Vier junge Schweizer bauen ein Hotel im Senegal
auf. Die Christen wollen Surfsportbegeisterte aus aller Welt an die
Westküste Afrikas locken. Neben dem Freizeitvergnügen für Wassersportler
soll das Hotel Arbeitsplätze für Einheimische schaffen und als
Ausgangspunkt für humanitäre Projekte in der Region dienen.
Wellenreiter finden vor Dakar (Senegal) herrvoragende Bedingungen.
Salome Meier, Elias Gafafer, Simone Stäheli und Silas Rupp sind
zwischen 21 und 27 Jahre alt und Hotelbesitzer. Rupp ist der Älteste der
Jungunternehmer und der Geldgeber. Er hat einen Masterabschluss in
International Affairs der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der
Universität St. Gallen in der Tasche. Doch statt eine Karriere in einem
schweizerischen Bankhaus mit weltweit bestehenden Aufstiegschancen
anzustreben, baut der junge Christ aus dem Kanton Appenzell lieber ein
Hotel mit Freunden im Senegal auf.
«Niokobokk»: «Wir teilen es»
Silas Rupp
Die Geschäftspartner legen nicht sonderlich viel Wert auf das grosse
Geld oder eine brillante Karriere. Authentisch wollen sie sein und
glaubwürdig. Ihre Leidenschaft ist der christliche Glaube. Aus diesem
erwächst auch die Liebe der jungen Leute zu anderen Menschen. «Niokobokk»
heisst deshalb ihre Herberge im Senegal. Das bedeutet «Wir teilen es» in
Wolof – der Sprache der gleichnamigen Volksgruppe Wolof, die praktisch
von allen Senegalesen gesprochen wird.
Die Hotelgäste sollen, wenn im Januar 2019 der eigentliche
Hotelbetrieb startet, am Leben der Einheimischen im Viertel teilhaben
und die örtliche Nachfrage fördern, indem sie die umliegenden
Restaurants entdecken, das lokale Taxiunternehmen nutzen, Getränke bei
den Ladenbesitzern und den Strassenverkäufern im Quartier einkaufen. «Wir
bieten auch die Möglichkeit, an freiwilligen Einsätzen im Quartier
teilzunehmen. Etwa am geplanten Programm für Strassenkinder oder dem
gemeinsamen Plastikmüllsammeln am Strand.»
Viele ausländische Hotelbesitzer vermieden den Kontakt zur lokalen
Bevölkerung, das wollen die Schweizer auf keinen Fall. «Zudem essen wir
mit unseren Angestellten zusammen.» Rupp sagt: «'Niokobokk' soll kein
von Mauern eingefasstes Ferienressort werden wie beispielsweise in
Kenia, wo man abgeschottet seinen Strandurlaub verbringt.» Im Gegenteil,
der Kontakt mit den Einheimischen soll gefördert werden. Dahinter
verbirgt sich ein christliches Motiv. «Die Gäste sollen Teil der
Nächstenliebe werden, die uns in den Senegal geführt hat», wünschen sich
die Freunde. «Es ist unsere Hoffnung, dass die Volksgruppe der Wolof
von Jesus hört, indem wir unseren Glauben in Tat und Wort leben.»
Hotelinvestment und Renovierung
Ngor, ein Stadtteil der Hauptstadt Dakar, hat sich zu einem Magneten für Wellenreiter entwickelt.
Die Immobilie am Strand «Ngor Tefes» hat Rupp 2016 erworben. Zu der
Zeit war das ehemals erste Surfcamp der Region zu einer Spelunke mit
Prostitution und kleinkriminellem Drogenhandel verkommen. Dennoch musste
er 86'000 Euro für die Immobilie zahlen. Davon gingen mehr als 15'000
Euro für Verwaltungsgebühren drauf. Das Geld für das Hotelinvestment hat
Rupp von seinen Eltern, die es geerbt und an den Sohn weitergegeben
haben. Der Vater wollte vor der Schenkung einen Businessplan sehen. Den
hat der Sohn vorgelegt und konnte damit den Vater überzeugen. «Zum Glück
ist das Land nicht mega-korrupt», sagt Rupp. Der französische Einfluss
aus der Kolonialzeit sei noch deutlich zu spüren. Allerdings gibt es im
Senegal kein Grundbuch. Deutsche Bürokratie ist in weiten Teilen des
Landes ein Fremdwort. «Du kaufst Immobilien über wichtige Leute im
Quartier», erklärt Rupp. Alle wichtigen Dokumente behält er in der
Schweiz. Sicher ist sicher.
