Fulminanter Schlusspunkt am 2. Forum christlicher Führungskräfte in Bern: Wirtschaftsprofessor Tomáš Sedláček hinterfragte in seinem Referat das Wirtschaftssystem der zivilisierten Welt. «Mehr ist nicht besser», sagte der Chefökonom. Die Veranstalter zeigten sich zufrieden mit dem Forum 2014.
Tomáš Sedláček motivierte, Spiritualität und Wirtschaftswissenschaften nicht losgelöst voneinander zu betrachten.
Wirtschaftswissenschaften und christliche Ethik könnten sich gut ergänzen, sagte der Hauptreferent Tomáš Sedláček am 2. Forum christlicher Führungskräfte am Samstag, 29. März, in Bern. Gier sei etwas, was Ökonomie und Theologie gemeinsam hätten, so der Wirtschaftsprofessor, Chefökonom und Bestsellerautor des Buches «Die Ökonomie von Gut und Böse». Sogar im Paradies seien Adam und Eva nicht zufrieden gewesen. Sie hätten zwar Erkenntnis gewonnen, als sie in den Apfel bissen, doch damit sei die Situation schlechter, nicht besser geworden: «Mehr ist nicht besser», folgerte Sedláček und machte eine inhaltliche Brücke zu den Wirtschaftswissenschaften: «Das Gefühl, körperlich und seelisch nie genug zu haben, gehört zum Menschen.»
Sozialsysteme sind christlich
Einen anderen Fokus richtete Tomáš Sedláček auf moderne Sozialsysteme. Sie enthielten so viele christliche Inhalte wie noch nie zuvor. Es sei aber wie bei einem Computer: «Kein System kann ewig funktionieren ohne zu kollabieren.» Kein System werde je perfekt sein oder könne vollends verstanden werden – dies gelte auch für das Wirtschaftssystem. Der «Reset» aufgrund der Bankenkrise 2008 sei Ausdruck davon. Sedláček plädierte für mehr Mut zu «Resets» und motivierte, die spirituellen Inhalte der Bibel und wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse nicht losgelöst voneinander zu betrachten. Man dürfe die Ökonomie genauso wenig wie die Religion über alles erheben. Verschiedene biblische Gleichnisse forderten heraus, gängige wirtschaftliche Erkenntnisse zu hinterfragen und den Blick auf die christlichen Grundwerte Liebe, Barmherzigkeit und Vergebung nicht zu verlieren.
Beim Podiumsgespräch diskutierten Führungskräfte aus Politik und Wirtschaft.
Unkonventionelle Beispiele
Nebst Tomáš Sedláček war das 2. Forum christlicher Führungskräfte geprägt von vielen Referaten von Verantwortungsträgern aus der Deutsch- und Westschweiz. In einer kontroversen Podiumsdiskussion wurden der Clinch zwischen Eigenverantwortung und Sozialstaat und Aspekte der Wiedereingliederung von Arbeitslosen thematisiert. Die vielfältigen und vertiefenden Workshops drehten sich um Bildungs- und Generationenfragen, Krisenmanagement und Anlagestrategien, Umweltaspekte und Kommunikationsthemen oder auch um den Umgang mit Beziehungen und Kultur.
Zufriedene Veranstalter
Forum-Geschäftsführer Paul Beyeler zeigte sich erfreut über die 600 Teilnehmenden und 55 Aussteller, unter denen eine gute Stimmung geherrscht habe. Forum-Präsident Jürg Opprecht sagte, dass sich die Ausgewogenheit der Beiträge ausbezahlt habe: «Die Diskussionen im Plenum, in den Workshops und zu den Networkingzeiten waren inspirierend und engagiert.» Es sei ihm indes wichtig, dass das Forum 2014 langfristig Wirkung entfalte: «Es liegt nun an den einzelnen Teilnehmenden, Initiativen zu entwickeln. Nach meinen Beobachtungen gab es viele Begegnungen, die Bewegungscharakter hatten: Teilnehmende werden Projekte lancieren oder weiterentwickeln.» Der diesjährige Themenmix sei Ausdruck davon, dass es nicht bei Absichtserklärungen bleibt und dass Ideen weiterentwickelt werden.
Drittes Forum 2016
Opprecht stellte fest, dass bei vielen Teilnehmenden auch am zweiten Forum eine neue Leidenschaft geweckt wurde, um ihre Verantwortung gewissenhaft wahrzunehmen und ganz konkrete Massnahmen umzusetzen. Das gelte auch für den Vorstand des Forums: Die positiven Rückmeldungen und die wachsende Bewegung rund um das Forum christlicher Führungskräfte hätten ihn ermutigt, bereits das nächste Forum festzulegen. Es wird am 18./19. März 2016 zum dritten Mal durchgeführt werden. Der Ort sei noch Gegenstand der Detailauswertungen zum Forum 2014.
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