Anna-Nicole Heinrich bringt frischen Wind in die EKD-Synode
Anna-Nicole Heinrich (Bild: Facebook @anna.heinrich.5439)
Überraschend wählte die Synode
der Evangelischen Kirche in Deutschland Anna-Nicole Heinrich als neue Präses.
Die 25-jährige Studentin ist damit die jüngste Präses der EKD-Geschichte. Sie
will nicht auf ihre Jugend reduziert werden, doch mit ihr setzt die Kirche
erkennbar auf einen Generationswechsel.
Irmgard Schwaetzer (79) hatte ihr
Amt als Präses der Synode nach sechs Jahren turnusgemäss abgegeben. Wie manches
Mal in solchen Situationen war von einer möglichen Verjüngung die Rede, von
einem Generationswechsel. Trotzdem war es für die meisten Teilnehmenden,
Beobachterinnen und Beobachter eine Überraschung, dass die 25-jährige Synodale
Anna-Nicole Heinrich im ersten Wahlgang und mit deutlicher Mehrheit zur neuen
Präses gewählt wurde.
Ein neues Gesicht
Die Philosophiestudentin aus
Regensburg engagiert sich schon seit einer Weile für die evangelische Kirche in
Bayern. An der letzten Synode nahm sie als Jungdelegierte teil und formulierte
im Zukunftsteam mit an den zwölf Leitsätzen zur Zukunft einer aufgeschlossenen
Kirche. «Ein bisschen ehrfürchtig» blicke sie auf die vor ihr liegende
Amtszeit, stellte Heinrich fest und kündigte eine «hoffnungsvolle, integrative und pragmatische Kirche» mit missionalem
und diakonischem Auftrag an.
Die evangelische Zeitschrift «Chrismon»
berichtet, dass Heinrich ursprünglich aus Thüringen stammt und keinen christlichen
Hintergrund hatte. Das war in ihrer neuen Heimat in der Oberpfalz allerdings
«nicht vorstellbar». So musste sie selbstverständlich am Religionsunterricht
teilnehmen. «Der gefiel Anna-Nicole Heinrich so gut, dass sie sich taufen und
konfirmieren liess und sich später in der Jugendarbeit engagierte und einfach
immer weiter machte.» Laut Jesus.de
bezeichnet sie ihren Glauben als «theologisch liberal», aber in der Ausübung «auch
charismatisch».
Hackathon #glaubengemeinsam
Die Studentin will nicht auf ihr
Jungsein reduziert werden, doch ist dies sicher einer der Gründe für ihre Wahl.
Die Evangelische Kirche steht vor schwierigen Zukunftsfragen wie dem absehbaren
Schrumpfen der Mitgliedszahlen. Gleichzeitig muss sie sich – nicht nur wegen
der Covid-Pandemie – mit Fragen der Digitalisierung auseinandersetzen. Hier
profilierte sich Heinrich bereits als Vordenkerin. Sie war Mitinitiatorin des
Hackathon #glaubengemeinsam, bei dem über 700 Menschen 50 Projekte rund um das
Thema digitale Kirche weiterdachten.
Im Sonntagsblatt zog sie damals als
Resümee: «Wir haben mit dem Hackathon die kirchliche Struktur ziemlich
herausgefordert. Wir haben am Tag null gesagt, wir wollen das machen, und zwar
in elf Tagen. Wir haben gefühlt Tag und Nacht gearbeitet und immer irgendwas
gebraucht und angefragt. Und mussten feststellen: So agil sind wir eigentlich
gar nicht. Eigentlich sind unsere Abläufe, unsere Prozesse innerhalb unserer
Strukturen viel zu langsam. Hier muss sich Kirche in Zukunft viel mehr öffnen
und viel agiler werden.»
Kurswechsel oder Wunschdenken?
Wird das alte Schiff «Kirche»
automatisch agiler, wenn eine junge Präses am Ruder steht? Natürlich nicht. So
ist die Wahl von Anna-Nicole Heinrich im besten Falle der Startpunkt für eine
Verjüngung und Veränderung alter Strukturen. Noch ist kein Kurswechsel
vollzogen. Doch tatsächlich ist in den nächsten sechs Jahren einiges möglich,
denn die Nachfolgerin von Irmgard Schwaetzer hat nicht zuletzt beim Hackathon
ihre Qualitäten als Teamplayerin, Organisatorin und Motivatorin bewiesen.
Laut «Chrismon» gratulierte ihr
der scheidende EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm überschwänglich und sichtlich bewegt und sprach vom «konstruktiven und
frischen Wind», den sie schon jetzt in die Synode einbringe. Anna-Nicole
Heinrich dagegen fand die Kirche «verdammt mutig», sie als Präses zu wählen.
Die Synode der EKD ist neben Rat
und Kirchenkonferenz eines ihrer drei Leitungsorgane. Sie erarbeitet
Stellungnahmen zu Zeitfragen und beschliesst Haushalt und Kirchengesetze. Die
Synode besteht aus 128 Mitgliedern, die wie ihre Präses jeweils für sechs Jahre
gewählt werden. Zur EKD gehören 20 lutherische, reformierte und unierte
deutsche Landeskirchen mit insgesamt 21,1 Millionen evangelischen Christinnen
und Christen.
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