Christen in Syrien

Im Kampf ums Überleben zwischen den Feuern

Im Endkampf um Idlib harren auch zahlreiche Christen im Feuerhagel aus. Unter ihnen 2000 Evangelische.

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Mehr als 2'000 evangelische Christen befinden sich noch in der umkämpften Gegend um Idlib.
In diesem syrischen Frühling blühen im Orontestal wieder die Mandelbäume, es schimmern golden letzte Früchte durchs Grün der Orangenhaine. Doch die vordergründige Idylle wird im achten Bürgerkriegsjahr immer wieder durch das Zischen von Raketen und Krachen der Bombeneinschläge zerstört: Im Kessel von Idlib ist die letzte grosse Schlacht zwischen dem Assad-Regime samt seinen russischen Verbündeten und Islamisten-Rebellen im Gang. Dabei geraten friedliche Christen zwischen die Feuer.

2000 Evangelische harren aus

Verteilt auf sechs Ortschaften leben zwischen Hama und Idlib noch gut 2000 evangelische Christen inmitten von Griechisch-Orthodoxen. Aus deren Reihen haben sie sich schon im 19. Jahrhundert der «Evangelischen Kirche in Syrien und Libanon» angeschlossen. Diese zählte zu Beginn des Bürgerkriegs etwa 20'000 syrische Gläubige. Von diesen dürften heute noch 5000 im Land sein, so in der Gegend von Suqaylabiyah. Sie wohnen nur zehn Kilometer von dem Gebiet entfernt, das bis zuletzt von der mit dem globalen islamistischen Terrornetzwerk Al-Kaida verknüpften «Syrischen Befreiungsbehörde» Heia at-Tahrir beherrscht ist.

Rache an wehrlosen Christen

Seit Anfang Mai haben jedoch reguläre Truppen und die besonders gefürchtete Freischaren von Diktator Baschar al-Assad mit Luftunterstützung der Russen zur Eroberung dieser letzten Dschihadisten-Hochburg angesetzt. Diese ist den hochgezüchteten Waffen nicht gewachsen, die Vladimir Putin in Syrien ausprobiert. So halten sich die von Freiwilligen aus der ganzen islamischen Welt verstärkten «Heiligen Krieger Allahs» an den unbewaffneten Christen schadlos. Sie werfen ihnen vor, die treuesten Anhänger des Assad-Regimes zu sein.

So wurden am 14. Mai in der christlichen Schule von Suqaylabiya, dem antiken Seleukopolis aus den Tagen der Makkabäer, von Raketen der «Heia at-Tahrir» fünf Kinder getötet und sechs schwer verletzt. Dieser Angriff auf Unschuldige löste besonders in der ostchristlichen Welt Empörung aus, in Griechenland gingen Schulkinder protestierend auf die Strasse.

Keine Kollaborateure Assads

Der Vorwurf der Dschihadisten, die Schülerinnen und Schüler von Suqaylabiya seien Mitglieder der Parteijugend von Assad und damit Kollaborateure von dessen Unterdrückungsregime, ist gerade an diesem Ort völlig unberechtigt. Im Gegenteil: Gleich im Februar 2011, bei den ersten Demokratiekundgebungen noch vor Beginn des eigentlichen Bürgerkriegs, hatte die Jugend der Kleinstadt mit kritischen Graffiti den Geheimdienst provoziert: Dutzende wurden darauf verhaftet, gefoltert und erst nach langen Leiden wieder frei gelassen.

Entführt und bis heute verschollen

Der Vorwurf, Syriens Christen seien eine wichtige Stütze der Gewaltherrschaft von Baschar al-Assad, trifft – wenn überhaupt – nur bei der Führung von Griechisch-Orthodoxen und Griechisch-Katholischen zu. Schon die Aramäer syrisch-orthodoxer oder -katholischer Konfession verhalten sich distanzierter. Ausgerechnet ihr Bischof von Aleppo, Gregorios Yuhanna Ibrahim, hatte alle Konfliktparteien zu einem «runden Tisch» aufgerufen, um einen «sicheren, stabilen, friedlichen und demokratischen Staat aufzubauen». Er wurde wahrscheinlich von tschetschenischen Muslimsöldnern entführt und ist bis heute verschollen.

Vorkämpfer für Demokratie

Die zwölf evangelischen Gemeindeleiter in Syrien wagen sogar vorsichtige Kritik des Regimes und Sympathiebekundungen für die Anliegen der syrischen Demokraten. Das ist gute Tradition bei den evangelischen Christen, die schon im Ringen Syriens um Freiheit von der türkischen Herrschaft und dann vom französischen Kolonialismus eine wichtige Rolle gespielt hatten, die weit über ihre kleine Zahl hinausging.

Zum Thema:
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Datum: 22.05.2019
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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