Gang nach vorne läuft.
Dieser Artikel wurde von Livenet übersetzt und gekürzt. Zum Originalartikel auf Englisch geht es hier.
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