«Sie können Kirchen schliessen, aber nicht unsere Herzen»
Algerische Christen haben in den letzten Tagen friedlich
gegen die «ungerechte» Regierungskampagne protestiert, durch die in den letzten
Monaten bereits neun Kirchen geschlossen wurden.
Christen demonstrieren in Algerien
Gruppen von Gläubigen
riefen auf den Strassen zu «Glaubensfreiheit ohne Einschüchterung» auf. «Herr
Gouverneur, stoppen Sie die Schliessung der Kirchen» und ähnlich hiess es auf den
Plakaten auf Arabisch und Französisch. Die Demonstranten verlangten auch die
Rücknahme des «06/03-Gesetzes von 2006», eine umstrittene Regelung, die von religiösen
Minderheiten eine spezielle Bewilligung verlangt, welche aber von den Behörden oft
jahrelang verzögert wird und damit die Kirchen bewusst in der Illegalität hält.
Ausserdem ist Evangelisation und jede Aktivität, die Muslime zum
Glaubenswechsel veranlassen könnte, verboten.
«Nur zwei oder drei Kirchen behalten»
«Die Schliessung von
Kirchen und Gemeinden geschieht völlig willkürlich und plötzlich; man hat keine
Chance, das Material in Sicherheit zu bringen. Stühle, Mikrophone, Material,
Bibeln, alles wird blockiert», erklärte eine algerische Quelle gegenüber dem
Magazin «Evangelical Focus». So schlossen die Behörden im September die
Filadelfia-Gemeinde in Boghni, deren Gebäude von zwei Gemeinden mit etwa 380
Mitgliedern benutzt wurde.
Said Tamoud, ein
algerischer Christ, der in Spanien lebt, erklärte gegenüber einem spanischen
Radiosender: «Die Regierung hat das Wachstum der Kirchen gesehen und dass die
Leute keine Angst haben. Sie schliessen die Kirchen allmählich, um nicht zu
viel Aufmerksamkeit zu erzeugen.» Und weiter: «Die Regierung will nur zwei oder
drei Kirchen in Algerien offenhalten, um der Welt zu 'beweisen', dass
Religionsfreiheit herrscht.»
Mehr Einheit und neue Hauskirchen
Der Druck der Regierung
habe zu einer «grösseren Einheit unter den Kirchen als je zuvor» geführt. Das
bedeutende Wachstum der evangelischen Christen in den letzten 20 Jahren habe
einige Diskrepanzen in theologischen Randfragen mit sich gebracht, die jetzt
aber zur Seite gelegt wurden, «um all diesen Ungerechtigkeiten gemeinsam zu
begegnen». So haben Gemeinden den Kirchen, die geschlossen wurden, ihre eigenen
Gebäude zur Nutzung angeboten. Auch wurden «neue Gruppen in Häusern» begonnen.
Nicht politisch instrumentalisieren lassen
Die politische
Situation in Algerien ist schwierig. Der langjährige Präsident Abdelaziz
Bouteflika musste im April nach Massendemonstrationen zurücktreten. Neuwahlen
wurden mehrere Male wegen Mangel an Kandidaten verschoben, während die Menschen
auf den Strassen den Rücktritt der politischen Elite und eine grundlegende
Erneuerung der politischen Institutionen forderten. Interimspräsident
Abdelkader Bensalah hat nun für den 12. Dezember Präsidentschaftswahlen angekündigt.
Einige Gläubige sehen
die Kirchenschliessungen als «Provokation» der Regierung, um Reaktionen
hervorzurufen, die dann mit «fester Hand» bestraft werden könnten. Die Leitung
der «Algerischen protestantischen Kirchen» (Église Protestante d’Algérie, EPA) hat die Christen aufgefordert, sich in den sozialen Medien nicht
regierungskritisch zu äussern, um der Regierung keine Gelegenheit zu geben, sie
als Vertreter der Opposition politisch zu instrumentalisieren. Stattdessen
sollen sie an Gebets- und Fastenaktionen teilnehmen, die im März gestartet
wurden.
«Sie können unsere Kirchen schliessen, aber nicht unsere
Herzen»
Said Tamoud erklärt:
«Die Kirchen in Algerien haben eine sehr, sehr feste und reife Leiterschaft mit
einer klaren Vision der Mission Gottes, und sie beten viel für die Politiker.»
Die Kirche in Algerien verstehe diese Zeit als «eine Zeit, sich vor Gott zu
beugen und sein Angesicht in der Verfolgung zu suchen». Und schliesslich: «Sie
können die Gottesdienstorte schliessen, aber nicht die Kirche, denn die Kirche
besteht aus Menschen. Sie können unsere Gebäude schliessen, aber nicht die
Herzen, die Christus aufnehmen. Sie können uns Stühle und Mikrophone wegnehmen,
uns keine Visa geben, aber sie können niemals Christus aus unserem Herzen
wegnehmen.»
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