Trotz Abstandsregeln können die Herzen zusammenrücken
Das Bündnerland ist mit seinen drei Sprachen,
verschiedenen Talschaften und Bergen ein spannender, heterogener Kanton. Am
Jubiläumsanlass vom 20. November 2020 in Chur ging Livenet daher vor allem der
Frage nach, wie man denn die beste Botschaft der Welt am wirkungsvollsten in
diesem Landesteil leben und verkünden kann.
Jubiläumsanlass Chur (Bild: Livenet)
Zum
Zeitpunkt des geplanten Jubiläums-Events in Chur, am 20. November, galt im
Kanton Graubünden eine Beschränkung auf 50 Besucher an öffentlichen Veranstaltungen.
Einer Feier im kleinen Rahmen im «focusC» stand also nichts im Weg. Im regionalen Talk sprach Livenet-Redaktionsleiter Florian Wüthrich mit den
Gästen Edi Wäfler, Sacha Ernst und Vinci Carrillo über das Thema «Der Stadt und
Region Bestes suchen!».
Freikirchen heute
akzeptiert
Edi Wäfler, Präsident
der Evangelischen Allianz Chur, zog vor über 30 Jahren ins Bünderland. Seit er dorthingezogen
ist, hat sich die Situation in der christlichen Szene sehr verändert. «Freikirchen sind heute akzeptiert und es wird zum Teil auch
zusammengearbeitet.» Nur schon dass Allianzgottesdienste an einem Ort
stattfinden und alle Gemeinden mitmachen, sei ein grosser
Schritt gewesen.
Aber an die wirklich einheimischen Bündner
heranzukommen, sei ein anderes Kapitel. «Ein wesentlicher Teil ist, Beziehung
aufzubauen. Nur wenn der Bünder Vertrauen hat in die Person, kannst du
überhaupt etwas in Bewegung setzen. Ohne das geht das nicht.»
Auch mal Schnee schaufeln oder Taschen
tragen
Dem schliesst sich auch Sacha Ernst,
Projektleiter der AVC und Evangelist, an. Er selbst ist im Engadin aufgewachsen
und versuchte, Vertrauen aufzubauen, indem er ganz einfach seiner Nachbarschaft diente.
Er habe den Leuten geholfen, Schnee zu schaufeln oder Einkaufstaschen zu
tragen. Und immer wieder hätten sie zum Essen eingeladen und Menschen Gutes
getan. «Spätestens beim dritten Mal landeten wir
mitten im Gespräch über Jesus.»
Er habe aber gemerkt, dass mehr Geduld gefragt ist als er sich dies vorgestellt hatte. «Als ich meinen Job kündigte und den Eindruck hatte, Gott schicke mich
zurück in meine Heimat, um dort Gemeinden aufzubauen, dachte ich, die Leute
würden sich dann scharenweise für Jesus entscheiden. Dem war dann nicht so.» Im Laufe der Zeit seien aber doch für Engadiner Verhältnisse recht
viele Menschen zum Glauben gekommen.
Als Christ ein natürlicher Teil der Gemeinschaft
werden
Der dritte im Bunde war Vinci Carrillo. Er ist Kommunalpolitiker
in Klosters und Leiter der christlichen Sportlerorganisation Athletes in Action
(AiA). Der Ostschweizer ist vor fünf Jahren nach Klosters gezogen und erlebt
die Zeit im Bünderland bisher sehr gut. «Es läuft nicht nach dem Motto, hier
sind wir und da die anderen, sondern das vermischt sich sehr schnell und wird
eine natürliche Symbiose.» Ihm ist es ein Anliegen, sich als Christ nicht zu verstellen, aber gleichzeitig die Gesellschaft mitzugestalten und Verantwortung zu übernehmen. Das habe ihm geholfen, sich in der bestehenden Dorfgemeinschaft gut
zu integrieren. Für Carrillo ist zentral, die Hoffnung selbst nicht zu
verlieren, aber auch Hoffnung weiterzugeben, gerade in diesen verrückten Zeiten
sei dies entscheidend.
Das verrückte Corona-Jahr
2020 war auch ein schwieriges und
herausforderndes Jahr für das Hilfswerk AVC (Aktion für verfolgte Christen und
Notleidende). AVC-Projektleiter Sache Ernst berichtete von dramatischen
Entwicklungen in armen Ländern. «In Indien, zum
Beispiel, gingen Familien kollektiv in den Suizid, weil sie aufgrund der
Massnahmen rund um Corona keine Arbeit und kein Essen mehr hatten. Auch im
Sudan trafen unsere Mitarbeiter manchmal auf Familien, die sich bereits darauf
eingestellt hatten, nun zusammen elend zu verhungern. Für sie bedeutete das
Nahrungsmittel-Paket, dass sie wieder ein bis zwei Monate weiterleben können.»
Erfreulich sei gewesen, dass die Menschen in
der Schweiz auf die internationale Not reagierten. Die
Spenden nahmen während dieser Zeit zu, sodass mehr Essenspakete verteilt werden
konnten.
Das Miteinander neu entdecken
Auch für Vinci Carrillo war es sehr schwierig,
da die Sportcamps, ein Kerngeschäft der Sportlerorganisation, quasi ein halbes
Jahr stillstanden. Der Lockdown habe bei ihnen viel länger gedauert, weil die
Planung unter diesen Bedingungen stark erschwert war.
Für
Edi Wäfler war das Allianzgebet im Jahr 2020 ein Highlight, denn genau jetzt in
dieser Krisenzeit brauche es das Gebet. Er hoffe, dass Corona aufzeigt, wie
wichtig ein Miteinander ist. «Mein grosses Anliegen ist, dass wir als Gemeinden
zusammenstehen.» Wäfler machte Mut, sich als Christen wegen Corona nicht
zurückzuziehen, sich jetzt erst recht an die Menschen zu verschenken. Auch wenn
wir 1,5 Meter Abstand zueinander haben müssen, bedeute dies nicht, dass die
Herzen nicht näher zusammenrücken können.
Dem
pflichtete Sacha Ernst bei: «Schauen wir, dass wir die Distanzen der Herzen abbauen. Lasst uns den Menschen in unserem Umfeld dienen, ehren wir sie, hören wir
ihre Nöte an und dann öffnen sich die Türen.»
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