Vor etwas mehr als einem Jahr wurde das Leben von
Familie Murphy aus Colorado Springs für immer verändert: Der älteste Sohn
ermordete seine zwei jüngsten Geschwister. Wie kann man nach so einer Tragödie
wieder aufstehen und weitergehen?
Melissa und Vincent Murphy
Für
Vincent und Melissa Murphy und ihre fünf Kinder ist es ein Tag wie jeder
andere, der folgenschwere 16. Oktober 2017. «Das ist das, was so schmerzt: Es war ein ganz normaler Tag, den wir
genossen. Wir machten unsere tägliche Routine, assen zusammen zu Abend, es war
ein schöner Abend und so gingen wir als Familie nach draussen.» Auch Malik
spielt noch mit seinen kleineren Geschwistern Fussball.
Das, wovor sie sich gefürchtet hatten
Dann kommt die Nacht. Um
1 Uhr wacht Vincent Murphy von den Rufen seiner Tochter Sophia auf: «Nein,
Malik, nein». Er rennt zu ihrem Zimmer, wo er Malik in der Tür stehen sieht mit
einem Messer in der Hand. Malik sticht in der Panik auch auf seinen Vater ein,
der ihn in die nebenliegende Garage schubst, dort auf den Boden drückt und nach
Hilfe schreit. «Die Schreie waren teilweise um Hilfe und teilweise, weil mir
klar wurde, dass er das getan hatte, wovor wir uns so gefürchtet hatten…»
Jahrelang war Malik
bereits psychisch krank, war von einer Therapie zur anderen gegangen – seine
Gedanken über Gewalt an der Familie hatte er aber nie umgesetzt und seine
Therapeuten hatten keine Bedenken, ihn wieder nach Hause zu schicken. Doch in
dieser Nacht ersticht der zu dem Zeitpunkt 19-Jährige seine Geschwister, den
siebenjährigen Noah und die fünfjährige Sophia.
«Wir wollen Antworten – aber vermutlich bekommen
wir sie nicht»
Am Grab von Noah und Sophia Murphy
Sofort
wird Malik inhaftiert, der Prozess ist bis heute nicht
abgeschlossen. Die Eltern haben ihren Sohn schon öfters im Gefängnis besucht, obwohl
es unheimlich schwer ist für sie. Am schlimmsten war es beim ersten Besuch. Vincent Murphy erinnert sich: «Es war sehr schwer für mich. Es hatte sich vieles
in mir angestaut…» Doch die erhoffte
Entschuldigung und die so nötige Erklärung bleiben aus. Malik sagt zwar, dass
es vieles gibt, was er seinen Eltern sagen möchte, doch die Anwälte des Jungen
haben ihm davon abgeraten.
So
ist es für Vincent und Melissa fast unmöglich, das Geschehene zu verarbeiten
und ihr Leben mit den zwei verbleibenden Kindern weiterzuleben. Vincent Murphy: «Es gibt viele Dinge, die wir uns von menschlicher Seite her
wünschen. Wir wollen Antworten, wir möchten das alles verarbeiten können… aber vermutlich bekommen
wir sie nicht.» Mutter Melissa betet dagegen für ihren Sohn: «Meine Hoffnung
und mein Gebet für ihn ist, dass er erettet wird. Ich glaube an die Ewigkeit.
Es gibt einen Himmel, es gibt Gott! Deshalb bete ich dafür, dass er gerettet
wird.»
Der Kampf um Vergebung
Ein schwieriges Thema ist
für die beiden, ihrem Sohn zu vergeben. Es ist «ein langfristiger Kampf. Wir
arbeiten daran.» Was Melissa beim Verarbeiten hilft, ist ihr Tagebuch, in dem
sie all ihre Gebete und Gedanken aufschreibt. Sie liest: «Wir müssen unsere
Zeit nicht damit verbringen, Malik zu hassen, weil Gott uns verteidigen wird.
Und seine Liebe besteht für immer. Ich habe der Wahrheit erlaubt, mich zu
trösten und mir Hoffnung zu geben.»
Jedes Mal, wenn sie den
Friedhof verlässt, wächst Melissas Hoffnung. «Meine Hoffnung ist zuversichtlicher
geworden. Stärkere Hoffnung im Bezug darauf, wo Noah und Sophia jetzt sind und wie
wahr der Himmel wirklich ist.» Und die Hoffnung darauf, dass sie eines Tages
offen mit Malik reden und letztlich ihrem Sohn vergeben können.
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