Freikirchen dürfen künftig Seelsorger ins Militär entsenden
Thomas Süssli, Chef der Armee; Peter Schneeberger, Präsident Freikirchen.ch; Stefan Junger, Chef Armeeseelsorge (v.li.) (Bild: zVg)
Der Verband Freikirchen Schweiz bezeichnet diesen Entscheid als «historisch»: Neu können Freikirchen ausgebildete Fachleute für den ökumenischen Dienst der Armeeseelsorge entsenden, wo sie Armeeangehörige in Belastungssituationen unterstützen. Nach langen Gesprächen wurde vom Dachverband Freikirchen.ch zusammen mit dem Réseau évangélique suisse eine Partnerschaft mit der
Armeeseelsorge unterzeichnet.
«Jetzt hat die Schweizer Armee mit der Armeeseelsorge für alle den ersten Pflock
eingeschlagen. Das Treffen ist ein Zeichen des Respekts und des Dankes», sagte Stefan Junger, Chef Armeeseelsorge. Auch er sprach von einem historischen Tag: Ein solches Treffen habe es in der Schweizer Geschichte noch nie gegeben.
Bedürfnisse einer
diversifizierten Gesellschaft
Vertreter von Armee und Freikirchen freuen sich über die neue Partnerschaft. (Bild: Freikirchen.ch)
Laut Medienmitteilung der Schweizer Armee sei es in den Gesprächen von
Korpskommandant Thomas Süssli, Chef der Armee und Stefan Junger, Chef
Armeeseelsorge, mit den Vertretern von Kirchen und religiösen Gemeinschaften um
eine «Öffnung der heutigen Armeeseelsorge im Einklang mit den Bedürfnissen einer
zunehmend diversifizierten Gesellschaft» gegangen. Die Milizarmee sei ein
Spiegelbild der Gesellschaft und stehe deshalb auch im Austausch mit weiteren
religiösen Gemeinschaften, die vielleicht dereinst eine Partnerschaft eingehen könnten, heisst es in der Mitteilung.
Bisher hatte die Armee lediglich mit Vertretern der römisch-katholischen, christkatholischen
und evangelisch-reformierten Landeskirche Vereinbarungen abgeschlossen.
Religionszugehörigkeit der Armeeangehörigen nicht bekannt
Diesem Thema einer weiteren Öffnung müsse sich die Schweizer Armee stellen, so Thomas Süssli weiter. Voraussetzung sei, dass es
organisierte Religionsgemeinschaften sind. Mit ihnen würden exakt die gleiche
Vereinbarungen getroffen. Die Öffnung der Armeeseelsorge für andere
Religionsgemeinschaften erfolge bewusst. «Wir wollen unter anderem auch der
religiösen Herkunft der Armeeangehörigen gerecht werden. Vor diesem
Hintergrund sind diese Partnerschaften zustande gekommen», erklärte Stefan
Junger.
Wie hoch der Anteil der einzelnen Religionen in der Armee ist, weiss man
nicht. Es gibt keine Erhebung zur Religionszugehörigkeit, weil die Konfession als
schützenswerte Information betrachtet wird.
Freude bei den Freikirchen
«Wir freuen uns über diese Partnerschaft mit der Armeeseelsorge der Schweizer
Armee. Es ist für uns ein wichtiger Dienst zugunsten der Gesellschaft», sagt Peter
Schneeberger, Präsident Freikirchen Schweiz (Freikirchen.ch), dem Dachverband der Freikirchen und
christlichen Gemeinschaften. Freikirchen.ch ist ein nationaler Kirchenverband mit
20 freikirchlichen Bewegungen aus der Deutschschweiz, zu denen über 750
örtliche Kirchen mit ihren diakonischen Werken gehören.
Jean-Luc Ziehli, Präsident
des Réseau évangélique suisse (Reseaux.ch), ergänzt: «Das gegenseitige Vertrauen
und der Bedarf an Nachwuchskräften machen das möglich. Wir werden unseren
ökumenischen Dienst verantwortungsvoll wahrnehmen.»
Seelsorge in der Schweizer Armee
Chef der Armeeseelsorge Stefan Junger (Bild: zVg)
Die Armeeseelsorge hat einen Sollbestand von 170 Angehörigen. Alle zwei Jahre
werden 30 bis 40 neue Leute benötigt. Am 2. November sind 36 Personen
eingerückt, die alle von der Armee selber rekrutiert wurden. «Wir haben jede
einzelne Person händeringend gesucht. Für den Soldaten zählt, ob einer da ist oder
nicht. Mit der Vereinbarung gehen wir nun davon aus, dass uns die Kirchen bei der
Suche nach neuen Seelsorgern aktiv unterstützen. Unsere Partner stehen nun in
der Pflicht», erklärt Stefan Junger. «Nun haben beide Seiten ihre Verpflichtungen», ergänzte Armeechef Thomas Süssli. Von den 36 Personen, die heute einrücken,
stammen sieben aus Freikirchen.
Empfehlung und Ausbildungskurs
Neue Armeeseelsorger müssen eine Empfehlung mitbringen, eine minimale
militärische Grundausbildung absolviert haben (oder bereit sein, diese noch
nachzuholen) und einen dreiwöchigen technischen Lehrgang der Armeeseelsorge
selbst besuchen. Momentan gibt es rund 170 Armeeseelsorger. «Mit Ihrer
Unterschrift respektieren Sie den Einsatz, der mit einer Verpflichtung innerhalb der
Armeeseelsorge zum Wohle aller Militärangehörigen verbunden ist», erklärt Stefan
Junger, Chef der Armeeseelsorge.
Was tun Armeeseelsorger?
Die Armeeseelsorger haben Teil am Leben der Angehörigen der Armee. Sie stehen
ihnen in den schönen und in den schwierigen Momenten zur Seite. Sie nehmen
alle Menschen ernst, welchen Glauben oder welche Weltanschauung sie auch immer haben. Es sind Anlaufstellen, wo die Soldaten mit ihren Fragen hinkönnen.
Der Armeeseelsorger lebt eng mit der Truppe zusammen und hört sich die Anliegen
der Dienstpflichtigen an. In jeder Einheit ist ein Armeeseelsorger zuständig, an den
sich die Angehörigen der Armee direkt wenden können. Die Arbeit erfährt grosse
Wertschätzung, auch wenn heute nur noch ein Teil der Soldaten im Zivilen Kontakt
zu einer Kirche hat.
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