Nach dem Kauf stand die Renovierung an. Dabei haben Freunde aus der
Schweiz und Handwerker aus dem Viertel geholfen. Entrümpeln, mauern,
streichen, reparieren. Mittlerweile sind die Zimmer des Hostels
renoviert, mit Doppelbetten ausgestattet und werden an Touristen, meist
sind es noch Freunde und Bekannte, vermietet.
«Zur Zeit ist unsere Herberge vom Standard her noch ein Hostel für
Individualisten», sagt Rupp. Nun soll daraus ein vollwertiges Hotel
entstehen. Eine Wellness-Oase wollen sie nicht aufbauen, das passe nicht
zum Surfer-Image. Üppiger Komfort und aufwendiger Lebensstil seien für
Surfer nicht angebracht. «Wir arbeiten mit Nachdruck am ersten Zacken
des ersten Sterns», erklären die Schweizer schmunzelnd.
«Ein bisschen Abenteuerlust muss ein Surfer für seinen Sport schon
mitbringen», sagt Rupp. Damit alles fertig wird und zur Eröffnung des
Hotels tipptopp für die Gäste ist, wollen die Jungunternehmer noch rund
40'000 Euro in das Herrichten des Viererzimmers, der sieben
Doppelzimmer, der drei Wohnungen und Aufenthaltsräume, der Küche und der
Materiallager investieren. Etwa die Hälfte der Summe hat das Team durch
Crowdfunding bereits aufgebracht. Vor der Hoteleröffnung 2019 sollen
noch eine Köchin, ein Hausmeister und Zimmermädchen eingestellt werden.
Bislang kümmern sich ein Zimmermädchen, ein Hausmeister und eine weitere
Fachkraft um den Betrieb.
Mit der Mission fing alles an
Die Zimmer sind schlicht. Üppiger Komfort passt nicht zum Surfer-Image.
Das Land an der Westküste des afrikanischen Kontinentes hat mit rund
15,4 Millionen Menschen fast doppelt so viele Einwohner wie die Schweiz.
Die Fläche Senegals ist mehr als 4,5 mal so gross, aber im Gegensatz zum
Land der Eidgenossen touristisch bislang noch wenig erschlossen. Doch
die Branche wächst. Gründe sind der schier endlose Sommer – die
Temperaturen liegen zwischen 22 und 27 Grad im Winter an der Küste und
über 40 Grad Celsius am Ende der Trockenzeit im Landesinneren – und die
malerische Küste. Ngor, ein Stadtteil der Hauptstadt Dakar, hat sich zu
einem Magneten für Wellenreiter entwickelt, der Wassersportbegeisterte
mit etwas Abenteuerlust aus aller Welt anzieht. «Hier können neben den
Könnern auch die Anfänger surfen, weil die Küste längst nicht so
überlaufen ist wie die bekannten Strände Hawaiis, Kaliforniens oder
Australiens», sagt Rupp.
2010 war er zum ersten Mal im Rahmen eines Missionseinsatzes mit dem
Hilfswerk Serving in Mission (SIM) im Senegal. Prompt verliebte er sich
in das Land, dessen Menschen und den Surfsport. Allerdings fiel ihm auf,
dass es trotz der hervorragenden Bedingungen für Surfer bis dato kaum
touristische Angebote gab. Die Wassersportler waren gezwungen, selber
Unterkunft, Essen, Ausrüstung und Transporte zu organisieren. Da war die
Idee für das Surferhotel geboren. Nach seiner Rückkehr absolvierte Rupp
seinen Militärdienst in der Schweiz und begann 2012 mit dem Studium in
St. Gallen. «Mich hat interessiert, wie man ein Unternehmen aufbaut»,
sagt der Jungunternehmer. Zuerst sei jedoch im Studium alles theoretisch
gewesen, damit habe er Schwierigkeiten gehabt. Er musste ein Semester
wiederholen. «Mit 'Niokobokk' wurde dann schlagartig alles ganz
praktisch.» Von da an lief es mit dem Studium an der Elite-Uni.
Wenn der Hotelbetrieb erstmal in Schwung gekommen ist, wollen die
jungen Christen Arbeitsplätze rund um das Hotel schaffen und zudem
nachhaltige Entwicklungsprojekte im Viertel angehen. Eine
Kindertagesstätte für Strassenkinder und eine Kompostieranlage im Kampf
gegen die Abfallprobleme der Stadt sind bereits angedacht.
Nachhaltigkeit ist den jungen Unternehmern wichtig. «Die krasse, brutale
und wunderschöne Schöpfung mit Wiesen, Feldern und Meeren müssen wir
bewahren», sagen sie. Und weiter: «Gott freut sich, wenn wir für dieses
Mega-Geschenk Verantwortung übernehmen und mithelfen, dass es so schön
bleibt.»
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