Dialog Ethik lanciert neuen Eid für Ärztinnen und Ärzte
Der wirtschaftliche Druck besonders in Spitälern erfordert einen besseren Schutz der Ärztinnen und Ärzte. Mit diesem Ziel schlägt Dialog Ethik einen neuen Ärzteeid vor.
«Seit geraumer Zeit mehren sich – im In- und Ausland – die Signale, dass die Berufsausübung von Ärztinnen und Ärzten unter einem zunehmenden ökonomischen Druck steht.» Dies hat die Stiftung Dialog Ethik beobachtet. Nun schlägt sie einen aktualisierten Ärzte-Eid anstelle des klassischen «hippokratischen Eids» vor.
Medizinische und ökonomische Grenzen verschwinden
Die Grenzen zwischen ökonomisch und ärztlich motiviertem Handeln verschwimmen laufend, stellen die Autoren des neuen Eids fest. Er würde Ärztinnen und Ärzte gegen berufsfremde und die Ehre des Berufs schädigende Verhaltenserwartungen besser schützen, schreibt dazu die Stiftung Dialog Ethik, die kürzlich mit einer Tagung auf Missstände wie unnötige Operationen an privatversicherten Patienten hingewiesen hat.
«Ich betreibe eine Medizin mit Augenmass...»
Eine fünfköpfige Kommission mit Vertretern aus Medizin, Ökonomie, Psychologie, Philosophie und Theologie hat sich deshalb in einem einjährigen gemeinsamen Denkprozess mit dem Berufsethos der Ärztinnen und Ärzte befasst. Dabei sind 18 Richtlinien entstanden, die den vorgeschlagenen neuen Eid ausmachen. Da heisst es zum Beispiel:
«...ich betreibe eine Medizin mit Augenmass und empfehle oder ergreife keine Massnahmen, die nicht medizinisch indiziert sind...» oder
«...ich mute meinen Patienten nichts zu, was ich auch meinen liebsten Nächsten oder mir selbst nicht zumuten würde...» oder
«...ich respektiere und wahre grundsätzlich die Willensäusserungen meiner Patienten...»
Sind solche Formulierungen nötig?
Zum Hintergrund und zur Entstehung des Eid-Vorschlags schreibt Dialog-Ethik: «Das Gesundheitswesen ist ein Unruheherd. In nahezu allen europäischen Ländern ist das der Fall. Die politischen Interventionen sind kaum noch zu zählen und unterschiedlichster Natur. Gewaltige Geldsummen werden in den verschiedenen Institutionen des Gesundheitswesens umgesetzt, weshalb in den Krisenländern der europäischen Union ebenso gewaltige Einsparungen stattgefunden haben und immer noch stattfinden. Aber genau jene Geldsummen wecken wiederum Begehrlichkeiten, die ihrerseits Verteilungskämpfe entstehen lassen... Immer lauter und immer öfter vernommen wird der Weckruf, eine Ökonomisierung des Gesundheitswesens sei dabei, die Tätigkeit von Ärztinnen und Ärzten solchermassen zu bestimmen, dass Berufsbild und Berufsethos zunehmend in Bedrängnis geraten.
Schon der Blick auf die internationalen Debatten sei Anlass genug, einen neuen Eid zu formulieren, so Dialog Ethik. Denn: «Die Grenzen zwischen ökonomisch motiviertem und ärztlich motiviertem Handeln verschwimmen».
Die Personen der Eid-Kommission
Dr. theol. Ruth Baumann-Hölzle, Leitung Institut Dialog Ethik, Zürich
Prof. Dr. med. Bernhard Egger, Chefarzt Chirurgische Klinik, HFR Freiburger Spital
Dr. med. Max Giger, Präsident FMH-Services, Winterthur
Anja Huber, lic. phil. / Psychologin FSP, Stabsstelle der Geschäftsleitung / Leiterin Kommunikation Dialog Ethik
Lic. oec. publ. Claudia Käch, Generaldirektorin HFR Freiburger Spital
Prof. Dr. Jean-Pierre Wils, Ordinarius für Praktische Philosophie (Radboud Universität Nijmegen, NL) und wissenschaftlicher Beirat Stiftung Dialog Ethik.
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